Öffentliches Recht

EPBD-Novelle: Änderung der EU-Gebäuderichtlinie setzt neue ehrgeizige Ziele für den Gebäudesektor

Mit der Zustimmung des Rats der Europäischen Union am 12. April 2024 ist die Novelle der Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden („EPBD“) nun endgültig beschlossen. Mit der Novelle wird die Richtlinie von 2010 grundlegend reformiert und durch strengere Vorgaben zur Energieeffizienz von Immobilien an die Klimaschutzziele der EU angepasst. Die Mitgliedstaaten müssen die Richtlinie nun innerhalb der nächsten zwei Jahre in nationales Recht umsetzen. Für Gebäudeeigentümer und Asset Manager steigen damit die Anforderungen an die Gebäudeenergieeffizienz. 

Ziele der überarbeiteten Richtlinie

Die umfassende Überarbeitung der bereits 2018 novellierten EPBD hat die Kommission im Rahmen des Legislativpakets „Fit for 55“ angestoßen. Der Gebäudeenergiesektor, der für ca. 40 % der Treibhausgase der Europäischen Union verantwortlich ist, spielt eine wichtige Rolle für die Erreichung der Klimaschutzziele der Europäischen Union. Die bisherige Fassung der Richtlinie sah selbst kaum Vorgaben für die Energieeffizienz von Gebäuden vor, sondern überließ dies weitestgehend den Mitgliedstaaten. Dies führte dazu, dass die jährliche energetische Renovierungsrate von Bestandsgebäuden in den letzten Jahren unionsweit bei unter 1 % pro Jahr lag. Wenn die Union ihr Ziel der Klimaneutralität bis 2050 erreichen will, muss sich die Zahl der renovierten Gebäude pro Jahr deutlich erhöhen. Insofern dient die Überarbeitung der EPBD auch der Umsetzung der im Rahmen des Europäischen Green Deals erlassenen Strategie „Eine Renovierungswelle für Europa“, die eine Verdoppelung der energetischen Gebäudesanierungen bis 2030 anstrebt.

Die neuen Regelungen enthalten eine Vielzahl von Maßnahmen, um die Energieeffizienz von Gebäuden zu steigern und die Renovierung des Gebäudebestands in den Mitgliedstaaten voranzubringen. Im Mittelpunkt stehen dabei Gebäude mit der geringsten Energieeffizienz. Die Hauptziele bestehen darin, dass spätestens 2030 alle neuen Gebäude als Nullemissionsgebäude errichtet werden und bestehende Gebäude bis 2050 in Nullemissionsgebäude umgebaut werden. 

Mindestvorgaben für die Gesamtenergieeffizienz 

Zu den wichtigsten Ergebnissen der Novellierung gehört die Einführung von Mindestvorgaben für die Gesamtenergieeffizienz (Minimum Energy Performance Standards, „MEPS“). Entgegen der ursprünglichen Richtlinienentwürfe sind diese nunmehr nur für Nicht-Wohngebäude vorgesehen. Nach Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie legen die Mitgliedstaaten die MEPS in Form eines maximalen Primär- oder Endenergieverbrauchs fest, der bis 2030 bzw. 2033 von allen Nicht-Wohngebäuden erfüllt werden muss. Die MEPS sind von den Mitgliedstaaten so zu bestimmen, dass bis 2030 die 16 % und bis 2033 die 26 % der Gebäude mit der schlechtesten Energieeffizienz renoviert werden. Ausnahmen können für Gebäude vorgesehen werden, wenn ein ungünstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis oder ein sonstiger Härtefall vorliegt. Damit besteht ein faktischer Sanierungsauftrag für die Nicht-Wohngebäude, der durch die Mitgliedstaaten in nationales Recht umgesetzt werden muss. 

