Öffentliches Recht

Inkrafttreten der Hongkong-Konvention stärkt die internationale Regulierung des Schiffsrecyclings

Am 26. Juni 2025 ist die von den 24 Vertragsstaaten unterzeichnete Hongkong-Konvention („International Convention for the Safe and Environmentally Sound Recycling of Ships“) nach langjähriger Übergangszeit in Kraft getreten. Damit werden erstmals weltweit verbindliche Vorschriften für ein umweltgerechtes und sicheres Schiffsrecycling geschaffen. Die Konvention bildet neben der bereits im europäischen Bereich geltenden Schiffsrecyclingverordnung eine weitere wichtige rechtliche Grundlage mit weitreichenden Auswirkungen für Akteure entlang der maritimen Wertschöpfungskette. Besonders relevant ist dies für Werften, Schiffseigner, Recyclingunternehmen und Zulieferer der maritimen Industrie, da Verstöße gegen die neuen Vorgaben erhebliche Compliance- und Haftungsrisiken – sowohl zivilrechtlich als auch im Ordnungswidrigkeiten- und Umweltstrafrecht – mit sich bringen und mit einer wachsenden Kontrolle (z.B. durch Hafenstaatkontrollen) zu rechnen ist. Zugleich eröffnen sich durch die Regulierung neue Geschäftschancen – insbesondere für Unternehmen im Bereich des Schiffsrecyclings.

Hintergrund

Weltweit besteht ein hoher Recyclingbedarf von Schiffen – bis zum Jahr 2032 müssen global über 15.000 Schiffe abgewrackt und recycelt werden. Bereits seit einigen Jahren gibt es deswegen internationale Bemühungen, das Schiffsrecycling länderübergreifend zu regulieren. Durch verbindliche Vorgaben im weltweiten Raum soll ein nachhaltiges Recyclingverhalten in der maritimen Wirtschaft gefördert, gefährliche Materialien wie Asbest, PCB oder Schwermetalle kontrolliert und Ökosysteme geschützt werden.

Diese Bestrebungen führten bereits im Jahr 2009 unter der Schirmherrschaft der Internationalen Schifffahrtsorganisation (International Maritime Organisation – IMO) zur Verabschiedung der Hongkong-Konvention (HKC), welche allerdings erst 2023 mit der Ratifikation durch Bangladesch und Liberia die für das Inkrafttreten erforderliche Schwelle der Mindestanzahl an zu unterzeichnenden Vertragsstaaten erreichen konnte. Die EU setzte durch den Erlass der Verordnung (EU) 1257/2013 (Schiffsrecycling-Verordnung – SRR-VO) bereits im Jahr 2013 die in der Konvention festgeschriebenen Ziele und Regelungen unionsweit verbindlich um und bemühte sich dabei um einen weitgehenden Gleichlauf mit den Bestimmungen der HKC. 

Mit dem Inkrafttreten der HKC entsteht nun ein Nebeneinander völkerrechtlicher und europarechtlicher Vorgaben zum Schiffsrecycling, das zusätzliche Herausforderungen, aber auch potentielle Geschäftsfelder für Schiffseigner, Werften und Schiffsrecyclingunternehmen mit sich bringt. Dabei bieten sich insbesondere für Werften und andere Unternehmen die Chancen, sich als zertifizierte Schiffsrecyclingbetriebe in einem sich wandelnden Marktumfeld zu positionieren. Der wachsende Bedarf an rechtskonformen Recyclingkapazitäten schafft eine wachsende Nachfrage nach Akteuren, die frühzeitig in Infrastruktur und Zertifizierung investiert haben und gemäß den neuen Anforderungen Entsorgungs- und Recyclingdienstleistungen anbieten können.

Gefahrstoffrechtliche Regelungen im Schiffsrecycling

Die wesentlichen Inhalte und Vorgaben der HKC überschneiden sich insbesondere hinsichtlich der gefahrstoffrechtlichen Vorgaben für die Erstellung und Führung eines schiffsspezifischen Gefahrstoffinventars („Inventory of hazardous materials" – IHM) sowie der Anforderungen an die Abwrackeinrichtungen mit denen der SRR-VO:

Zur Gewährleistung eines sicheren und umweltverträglichen Recyclings von Seeschiffen im weltweiten Raum enthält die Hongkong-Konvention Bestimmungen, die den gesamten Lebenszyklus der Schiffe erfassen. Dabei werden insbesondere Schiffseigner und Werften sowie die Schiffsrecyclingbetriebe in die Verantwortung genommen. Mittelbare Verpflichtungen können sich darüber hinaus auch für Zulieferer durch etwaige vertragliche Verpflichtungen zur Gefahrstoffdeklaration entlang der Lieferkette ergeben.

