
Im Frühjahr 2025 hat der 20. Bundestag mit dem neuen Art. 143h GG den Weg für ein neues Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität in Höhe von EUR 500 Mrd. geebnet. Das Grundgesetz sieht vor, dass EUR 100 Mrd. des Sondervermögens den Ländern für ihre Infrastruktur zustehen soll. Das Bundesministerium der Finanzen hat nun Referentenentwürfe zur Errichtung des Sondervermögens sowie zur Verteilung der Geldmittel an die Länder veröffentlicht.
Hintergrund und Ziel
Um die in den vergangenen Jahren deutlich gewordenen strukturellen Defizite der öffentlichen Infrastruktur und die ambitionierten Ziele der Klimaneutralität bis 2045 zu bewältigen, hat der verfassungsändernde Gesetzgeber im Frühjahr 2025 mit Artikel 143h GG die Grundlage für ein neues Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität in Höhe von EUR 500 Mrd. geschaffen. Der sogenannte „Investitionsstau“ – insbesondere in Bereichen wie Verkehr, Energie, Krankenhaus- und Bildungsinfrastruktur – war mit den Mitteln des regulären Haushalts nicht mehr aufzulösen.
Das Bundesministerium der Finanzen hat nun Referentenentwürfe zur bundesgesetzlichen Einrichtung und Verteilung des Sondervermögens vorgelegt. Der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Errichtung eines Sonder-vermögens Infrastruktur und Klimaneutralität (SVIKG-E) regelt die technische Ausgestaltung und die Verwendungszwecke des Sondervermögens auf Bundesebene. Dabei ist ein Anteil von 100 Milliarden Euro für den Klima- und Transformationsfonds (KTF) vorgesehen. Der Referentenentwurf eines Länder- und Kommunal-Infrastrukturfinanzierungsgesetzes (LuKIFG-E) bestimmt, wie die für die Länder vorgesehenen Mittel in Höhe von 100 Milliarden Euro verteilt und verwendet werden sollen.
Die Gesetzesvorhaben verfolgen das Ziel durch eine „Investitionsoffensive“ das Wirtschaftswachstum zu stärken. In diesem Zusammenhang soll der öffentliche Kapitalstock gestärkt und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Wirtschaftsstandort Deutschland durch zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur verbessert werden.
Schaffung des Sondervermögens durch den SVIKG-E
Das geplante SVIKG errichtet das Sondervermögen unter der Bezeichnung „Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität“ mit einer Kreditermächtigung von bis zu EUR 500 Mrd. Dieses kann unter seinem eigenen Namen im Rechtsverkehr handeln, klagen und verklagt werden, ohne aber rechtsfähig zu sein.
Aus dem Sondervermögen sollen zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur und zur Erreichung der Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 finanziert werden. Begünstigte Investitionen des Bundes sind insbesondere – aber nicht ausschließlich – solche in den Zivil- und Bevölkerungsschutz, die Verkehrsinfrastruktur, die Krankenhausinfrastruktur, die Energieinfrastruktur, die Bildungs-, Betreuungs- und Wissenschaftsinfrastruktur, die Forschung und Entwicklung sowie in die Digitalisierung.
Die Förderung von Investitionen in die Klimaneutralität wird erreicht, indem dem Klima- und Transformationsfonds tranchenweise bis 2034 EUR 100 Mrd. aus dem Sondervermögen zugeführt werden. Allerdings ist dieser Zufluss auf „zusätzliche Investitionen“ beschränkt. Zusätzlich im Sinne des Gesetzes sind die im Sondervermögen veranschlagten Investitionen, wenn die im Bundeshaushalt vorgesehenen Ausgaben für Investitionen mindestens 10 % der Bundeshaushaltsausgaben im jeweiligen Haushaltsjahr betragen. Dabei sind bestimmte Posten rechnerisch zu bereinigen, etwa ausgabenseitige finanzielle Transaktionen.
Aus dem Sondervermögen dürfen nur Investitionen finanziert werden, die bis zum 31. Dezember 2036 bewilligt werden. Der SVIKG-E sieht für sondervermögenfinanzierte finanzwirksame Maßnahmen des Bundes angemessene Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen in der Planungsphase sowie begleitende und abschließende Erfolgskontrollen gemäß § 7 BHO vor. Vor diesem Hintergrund müssen für die Maßnahmen hinreichend konkretisierte Ziele formuliert und Festlegungen zum methodischen Vorgehen bei der Erfolgskontrolle getroffen werden. Die festgelegten konkretisierten Ziele müssen sich an denen des Sondervermögens ausrichten. Auch im Übrigen gilt Haushaltsrecht des Bundes (§ 113 BHO).
