Außenwirtschaftsrecht

Außenwirtschaftsrecht Update: Sanktionen der EU gegen Russland – 19. Sanktionspaket

Am Donnerstag, dem 23. Oktober 2025, haben die Außen- und Verteidigungs­minister der EU dem nunmehr 19. Sanktionspaket in Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zugestimmt. Das Paket umfasst beispielsweise ein Einfuhrverbot für russisches Flüssigerdgas und weitere Sanktionen gegen die sog. „Schattenflotte“. Daneben hat die EU zusätzliche Maßnahmen gegen Belarus verhängt, um dessen Unterstützung für den von Russland gegen die Ukraine geführten Krieg einzuschränken.

Mit den neuesten Maßnahmen baut die EU auf ihrem 18. Sanktionspaket vom Juli dieses Jahres auf. Darin waren bereits die russische Schattenflotte, Finanzinstitute und Personen mit Verbindungen zum industriellen-militärischen Komplex Russlands ins Visier genommen worden (Wir haben dazu berichtet: Außenwirtschaftsrecht Update: Sanktionen der EU gegen Russland – 18. Sanktionspaket | Gleiss Lutz). Diese Maßnahmen werden nun weiter verschärft und fortgeführt. Das neue Paket wird mit der eskalierenden Aggression Russlands gegen die Ukraine und insbesondere mit den jüngsten Militärkampagnen Russlands begründet, mit denen gezielt auch zivile Infrastruktur wie Energie-, Wasser- und Gesundheitseinrichtungen angegriffen wird. Angeführt wird aber auch die zunehmende Bedrohung für die EU, insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten Verletzungen des polnischen und rumänischen Luftraums. Das 19. Sanktionspaket ist am 24. Oktober 2025 in Kraft getreten.

EU-Sanktionen gegen Russland

Das 19. Sanktionspaket umfasst im Wesentlichen die folgenden Rechtsakte:

  • Die Änderungsverordnung (EU) 2025/2033 verschärft die im Wesentlichen handelsbezogenen Sanktionen der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren.
  • Mit der Änderungsverordnung (EU) 2025/2037 werden im Wesentlichen Terminologien der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen, präzisiert und harmonisiert.
  • Die Durchführungsverordnung (EU) 2025/2035 ergänzt den Anhang I der Verordnung (EU) 269/2014, der die natürlichen und juristischen Personen aufführt, die personenbezogenen Finanzsanktionen unterliegen.
  • Mit der Durchführungsverordnung (EU) 2025/2039 wird der Anhang I der Verordnung (EU) 765/2006 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Belarus und der Beteiligung von Belarus an der russischen Aggression gegen die Ukraine, der die natürlichen und juristischen Personen aufführt, die personenbezogenen Finanzsanktionen unterliegen, ergänzt.

Aus diesen Rechtsakten sind die folgenden sanktionsrechtliche Änderungen besonders hervorzuheben:

Einführung eines Einfuhrverbots für Flüssigerdgas (LNG)

Um die russischen Gas- und Öleinnahmen zu senken, sieht das Sanktionspaket ein Importverbot für Flüssigerdgas (LNG) aus Russland vor. Nach dem neuen Art. 3ra Verordnung (EU) 833/2014 ist es ab dem 25. April 2026 verboten, Flüssigerdgas unmittelbar oder mittelbar zu kaufen, einzuführen oder zu verbringen, wenn es seinen Ursprung in Russland hat oder aus Russland ausgeführt wird. Für Verträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr, die vor dem 17. Juni 2025 abgeschlossen wurden und seitdem nicht geändert worden sind, gilt das Verbot grundsätzlich erst ab dem 1. Januar 2027.

Bislang war der LNG-Sektor von den EU-Sanktionen ausgenommen. Mit dem Einfuhrverbot für Flüssigerdgas macht die EU nun einen großen Schritt in Richtung Unabhängigkeit von russischen Energiequellen. Das Einfuhrverbot, das nach dem ursprünglichen Entwurf der EU-Kommission erst ein Jahr später gelten sollte, wird für einige EU-Mitgliedstaaten, die weiter große Mengen Gas aus Russland importieren (insbesondere Ungarn und die Slowakei) mit erheblichen Anstrengungen einhergehen müssen.

Verschärfung der Sanktionen gegen die russische Schattenflotte

Die sog. russische Schattenflotte besteht aus hunderten (häufig veralteten und oft unzureichend gewarteten) Tankern, die Russland zur Umgehung der Ölpreisobergrenze nutzt, um Rohöl unter anderem nach Indien zu exportieren. Dadurch gelingt es Russland, die von der EU festgesetzten Ölpreisobergrenze zu umgehen. Die Größe der Schattenflotte wird mittlerweile auf bis zu 1.400 Schiffe geschätzt. Um dies zu verhindern, sieht Art. 3s Abs. 1 Verordnung (EU) 833/2014 ein Zugangsverbot zu EU-Häfen sowie ein umfassendes Dienstleistungsverbot für die in Anhang XLII der Verordnung gelisteten Schiffe vor, die der Schattenflotte zugeordnet werden.