Eine weitergehende Konkretisierung der Konventionsvorgaben erfolgt durch die völkerrechtlich verbindlichen Richtlinien der IMO, insbesondere die der MEPC.379(80).

I. Anwendungsbereich der Konvention

Der sachliche Anwendungsbereich der HKC erstreckt sich auf alle Seeschiffe mit einer Bruttoraumzahl (BRZ) von mehr als 500, sofern sie unter der Flagge eines Vertragsstaates betrieben werden. Der in Art. 2 HKC verwendete Schiffbegriff ist weit gefasst und umfasst grundsätzlich alle Arten von Wasserfahrzeugen, einschließlich schwimmender Plattformen und Gerätschaften. Ausdrücklich ausgenommen sind staatlich genutzte Schiffe wie Kriegsschiffe oder sonstige Marinefahrzeuge. Darüber hinaus unterfallen sämtliche Abwrackeinrichtungen dem Anwendungsbereich, sofern sie sich im hoheitlichen Geltungsbereich eines Vertragsstaates befinden (vgl. Art. 3 HKC).

Bislang haben 24 Staaten das Übereinkommen ratifiziert, darunter auch bedeutende Schiffsrecyclingnationen wie Bangladesch und Pakistan. Etwa 60 % der weltweiten Handelsflotte fahren unter der Flagge eines Vertragsstaates, sodass von einem faktisch globalen Anwendungsbereich auszugehen ist.

II. Pflichten für die betroffenen Wirtschaftsakteure

Sowohl die HKC als auch die SRR-VO sehen umfangreiche Pflichten zum einen hinsichtlich der Deklarierung von Gefahrstoffen und zum anderen hinsichtlich des Abwrackens von Schiffen vor.

1. Schiffswerften und Schiffseigner – Erstellen eines Gefahrstoffinventars

Die zentrale Pflicht für die Schiffswerften und die Schiffseigner liegt in der Erstellung, Führung und Aktualisierung des Gefahrstoffinventars, siehe Reg. 5 Anhang HKC. Zudem besteht nach der Außerdienststellung für die Schiffseigner die Pflicht, das Schiff nur an eine nach der Konvention zugelassene und zertifizierte Abwrackeinrichtung zu übergeben, siehe Reg. 8 Anhang HKC.

Das Gefahrstoffinventar ist beim Bau eines neuen Schiffes oder während des laufenden Betriebs eines bereits existierenden Schiffes zu erstellen und beim Umbau oder bei Veränderungen des Schiffskörpers und seiner Ausrüstungsgegenstände zu aktualisieren. In der Praxis bedeutet dies, dass die Erstellung des Gefahrstoffinventars bei neuen Schiffen regelmäßig den Werften und bei bereits im Verkehr befindlichen Schiffen den Schiffseignern obliegt.

Das Inventar ist schiffsspezifisch und dient dem Nachweis, dass das Schiff die in der HKC niedergelegten Verbote oder Einschränkungen in Bezug auf die Verwendung und Deklarierung von Gefahrstoffen einhält. Es besteht insgesamt aus drei Teilen, die unterschiedliche Anforderungen an den Umfang der zu erfassenden Informationen stellen:

  • Teil 1 des Gefahrstoffinventars ist verbindlich und muss alle im Schiff verbauten verbotenen oder eingeschränkt zulässigen Gefahrstoffe aufführen, soweit sie in der Struktur oder Ausrüstung des Schiffes enthalten sind. Anzugeben ist dabei auch die annähernde Menge der jeweiligen Stoffe. Welche Stoffe relevant sind, ergibt sich aus Appendix 1 und 2 der Konvention.

    Hinweis: Eine solche Liste von Gefahrstoffen findet sich auch in Anhang I und II der SRR-VO, welche zum aktuellen Zeitpunkt mehr Stoffe umfasst als die Hongkong-Konvention. Es bedarf daher einer erweiterten Gefahrstoffprüfung, wenn das Schiff im Anwendungsbereich der SRR-VO betrieben wird.