Geplante Finanzverteilung in den Ländern durch den LuKIFG-E
Der SVIKG-E sieht vor, dass EUR 100 Mrd. des Sondervermögens den Ländern für Investitionen in ihre Infrastruktur zur Verfügung stehen sollen. Die verfassungsrechtlich in Art. 143h Abs. 2 S. 4 GG vorgesehene einfachgesetzliche Ausgestaltung wird mit dem geplanten LuKIFG umgesetzt. Als solche einfachgesetzliche Umsetzung regelt das LuKIFG-E, wie die EUR 100 Mrd. auf die Länder verteilt werden, welche Infrastrukturbereiche förderfähig sein sollen, den Zeitraum der Förderung sowie das Verfahren für die Berichterstattung an den Bund.
Die Aufteilung auf die 16 Bundesländer orientiert sich am sog. Königsteiner Schlüssel, der sowohl das Steueraufkommen als auch die Einwohnerzahl der Länder berücksichtigt. Die Länder wiederum sollen einen Anteil ihrer Fördermittel für die kommunale Infrastruktur festsetzen. Dabei sollen sie die Bedürfnisse finanzschwacher Kommunen besonders berücksichtigen, wobei auf landesspezifische Begebenheiten zu achten ist. Der Anteil für die kommunale Infrastruktur muss mindestens 60 % betragen. Ausgenommen von diesen kommunalen Regelungen sind die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg.
Förderbereiche und Fördervoraussetzungen im LuKIFG-E
Förderbar im Rahmen des LuKIFG-E sind nur Sachinvestitionen für Träger von Einrichtungen bestimmter Infrastrukturbereiche, wenn sie der Erfüllung von Landesaufgaben oder kommunalen Aufgaben dienen. Die förderfähigen Bereiche sind:
- Bevölkerungsschutz,
- Verkehrsinfrastruktur,
- Krankenhausinfrastruktur,
- Energieinfrastruktur, insb. Wärme- und Energienetze,
- Bildungsinfrastruktur,
- Betreuungsinfrastruktur,
- Wissenschaftsinfrastruktur,
- Forschung und Entwicklung sowie
- Digitalisierung.
Nicht förderbar sind Einrichtungen, die durch Gebühren, Beiträge oder privatrechtliche Entgelte vollständig finanziert werden. Im Umkehrschluss ist eine Förderung möglich, wenn die Einrichtung nur auf die eben genannte Weise teilfinanziert wird. Insofern wird bei der weiteren Umsetzung eine besondere Herausforderung sein, die Finanzierung von Assets, wie der Netzinfrastruktur, auszugestalten, da diese im Wesentlichen durch Netzentgelte finanziert wird.
Unschädlich für die Förderung ist es, wenn sich die öffentliche Verwaltung zur Erledigung der von ihr wahrzunehmenden Aufgaben über den Lebenszyklus des mit der Sachinvestition verbundenen Vorhabens eines Privaten im Rahmen einer vertraglichen Zusammenarbeit bedient. Es können also auch Projekte in Public-Private-Partnerships finanziert werden.
Des Weiteren sind nur Investitionsmaßnahmen mit einem Investitionsvolumen von mindestens EUR 50.000 förderfähig. Zudem dürfen nur solche Sachförderungen erfolgen, die auf eine längerfristige Nutzung abzielen, wobei die demografische Veränderung berücksichtigt werden muss.
Um eine Ersatzfinanzierung bestehender Sachinvestitionen durch das Sondervermögen zu verhindern, gilt das Gebot der Zusätzlichkeit. Mit Blick auf die Länder muss die Zusätzlichkeit der Investitionen in Bezug auf die dynamisierte Summe der konsolidierten Investitionsausgaben des jeweiligen Landes einschließlich seiner Kommunen gegeben sein. Zwar geht es hier ebenso wie bei dem Erfordernis der Zusätzlichkeit auf Bundesebene darum, dass sich die Investitionen im Förderzeitraum insgesamt erhöhen. Gleichzeitig darf sie nicht mit der Zusätzlichkeit auf Bundesebene verwechselt werden.
