Arbeitsrecht

BAG: Schulung des Betriebsrats – Präsenzschulung oder reicht ein Webinar?

Das BAG entschied mit Beschluss vom 7. Februar 2024 – 7 ABR 8/23 über den Antrag einer Personalvertretung auf Übernahme von Übernachtungs- und Verpflegungskosten für eine mehrtägige betriebsverfassungsrechtliche Schulung. Laut der Pressemitteilung verwarf das BAG die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des LAG und verpflichtete die Arbeitgeberin damit rechtskräftig zur Übernahme der Kosten der Präsenzschulung.

Sachverhalt

Die Parteien stritten über die Freistellung von Schulungskosten. Bei der Beklagten, einer Fluggesellschaft, ist durch Tarifvertrag eine Personalvertretung gem. § 117 Abs. 2 BetrVG errichtet. Die Personalvertretung hatte beabsichtigt, mehrere Mitglieder zu einer Schulung zum Betriebsverfassungsrecht auf der Insel Rügen zu entsenden. Die Arbeitgeberin erklärte sich damit grundsätzlich einverstanden, teilte aber mit, dass entweder eine räumlich nähergelegene (hier: Nordrhein-Westfalen) Schulung oder ein Webinar ausgewählt werden solle. Die Personalvertretung buchte daraufhin ein Seminar in Potsdam. Die Arbeitgeberin war der Ansicht, die Mitglieder der Personalvertretung hätten statt der Präsenzveranstaltung ein Webinar wählen müssen, welches zwar dieselbe Teilnahmegebühr gekostet, aber dafür in erheblichem Umfang Fahrt- und Übernachtungskosten eingespart hätte. Nach Ansicht der Vorinstanzen (ArbG Düsseldorf, Beschluss vom 17. November 2021 – 10 BV 126/21 und LAG Düsseldorf, Beschluss vom 24. November 2022 – 8 TaBV 59/21) hat die Arbeitgeberin auch die Mehrkosten der Teilnahme an der Präsenzveranstaltung zu tragen. Das LAG Düsseldorf stützte sich insbesondere auf die Rechtsprechung des BAG, nach der sich ein Betriebsrat nicht für eine kostengünstigere Schulungsveranstaltung entscheiden muss, wenn er eine andere Schulung für qualitativ besser hält. Danach komme eine Beschränkung der Kostentragungspflicht des Arbeitgebers nur in Betracht, wenn mehrere gleichzeitig angebotene Schulungen auch nach Ansicht des Betriebsrats im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums als qualitativ gleichwertig anzusehen seien. Die Auswahl eines Präsenzseminars sei danach nicht fehlerhaft, selbst wenn dieselben Lerninhalte alternativ als Webinar angeboten würden. Das LAG begründete dies insbesondere mit der eigenen Anschauung, nach der die Distanz zwischen den Teilnehmern eines Webinars deutlich größer sei sowie damit, dass Präsenzveranstaltungen einen höheren Lerneffekt hätten.

Die Entscheidung

Das BAG wies die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des LAG Düsseldorf zurück (BAG, Beschluss vom 7. Februar 2024 – 7 ABR 8/23). Zu der Entscheidung liegt bislang lediglich eine Pressemitteilung vor. Daraus ergibt sich, dass das BAG der Personalvertretung – und entsprechend Betriebsräten – bei der Beurteilung, zu welchen Schulungen sie ihre Mitglieder entsendet, einen Spielraum zubilligt. Laut der Pressemitteilung umfasst dieser Spielraum „grundsätzlich auch das Schulungsformat“. Dem stehe nicht von vornherein entgegen, dass bei einem Präsenzseminar im Hinblick auf die Übernachtung und Verpflegung der Schulungsteilnehmer regelmäßig höhere Kosten anfallen als bei einem Webinar.

Gleiss Lutz kommentiert

Betriebsräte sind wegen des Gebotes der vertrauensvollen Zusammenarbeit gem. § 2 Abs. 1 BetrVG gehalten, den Arbeitgeber nur mit Kosten zu belasten, die der Betriebsrat für angemessen halten darf. Der Betriebsrat hat die durch seine Tätigkeit verursachten Kosten auf das notwendige Maß zu beschränken. Ihm kommt dabei jedoch ein gewisser Beurteilungsspielraum zu. Jedenfalls im entschiedenen Fall hielten das BAG und die Vorinstanzen die Entscheidung der Personalvertretung für ein Präsenzseminar für ermessensgerecht. Es bleibt abzuwarten, ob das BAG in der Begründung des Beschlusses allgemeingültige Aussagen zum Verhältnis von Webinar und Präsenzschulung treffen wird. Jedenfalls bis dahin haben Betriebsräte weiterhin im Einzelfall abzuwägen, ob eine konkrete Präsenzveranstaltung wirklich Vorteile gegenüber einem alternativ angebotenen Webinar bietet. Stehen mehrere Präsenzveranstaltungen mit demselben Inhalt zur Verfügung, hat der Betriebsrat die Veranstaltung auszuwählen, die am wenigsten Kosten verursacht, regelmäßig also die nächstgelegene.

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