  • Teil 2 und Teil 3 des Gefahrstoffinventars enthalten demgegenüber keine rechtlich verpflichtenden Vorgaben. Sie dienen vielmehr als Empfehlung, bestimmte Abfall- und Lagerprodukte, die sich noch an Bord befinden, vor Beginn des Recyclingprozesses zu identifizieren und zu deklarieren. Damit soll die sichere Handhabung dieser Materialien im weiteren Verlauf des Recyclings erleichtert werden.

2. Schiffsrecyclingunternehmen – Anforderungen an Abwrackeinrichtungen

Darüber hinaus treffen Schiffsrecyclingunternehmen ebenfalls einige unmittelbare Pflichten aus der HKC hinsichtlich des Abwrackens von Schiffen. Diese Unternehmen führen die umweltgerechte und sichere Demontage von ausgedienten Schiffen sowie die fachgerechte Behandlung und Verwertung von Gefahrstoffen durch.

  • Sie müssen gemäß Reg. 8 Anhang HKC insbesondere über eine staatliche Zulassung („authorization“) durch den Flaggenstaat verfügen. Die Genehmigung ist an die Einhaltung der Anforderungen der HKC gebunden, insbesondere in Bezug auf Umwelt, Arbeitsschutz und Abfall- bzw. Gefahrstoffmanagement. Ein Schiff unter der Flagge eines Vertragsstaats darf nur in einer solchen Abwrackeinrichtung abgewrackt werden.

    Eine ähnliche Regelung findet sich in Art. 6 Abs. 2 a) SRR-VO. Nach dieser Vorschrift dürfen Schiffe im Anwendungsbereich der SRR-VO nur in Einrichtungen abgewrackt werden, die in der europäischen Liste für Abwrackeinrichtungen (europäische Liste) aufgeführt sind. In die europäische Liste können Abwrackeinrichtungen aus Mitgliedstaaten, aber auch aus Nichtmitgliedstaaten aufgenommen werden, die die Anforderungen des Art. 13 SRR-VO erfüllen.

  • Darüber hinaus muss das Unternehmen für seine Abwrackeinrichtung gemäß Reg. 18 Anhang HKC einen Schiffsrecyclingeinrichtungsplan erstellen, der regelmäßig zu aktualisieren ist. Dieses Instrument soll dazu dienen, die schlechten Bedingungen in Abwrackeinrichtungen in Bezug auf Arbeits- und Umweltschutz zu bekämpfen. Der Plan muss unter anderem Standortbeschreibungen, Verfahren zum Umgang mit Gefahrstoffen, Trainingsmaßnahmen für das Personal sowie Umweltüberwachungs- und -Schutzmaßnahmen enthalten.
  • Zudem bedarf es gemäß Reg. 9 Anhang HKC der Erstellung eines schiffsspezifischen Schiffsrecyclingplans, welcher vom Recyclingunternehmen erstellt und vom zuständigen Flaggenstaat genehmigt wird. Der Plan muss insbesondere die Überprüfung des Gefahrstoffinventars, aber auch die technischen Maßnahmen und die geplanten Recyclingmethoden des Unternehmens enthalten.

Allerdings sind die Anforderungen für die Aufnahme in die europäische Liste gemäß Art. 13 SRR-VO zum Teil strenger und umfassender als die Vorgaben der HKC, da sie insbesondere zusätzliche Nachweispflichten, erweiterte Gefahrstofflisten sowie ein formelles Listungs- und Kontrollverfahren durch die Europäische Kommission vorsehen. Es ist daher davon auszugehen, dass Recyclinganlagen, die lediglich nach der HKC zugelassen sind, nicht automatisch auch für die europäischen Liste eine Zulassung erhalten werden. Unternehmen, die ihre Anlage künftig nach der HKC zertifizieren lassen, werden daher voraussichtlich zusätzlich ein separates Zulassungsverfahren nach der SRR-VO durchlaufen und die höheren EU-Anforderungen erfüllen müssen, soweit diese unter den Geltungsbereich der EU-Verordnung fallen.