Eine Doppelförderung, also eine Kombination mit anderen Förderungen, ist grundsätzlich nicht möglich. Allerdings ist eine Förderung durch das Sondervermögen von selbstständigen Investitionsabschnitten eines Gesamtvorhabens möglich, sofern diese Abschnitte abgegrenzt werden können. Eine Förderung der übrigen Abschnitte des Gesamtvorhabens durch andere Mittel ist dann unschädlich.
In zeitlicher Hinsicht können nur Investitionsmaßnahmen aus dem Sondervermögen finanziert werden, die am 1. November 2025 oder später begonnen wurden. Ausnahmen gelten nur für früher vorgenommene Begleitmaßnahmen von förderfähigen Investitionsmaßnahmen innerhalb des Förderzeitraums. Die Förderung ist höchstens bis zum 31. Dezember 2042 möglich, wenn sie bis zum 31. Dezember 2036 bewilligt wurden.
Pflichten der Länder nach dem LuKIFG-E
Die Länder müssen die zweckentsprechende Mittelverwendung sicherstellen und hierfür geeignete Verfahren festlegen. Zu Kontrollzwecken müssen sie dem Bund zweimal jährlich eine Übersicht über die abgeschlossenen Investitionsmaßnahmen vorlegen. Dieser prüft die Investitionsmaßnahmen anhand risikobasierter Stichproben. In diesem Zusammenhang ist der Bund befugt, Bücher, Belege und sonstige Unterlagen einzusehen, erläuternde Berichte zu verlangen sowie örtliche Erhebungen durchführen – wobei ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand zu vermeiden ist. Die obersten Landesbehörden sind dem Bund gegenüber zur Auskunft verpflichtet.
Große Bedeutung kommt den Berichtspflichten der Länder zu. Diese müssen dem Bund zu Beginn einmalig über die Verfahren zur Durchführung der Förderung berichten. Zudem müssen sie dem Bund – erst halbjährlich, später jährlich – zusammenfassend über die geplanten, die begonnenen und die abgeschlossenen Investitionsmaßnahmen berichten. Des Weiteren trifft die Länder eine Berichtspflicht bezüglich der Zusätzlichkeit.
Rückforderung bei Verstoß nach dem LuKIFG-E
Verstößt ein Land gegen die Fördervoraussetzungen, kann der Bund die gewährten Mittel zurückfordern. Ein Rückforderungsanspruch besteht bei nicht zweckentsprechend verwendeten Mitteln (förderbare Infrastrukturbereiche), bei Verstößen gegen das Doppelförderungsverbot sowie bei Förderungen außerhalb des Förderzeitraums. Des Weiteren kann die Förderung bei Verstößen gegen die Zusätzlichkeit und bei Verstößen gegen die Festlegung des Anteils für die kommunale Infrastruktur zurückgefordert werden. Der Gesetzeswortlaut spricht von: „Der Bund kann Mittel von einem Land zurückfordern“ – was auf ein behördliches Ermessen schließen lässt. Eine Rückforderung kann nur bis Ende 2045 erfolgen, es sei denn dem Bund werden die maßgeblichen Informationen erst nachträglich bekannt. Eine Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn der Betrag unter EUR 1000 liegt (Bagatellgrenze). Zurückgezahlte Mittel können dem Land erneut zur Verfügung gestellt werden.
Fazit und Ausblick
Die Referentenentwürfe setzen das bereits in Art. 143h GG beschlossene Sondervermögen einfachgesetzlich um. Hierfür machen sie ausdrückliche Vorgaben zur Förderverteilung der EUR 500 Mrd. und legen erste Verteilungskriterien fest. Dabei werden die kommunalen Lasten mit der Zuteilung von mindestens 60 % des den Ländern zur Verfügung stehenden Förderungsvermögen berücksichtigt. Von besonderer Bedeutung ist das Gebot der Zusätzlichkeit. Hierdurch soll verhindert werden, dass weder der Bund noch die Länder noch die Kommunen durch Ersatzförderung ihre Haushaltskosten in das Sondervermögen verlagern können. Auf diese Weise soll die tatsächliche, wirksame Förderung von über die ohnehin bestehenden Sachinvestitionen sichergestellt werden. Entscheidend für den Erfolg dieses Entwurfs dürfte die Vereinbarkeit mit dem EU-Beihilferecht sein.