Hinsichtlich des Renovierungsziels für Wohngebäude werden den Mitgliedstaaten größere Spielräume eingeräumt. Diese sollen nach Art. 9 Abs. 2 der Richtlinie nationale Zielpfade festlegen, um sicherzustellen, dass der Energieverbrauch des Wohngebäudebestands bis zum Jahr 2030 um 16 % und bis zum Jahr 2035 um 20 bis 22 % sinkt. Dabei müssen mindestens 55 % der Energieeinsparungen durch die Renovierung der Gebäude mit der schlechtesten Energieeffizienz erreicht werden. Auch wenn für Wohngebäude keine MEPS gelten und insofern den Mitgliedstaaten etwas mehr Flexibilität bei der Umsetzung der Zielvorgaben zukommt, wird es im Ergebnis auch bei den Wohngebäuden darauf ankommen, diejenigen Gebäude zu renovieren, die die schlechteste Energieeffizienz aufweisen.

Für bestimmte Gebäudearten können die Mitgliedstaaten Ausnahmen sowohl von den MEPS als auch den Renovierungszielen vorsehen (z.B. für historische Gebäude, Ferienhäuser, Militärgebäude und Industrieanlagen).

Gesamtenergieeffizienzklassen, Energieausweis und Renovierungspass

Zur einheitlichen Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie werden die Gesamtenergieeffizienzklassen unionsweit angeglichen. Die Mitgliedstaaten müssen dazu Energieeffizienzklassen auf einer Skala von A bis G einführen (mit einer optionalen Klasse A+). In der Klasse A dürfen nur Nullemissionsgebäude erfasst werden, wobei sich die übrigen Gebäude gleichmäßig auf die Klassen B bis F verteilen sollen. Die Klasse G soll nur die Gebäude mit der schlechtesten Gesamtenergieeffizienz im nationalen Gebäudebestand zum Zeitpunkt der Einführung der Skala erfassen. 

Daneben wurde auch die Pflicht zum Ausstellen von Ausweisen über die Gesamtenergieeffizienz erweitert. Ein Energieausweis muss nun nicht mehr nur bei einem Neubau, einem Verkauf oder einer Vermietung ausgestellt werden, sondern auch bei der Verlängerung von Mietverträgen, bei einer größeren Renovierung sowie für Gebäude, die sich im Eigentum von öffentlichen Einrichtungen befinden oder von diesen genutzt werden.

Gebäudeeigentümer sollen durch freiwillige Renovierungspässe bei Renovierungsvorhaben unterstützt werden. Die Renovierungspässe sollen von zertifizierten Sachverständigen ausgestellt werden und einen Renovierungsfahrplan für schrittweise Renovierungsmaßnahmen enthalten sowie Informationen über Finanzierungsmöglichkeiten und Vorteile von energetischen Renovierungen.

Nullemissionsgebäude als Neubau-Standard

Das Nullemissionsgebäude löst das Niedrigstenergiegebäude als Neubau-Standard ab. Nullemissionsgebäude sind Gebäude, bei denen die benötigte Energiemenge vollständig aus erneuerbaren Energien stammt. Dieser Standard gilt ab dem 1. Januar 2028 für neue Gebäude, deren Eigentümer öffentliche Einrichtungen sind und ab dem 1. Januar 2030 für alle anderen Neubauten. Vor diesen genannten Zeitpunkten sollen alle Neubauten zumindest Niedrigstenergiegebäude sein. 

Für neu errichtete Gebäude mit einer Nutzfläche von über 1.000 m2 soll ab dem 1. Januar 2028 in den Energieausweisen das Lebenszyklus-Treibhausgaspotenzial angegeben werden; für alle anderen neu errichteten Gebäude gilt diese Pflicht ab dem 1. Januar 2030. Zudem sollen die Mitgliedstaaten Grenzwerte für das maximale Lebenszyklus-Treibhausgaspotenzial festlegen, die ab 2030 von Neubauten nicht überschritten werden dürfen. 

Umstieg auf die Nutzung erneuerbarer Energien

Die neue EPBD sieht kein verbindliches Verbot von Heizungen vor, die fossile Brennstoffe nutzen. Die Entwurfsfassung hatte noch ein Aus für fossile Heizungen ab 2044 vorgesehen. Die Mitgliedstaaten sollen nun lediglich anstreben, mit fossilen Brennstoffen betriebene Heizkessel im Einklang mit dem nationalen Ausstiegsplan zu ersetzen; in Deutschland also in Einklang mit den Vorgaben in §§ 71 ff. GEG. Ab dem 1. Januar 2025 müssen die Mitgliedstaaten aber sämtliche finanzielle Anreize für die Installation von eigenständigen mit fossilen Brennstoffen betriebenen Heizkesseln einstellen. Neubauten werden ab dem 1. Januar 2030 jedenfalls vollständig mit erneuerbaren Energien geheizt werden müssen, um als Nullemissionsgebäude zu gelten.