Weitere chemikalienrechtliche Vorgaben

Neben den schiffsspezifischen Gefahrstoffvorgaben aus der HKC und der SRR-VO sollten betroffene Akteure ebenfalls überprüfen, inwieweit zusätzlich chemikalienrechtliche Vorschriften bei der Deklarierung von Gefahrstoffen einzuhalten sind und sich gegebenenfalls mit den Gefahrstoffanforderungen im Schiffsrecycling überschneiden. Zu den besonders relevanten Regularien zählen:

  • REACH-Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (z.B. bei Antifouling-Beschichtungen mit Bioziden auf Schiffsrümpfen)
  • F-Gas-Verordnung (EU) Nr. 517/2014 (z.B. bei Kälte- und Klimaanlagen von Schiffen)
  • CLP-Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (z.B. bei Schmierölen oder Feuerlöschmittel)
  • RoHS-Richtlinie (EU) Nr. 2011/65 (z.B. bei Navigationssystemen oder Beleuchtung)
  • POP-Verordnung (EU) Nr. 2019/1021 (z.B. bei Kabeln, Dichtungen oder elektrischen Bauteilen)

Gerade Materialien, in denen Per- und Polyfluoralkylsubstanzen („PFAS“) verwendet werden, sind nicht nur im Gefahrstoffinventar i.S.d. SRR-VO von Relevanz (bestimmte PFAS wie Perfluoroctansulfonsäure sind bereits in Anhang I der SRR-VO gelistet), sondern unterliegen gleichzeitig Beschränkungen nach der REACH-VO und der POP-VO. Diesbezüglich sind auch die aktuellen Entwicklungen in den Blick zu nehmen: So wird noch im Jahr 2025 mit einem Änderungsentwurf zur REACH-VO gerechnet, der Verschärfungen im Umgang mit PFAS-Stoffen beinhalten wird (https://www.gleisslutz.com/de/aktuelles/know-how/beschraenkungsvorhaben-fuer-pfas-auf-eu-ebene). Auch eine Erweiterung der Aufnahme bestimmter PFAS in die SRR-VO ist denkbar.

Neue Risiken und Sanktionsmöglichkeiten

Mit dem Inkrafttreten der Hongkong-Konvention am 26. Juni 2025 drohen Schiffseignern, Werften, Abwrackeinrichtungen und Zulieferern bei Verstößen gegen die neuen Vorgaben empfindliche Strafen und Bußgelder.

So können Abwrackeinrichtungen bei Nichtbeachtung der technischen und organisatorischen Anforderungen ihre Zulassung verlieren – sowohl im Rahmen der europäischen Liste als auch nach der HKC. Auch wirtschaftlich relevante Maßnahmen im Rahmen von Hafenstaatkontrollen sind möglich: Wird etwa ein Schiff ohne gültiges Gefahrstoffinventar betrieben, droht nach Art. 19 Abs. 2 RL 2009/16/EG eine kostenintensive Festsetzung des Schiffs im Hafen. Im Fall der Festsetzung darf das Schiff den Hafen erst verlassen, wenn die gefahrstoffrechtlichen Mängel behoben sind oder von der zuständigen Behörde ein Aktionsplan zur Mängelbehebung aufgestellt wird. Eine zeitliche Höchstgrenze für die Festsetzung gibt es nicht. Zusätzlich greifen Bußgeld- und Strafvorschriften aus dem allgemeinen Umweltrecht. So kann in Deutschland die Errichtung oder der Betrieb einer Abwrackeinrichtung ohne die erforderliche Genehmigung nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro geahndet werden. Bei Betrieb einer nicht genehmigten Anlage kommt sogar eine Strafbarkeit nach § 327 Abs. 2 StGB in Betracht, mit einer Strafandrohung von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Zudem können chemikalienrechtliche Verstöße gegen die REACH-VO, die CLP-VO, die F-Gas-VO durch die Neufassung der §§ 26 Abs. 2, 27 ChemG i.V.m. ChemVerbots-VO sanktioniert werden. Auch die Einziehung des schadstoffbelasteten Produkts ist im Rahmen von § 27d ChemG i.V.m. § 74a StGB möglich.

Die Vertragsstaaten sind im Rahmen der SRR-VO und HKC verpflichtet, Verstöße gegen die Schiffsrecycling-Vorschriften nach ihrem nationalen Recht strafrechtlich zu ahnden. In vielen europäischen Staaten werden insbesondere Verstöße gegen die gefahrstoffrechtlichen Bestimmungen und beim Recycling eines Schiffes bereits mit hohen Strafen belegt – in Frankreich etwa mit Geldbußen von bis zu 100.000 Euro oder Freiheitsstrafen. In Deutschland bestehen derzeit noch keine vergleichbaren Regelungen. Die bestehenden Straftatbestände, etwa § 326 StGB oder § 18a AbfVerbrG, sehen zwar Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen vor, dürften auf die Pflicht, Schiffe im Geltungsbereich der SRR-VO oder der HKC nur in zugelassenen Abwrackeinrichtungen und nach dem vorgeschriebenen Verfahren zu recyceln, derzeit nicht anwendbar sein.