Mit dem 19. Sanktionspaket werden nun weitere 117 Schiffe in Anhang XLII der Verordnung (EU) 833/2014 gelistet, die mutmaßlich in die Umgehung von Sanktionen involviert sind. Damit steigt die Gesamtzahl der sanktionierten Schiffe auf über 550.

Darüber hinaus setzt die EU weitere Personen und Unternehmen auf die Sanktionsliste in Anhang I der Verordnung (EU) 269/2014, die die russische Schattenflotte in der Vergangenheit unterstützt und Sanktionsumgehungen ermöglicht haben. Gelistet ist nunmehr beispielsweise Litasco Middle East DMCC mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten, ein wichtiger Partner und Unterstützer der Schattenflotte des russischen Mineralölkonzerns Lukoil. Weitere Listungen umfassen Schiffsregister, die falsche Flaggen für Schiffe der Schattenflotte bereitstellen, einen der größten Betreiber von Containerhäfen in Russland sowie einen führenden Schiffbauer in Russland. Die Sanktionslistung führt dazu, dass beispielsweise keine Gelder und sonstigen wirtschaftlichen Ressourcen aus der EU an diese Personen und Unternehmen bereitgestellt werden dürfen.

Ausweitung von Sanktionen im Finanzsektor

Das 19. Sanktionspaket weitet die bestehenden Sanktionen im Finanzsektor aus. Ziel ist es, Schlupflöcher zu schließen, die bisher zur Umgehung der Sanktionen genutzt wurden. In der Vergangenheit hat sich insbesondere gezeigt, dass Russland zunehmend Kryptowährungen nutzt, um Sanktionen zu umgehen. Mit dem 19. Sanktionspaket werden nun Transaktionen mit den in Anhang LIII der Verordnung (EU) 833/2014 aufgeführten Kryptowährungen untersagt (Art. 5ba). Außerdem werden Sanktionen gegen Entwickler und Emittenten von Kryptowährungen sowie gegen Betreiber von Kryptowährungs-Plattformen verhängt.

Darüber hinaus führt die EU mit dem 19. Sanktionspaket Transaktionsverbote für Banken und Ölhändler aus Drittstaaten ein (Tadschikistan, Kirgisistan, Vereinigte Arabische Emirate und Hongkong), die EU-Sanktionen umgehen. Transaktionsverbote gelten zukünftig auch für fünf weitere russische Banken (Istina, Zemsky Bank, Commercial Bank Absolut Bank, MTS Bank und Alfa-Bank) sowie für vier Banken aus Belarus und Kasachstan, die in Verbindung zu russischen Finanznachrichten- und Zahlungssystemen stehen.

Zudem ist es zukünftig gemäß Art. 5ac Verordnung (EU) 833/2014 untersagt, mit dem russischen nationalen Kartenzahlungssystem („Mir“) oder dem Schnellzahlungssystem („SBP“) zusammenzuarbeiten.

Beschränkung für wirtschaftliche Beziehungen zu Unternehmen in russischen Sonderwirtschaftszonen

Mit der Einführung von Art. 5ah Verordnung (EU) 833/2014 werden erhebliche Beschränkungen für die Aufrechterhaltung wirtschaftlicher Beziehungen zu Unternehmen auferlegt, die in neun russischen Sonderwirtschaftszonen tätig sind. Diese Zonen sind zentral für Russlands industrielle und technologische Leistungsfähigkeit und beherbergen Unternehmen, die Güter herstellen oder entwickeln, die zum russischen Krieg beitragen. Es ist beispielsweise verboten, neue Unternehmensbeteiligungen zu erwerben oder neue Verträge über die Lieferung von Gütern zu schließen.

Weiteres Vorgehen gegen den militärisch-industriellen Komplex

Maßnahmen gegen Unternehmen, die im militärisch-industriellen Bereich in Russland tätig sind, werden ausgeweitet. Insgesamt werden 45 neue Einrichtungen in Anhang IV der Verordnung (EU) 833/2014 gelistet, die den russischen Militär- und Industriekomplex direkt unterstützen, beispielsweise indem sie die Umgehung von Ausfuhrbeschränkungen für CNC-Werkzeugmaschinen, Mikroelektronik, unbemannte Luftfahrzeuge (UAV) und andere Hochtechnologieartikel ermöglichen. Ein Großteil dieser Unternehmen hat seinen Unternehmenssitz in Russland. Zu den neu gelisteten Einrichtungen gehören aber auch zwölf Unternehmen mit Sitz in China bzw. Hongkong, drei Unternehmen mit Sitz in Indien und zwei Unternehmen mit Sitz in Thailand. Für diese Einrichtungen ordnet Art. 2b Verordnung (EU) 833/2014 ein Ausfuhrverbot für Güter mit doppeltem Verwendungszweck sowie für Artikel, die allgemein zur technologischen Aufrüstung des russischen Verteidigungssektors beitragen könnten, an.