Parallel dazu soll die Nutzung von Solaranlagen ausgebaut werden: Neue Gebäude müssen künftig „solartauglich“ sein, d. h. sich für die Installation von Solartechnologien eignen. Auf bestehenden Gebäuden müssen schrittweise Solarenergieanlagen installiert werden, sofern dies technisch geeignet sowie wirtschaftlich und funktional realisierbar ist. Die Richtlinie sieht dafür einen gestaffelten Zeitplan von 2026 bis 2030 vor, nach dem öffentliche Gebäude, Nicht-Wohngebäude, Wohngebäude und überdachte Parkplätze abhängig von ihrer Grundfläche mit Solaranlagen ausgestattet werden sollen. 

Infrastruktur für nachhaltige Mobilität und inklusive Gestaltung

Die bisherigen Maßnahmen zur Förderung nachhaltiger Mobilitätslösungen werden ausgeweitet. Die Anzahl der Parkplätze, die vorverkabelt werden müssen sowie die Anzahl von erforderlichen Ladepunkten wird sowohl für Wohngebäude als auch für Nicht-Wohngebäude erhöht. Die Vorgaben gelten zudem jetzt bereits für Nicht-Wohngebäude ab fünf Autostellplätzen und Wohngebäude ab drei Autostellplätzen.

Neben Regelungen für neue und renovierte Gebäude ist nun auch eine Vorgabe für Bestandsgebäude vorgesehen. Danach sollen alle Nicht-Wohngebäude mit mehr als 20 Autostellplätzen bis zum 1. Januar 2027 entweder eine Vorverkabelung für 50 % ihrer Parkplätze oder mindestens einen Ladepunkt pro zehn Stellplätze vorsehen müssen. Ferner werden Vorgaben für Fahrradstellplätze, einschließlich solcher für Lastenfahrräder, eingeführt.

Gebäudetechnik

Schließlich wird bestimmt, welche Gebäudetypen welche Arten von gebäudetechnischen Systemen vorsehen müssen (darunter automatische Temperatursteuerungen sowie Mess- und Kontrollvorrichtungen für die Raumluftqualität). Bestehende Nicht-Wohngebäude mit einem besonders hohen Energieverbrauch von über 290 kW sollen bereits zum 31. Dezember 2024 mit Gebäudeautomations- und -steuerungsgeräten nachgerüstet werden. Neue oder renovierte Wohn- und Nicht-Wohngebäude sollen zudem mit bestimmten Mess- und Kontrollgeräten ausgestattet werden, sofern dies technisch, wirtschaftlich und funktionell realisierbar ist.

Ausblick  

Nach Inkrafttreten der Änderungen der EPBD ist es nun an den Mitgliedstaaten, die Vorgaben innerhalb von zwei Jahren nach Veröffentlichung der Richtlinie im Amtsblatt der Europäischen Union in nationales Recht umzusetzen. Im Rahmen der Umsetzung können die Mitgliedstaaten auch strengere Regelungen vorsehen, dürfen aber nicht hinter den Vorgaben der Richtlinie zurückbleiben. Die Richtlinie sieht auch weiterhin eine gewisse Flexibilität bei der Umsetzung vor, sodass abzuwarten bleibt, wie der deutsche Gesetzgeber die Vorgaben des EPBD in das deutsche Recht implementieren wird. Besonders viel Spielraum steht ihm dabei aber lediglich für die Vorgaben zur Renovierung des Gebäudebestands von Wohngebäuden und die Zielsetzung in den nationalen Gebäuderenovierungsplänen zur Verfügung. Bei Nicht-Wohngebäuden ist daher absehbar, dass der deutsche Gesetzgeber einen hinreichenden Sanierungsdruck aufbauen muss, um die Vorgaben der Richtlinie einhalten zu können. 

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