Aufgrund der Vorgaben in Art. 3 Abs. 2 Buchst. h i.V.m. Art. 28 der Richtlinie (EU) 2024/1203 ist jedoch davon auszugehen, dass der deutsche Gesetzgeber spätestens bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist am 21. Mai 2026 eine entsprechende strafrechtliche Regelung schaffen wird.

Nicht zuletzt sind auch Zulieferer betroffen. Sie haften unter Umständen aus vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Werften oder Reedern, wenn ihre Materialerklärungen unvollständig oder unzutreffend sind. Denkbar sind beispielsweise Regresszahlungen bei Deklarierungsverstößen und daraus resultierenden Bußgeldern für die Werften und Schiffseigner oder Vertragsstrafen bei Entfall der Verkehrsfähigkeit durch Nichtbeachtung eines Einbauverbotes von Gefahrstoffen. Der zu ersetzende Schaden dürfte vor allem in den Kosten für die Festsetzungen von Schiffen und in den Strafzahlungen an die Mitgliedstaaten liegen, die den Schiffseignern und Werften durch die fehlenden oder fehlerhaften Gefahrstoffinformationen entstanden sind. Im Extremfall kann es sogar zu einer vollständigen Rückabwicklung des Vertrages zwischen Zulieferer und Schiffseigner bzw. Werft kommen, z.B. wenn das Produkt Gefahrstoffe (z.B. Asbest) enthält, bei denen nach der SRR-VO und HKC ein generelles Verwendungsverbot auf neuen Schiffen besteht.

Fazit und Ausblick

Mit dem Inkrafttreten der Hongkong-Konvention zum 26. Juni 2025 erfährt das Schiffsrecycling erstmals einen weltweit einheitlichen Rechtsrahmen – mit spürbaren Auswirkungen entlang der gesamten Liefer- und Entsorgungskette. Schiffseigner, Werften, Schiffsrecyclingunternehmen und Zulieferer sehen sich nunmehr nicht nur mit neuen Verpflichtungen, sondern auch mit erhöhten Haftungs- und Sanktionsrisiken konfrontiert. Die parallele Geltung europäischer und völkerrechtlicher Regelungen wirft zudem Abgrenzungs- und Umsetzungsfragen etwa hinsichtlich abweichender Gefahrstofflisten, unterschiedlichen Zertifizierungsanforderungen und der Zulassung von Abwrackeinrichtungen auf. Diese sollten durch geeignete Compliance-Maßnahmen frühzeitig adressiert werden, um einen etwaigen erheblichen Mehraufwand bei der Erstellung und Aktualisierung von Gefahrstoffinventaren sowie Zertifizierungen und dadurch wirtschaftliche Mehrkosten sowie Störungen im Betriebsablauf und etwaige Regelverstöße gegen die Vorschriften der SRR-VO und die HKC zu vermeiden. Zudem müssen die betroffenen Akteure auch prüfen, inwieweit sie die weiteren chemikalienrechtlichen Vorschriften bei der Deklaration von Gefahrstoffen einhalten müssen.

Gleichwohl eröffnen die neuen Bestimmungen auch Chancen und neue Geschäftsfelder – insbesondere für Unternehmen, die bereits im Schiffsrecycling tätig sind oder eine entsprechende Geschäftserweiterung in Betracht ziehen. Die Beschränkung des Recyclings auf Abwrackeinrichtungen, die gemäß der SRR-VO oder der HKC zertifiziert und zugelassen sind, verschafft zugelassenen Einrichtungen einen deutlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber nicht zertifizierten Betreibern, die ausschließlich außerhalb der Geltungsbereiche der genannten Regelwerke agieren dürfen, das heißt, nur Schiffe eines Nichtvertragsstaats der HKC oder der SRR-VO recyclen und abwracken dürfen.

Unternehmen sollten daher ihre internen Abläufe, Vertragsstrukturen und Dokumentationspflichten frühzeitig auf Konformität mit den neuen Vorgaben der Konvention und zugleich – falls noch nicht geschehen – mit den schon länger bestehenden Vorgaben der europäischen SRR-VO überprüfen. Nur so lässt sich die künftige rechtssichere Teilnahme am internationalen Schiffsrecyclingmarkt gewährleisten.

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