Außerdem werden weitere Geschäftsleute und Unternehmen, die Teil des russischen militärisch-industriellen Komplexes sind, sowie Betreiber aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und China, die militärische Güter und Güter mit doppeltem Verwendungszweck für Russland herstellen oder an Russland liefern, auf die Sanktionsliste in Anhang I der Verordnung (EU) 269/2014 gesetzt.

Ausweitung von güterbezogenen Ein- und Ausfuhrbeschränkungen

Im Rahmen des 19. Sanktionspakets werden auch die Ein- und Ausfuhrbeschränkungen für bestimmte Güter einmal mehr erweitert. Unter die Ausfuhrverbote fallen nun beispielsweise auch elektronische Komponenten, Entfernungsmesser, zusätzliche Chemikalien zur Herstellung von Treibstoffen sowie weitere Metalle, Oxide und Legierungen, die bei der Fertigung militärischer Systeme Verwendung finden. Salze und Erze, Erzeugnisse aus Gummi, Rohre, Reifen, Mühlsteine und Baumaterialien unterliegen ab sofort strengeren Ausfuhrbeschränkungen.

Außerdem gilt zukünftig ein Einkaufs-, Einfuhr- und Verbringungsverbot für acyclische Kohlenwasserstoffe aus Russland. Diese stellten bislang eine bedeutende Einnahmequelle für Russland dar.

Ausweitung von Dienstleistungsbeschränkungen und -verboten

Die Beschränkungen für Dienstleistungen gemäß Art. 5n Verordnung (EU) 833/2014 werden ausgeweitet. Zukünftig ist auch die Erbringung von KI-Dienstleistungen, Hochleistungsrechner-Dienstleistungen sowie kommerzielle weltraumgestützte Dienstleistungen für die russische Regierung oder für in Russland niedergelassene juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen verboten.

Ein Verbot gilt fortan auch für die Erbringung von Dienstleistungen, die in einem direkten Zusammenhang mit touristischen Aktivitäten in Russland stehen.

Reisebeschränkungen für russische Diplomaten

Bei Reisen im Schengen-Raum außerhalb ihres Akkreditierungsstaats sind russische Diplomaten künftig verpflichtet, die zuständigen EU-Mitgliedstaaten vorab zu informieren (Art. 5v Verordnung (EU) 833/2014). Dadurch sollen Mitgliedstaaten vor dem Hintergrund zunehmend feindseliger nachrichtendienstlicher Aktivitäten sensibilisiert werden, die Russlands Aggression gegen die Ukraine unterstützen. Zusätzlich können EU-Mitgliedstaaten für die Einreise russischer Diplomaten eine Genehmigungspflicht vorsehen, wenn diese auf der Grundlage von Visa oder Aufenthaltstiteln eines anderen Mitgliedstaats in ihr Hoheitsgebiet reisen (Art. 5w Verordnung (EU) 833/2014).

EU-Sanktionen gegen Belarus

Das 19. Sanktionspaket erfasst auch weitere Sanktionsmaßnahmen gegen Belarus. Insbesondere werden die handelsbezogenen Maßnahmen gegenüber Belarus weiter an die gegenüber Russland verhängten Maßnahmen angeglichen. Daneben werden fünf neue Listungen im Zusammenhang mit dem belarussischen militärisch-industriellen Komplex und dem Lukaschenko-Regime vorgenommen.

US-Sanktionen

Ebenfalls am 23. Oktober 2025 haben auch die Vereinigten Staaten weitere Sanktionen gegen Russland angekündigt. Nach längerem Zögern sollen nun doch Strafmaßnahmen gegen russische Ölkonzerne erlassen werden. Insbesondere zielen diese Strafmaßnahmen auf die Ölkonzerne Rosneft und Lukoil, mit denen jede wirtschaftliche Interaktion verboten werden soll. In den USA gilt der Entwurf für die neuen Sanktionen als eine der bedeutendsten Maßnahmen gegen den russischen Energiesektor, die die USA seit dem russischen Überfall auf die Ukraine beschlossen haben.

Ausblick

Mit dem Inkrafttreten des 19. Sanktionspakets intensiviert die EU abermals den wirtschaftlichen und politischen Druck auf Russland. Ziel ist es, die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit Russlands weiter einzuschränken und Russland so dazu zu bewegen, sich auf Verhandlungen über eine mögliche Beendigung des Krieges gegen die Ukraine einzulassen. Die Maßnahmen setzen dabei auf bereits bestehende Sanktionsinstrumente auf. Gleichwohl stellt das Paket einen weiteren Schritt in der konsequent verfolgten Strategie der EU dar, Russland langfristig von zentralen internationalen Märkten und Schlüsseltechnologien auszuschließen. Dabei könnte insbesondere das mit dem 19. Sanktionspaket verhängte Importverbot für Flüssigerdgas einen bedeutenden Beitrag leisten. Gleichzeitig könnte gerade dieses Importverbot diejenigen EU-Mitgliedstaaten vor erhebliche Herausforderungen stellen, die sich auf alternative Energiequellen umstellen (und diese finanzieren) müssen. Der Erfolg der Maßnahmen hängt maßgeblich davon ab, ob es den Mitgliedstaaten gelingt, die Sanktionen konsequent durchzusetzen.

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