Außenwirtschaftsrecht

Außenwirtschaftsrecht Update: Sanktionen der EU gegen Russland – 18. Sanktionspaket

Am 19. Juli 2025 hat die EU das inzwischen 18. Sanktionspaket als Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine beschlossen. Ziel des neuen Maßnahmenpakets ist es, die Einnahmen Russlands aus Energieträgern einzuschränken und die russische Rüstungsindustrie zu schwächen. Im Mittelpunkt stehen dabei insbesondere restriktive Maßnahmen gegen den Energie- und den Bankensektor. Auch die Ostsee-Gas-Pipelines Nord Stream und Nord Stream 2 sind von den Sanktionen betroffen. Das Paket sieht zudem weitere Maßnahmen gegen die sog. „Schattenflotte“ sowie eine Senkung des Ölpreisdeckels vor. Weitere Exportverbote und -kontrollen sollen zur Bekämpfung der Umgehung der Sanktionen beitragen.

Mit dem 18. Sanktionspaket, will die EU den Druck auf Russland als Reaktion auf die erfolglosen diplomatischen Bemühungen um einen Waffenstillstand und die fortschreitende Intensivierung der russischen Angriffe auf die Ukraine erhöhen.

Das 18. Sanktionspaket knüpft an die vorherigen Sanktionspakete an und führt die Grundlinien des 17. Sanktionspakets fort. Dieses hatte ebenfalls unter anderem die Schattenflotte, Finanzinstitute und Personen mit Verbindungen zum industriell-militärischen Komplex Russlands ins Visier genommen.

Das neue Paket umfasst die folgenden Rechtsakte:

  • Die Änderungsverordnung 2025/1494 verschärft die im Wesentlichen handelsbezogenen Sanktionen in der Verordnung (EU) 833/2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren.
  • Die Durchführungsverordnung 2025/1476, durch die Anhang I der Verordnung (EU) 269/2014 ergänzt wird, die im wesentlichen personenbezogene Finanzsanktionen regelt.
  • Die Änderungsverordnung 2025/1472 ergänzt die Verordnung (EU) 765/2006 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Belarus und der Beteiligung von Belarus. Die weitgehenden Änderungen sollen die bisher umfangreicheren Handelsbeschränkungen gegen Russland auf Belarus erweitern.
  • Die Durchführungsverordnung 2025/1469 erweitert Anhang I zur Verordnung (EU) 765/2006, der natürliche und juristische Personen auflistet.

Folgende Rechtsänderungen sind aus diesen Sanktionsverordnungen besonders hervorzuheben:

Verbot von Transaktionen mit den Ostsee-Gas-Pipelines Nord Stream und Nord Stream 2

Die EU führt mit einem neuen Art. 5af in Verordnung (EU) 833/2014 ein vollständiges Transaktionsverbot bezogen auf die Pipelines Nord Stream und Nord Stream 2 ein. Dadurch wird die Fertigstellung, Instandhaltung, der Betrieb sowie jede zukünftige Nutzung der derzeit nicht in Betrieb befindlichen Pipelines verhindert. Absätze 2 und 3 sehen jedoch Ausnahmen und Genehmigungsmöglichkeiten vor. Ein solches Transaktionsverbot in Bezug auf einen Vermögensgegenstand und nicht – wie üblich – in Bezug auf eine Person oder ein Unternehmen, stellt ein neues Sanktionsinstrument dar, das erstmals im Rahmen des 17. Sanktionspakets genutzt wurde, aber dort mangels Listung im dazugehörigen Anhang noch nicht zur praktischen Anwendung kam (siehe dazu bereits unser Beitrag zum 17. Sanktionspaket).

Senkung der Preisobergrenze für russisches Rohöl

Die Preisobergrenze für russisches Rohöl wird von bislang 60 US-Dollar auf 47,60 US-Dollar pro Barrel gesenkt und so an das aktuelle weltweite Preisniveau angepasst. Zudem führt der neue Art. 3 Abs. 11 der Verordnung (EU) 833/2014 einen automatischen und dynamischen Anpassungsmechanismus ein, der sicherstellen soll, dass die Preisobergrenze wirksam bleibt und regelmäßig überprüft wird. Der neue Mechanismus bestimmt die Grenze in Abhängigkeit vom durchschnittlichen Marktpreis für russisches Rohöl. Die geänderte Preisobergrenze gilt ab dem 1. August 2025. Der neue Mechanismus soll bis zum 15. April 2026 evaluiert werden.

Verschärfung der Sanktionen gegen die russische Schattenflotte

Das 18. EU-Sanktionspaket weitet die Maßnahmen gegen die russische Schattenflotte entlang der gesamten Lieferkette aus. Die Flotte besteht aus Hunderten veralteter und oft unzureichend gewarteter Tanker, die Russland zur Umgehung der Ölpreisobergrenze nutzt, um Rohöl unter anderem nach Indien zu exportieren. Ziel der neuen Maßnahmen ist es, die gesamte logistische und wirtschaftliche Infrastruktur hinter diesen Umgehungsgeschäften zu erfassen.

Die EU hat zu diesem Zweck Anhang XLII der Verordnung (EU) 833/2014, der die in Art. 3s genannten Schiffe der Schattenflotte auflistet, um 105 weitere Schiffe ergänzt – betroffen sind insbesondere nicht in der EU registrierte Tanker, die Öltransporte außerhalb der Preisobergrenze durchführen, militärische Ausrüstung befördern oder gestohlenes ukrainisches Getreide transportieren. Die Gesamtzahl der gelisteten Schiffe steigt damit auf 444. Für diese Schiffe gilt gemäß Art. 3s Abs. 1 ein Zugangsverbot zu EU-Häfen sowie ein umfassendes Dienstleistungsverbot im maritimen Bereich.

Daneben werden auch Unternehmen und natürliche Personen sanktioniert, die im Zusammenhang mit der Schattenflotte stehen. So werden erstmals russische und internationale Unternehmen sanktioniert, die Schiffe der Schattenflotte betreiben oder in den Handel mit russischem Rohöl eingebunden sind. Dazu zählt unter anderem ein großer Raffineriebetrieb in Indien, bei dem Rosneft Hauptanteilseigner ist. Bemerkenswert ist zudem die erstmalige Aufnahme von natürlichen Personen mit Verbindungen zur Schattenflotte in Anhang I der Verordnung (EU) 269/2014, darunter der Kapitän eines Schattenflotten-Schiffes sowie der Betreiber eines internationalen Flaggenregisters, das Umgehungshandlungen erleichtert haben soll. Darüber hinaus wurde auch ein Unternehmen aus dem russischen LNG-Sektor (Flüssigerdgas) sanktioniert – ein weiteres Signal, dass die EU ihre Maßnahmen auch auf alternative russische Energieexportwege ausdehnt.

Ausweitung der Ein- und Ausfuhrbeschränkungen

Im Rahmen des 18. EU-Sanktionspakets hat die EU mit einem neuen Art. 3ma zur Verordnung (EU) 833/2014 ein umfassendes Importverbot für raffinierte Erdölprodukte eingeführt, die aus russischem Rohöl hergestellt wurden und aus Drittstaaten in die EU gelangen – mit Ausnahmen für die im neu geschaffenen Anhang LI gelisteten Staaten Kanada, Norwegen, die Schweiz, das Vereinigte Königreich und die USA. Das Importverbot für Erdölprodukte folgt der Systematik des Importverbots für Eisen und Stahl und sieht dementsprechend ebenfalls eine Nachweispflicht des Einführers über das Ursprungsland des Rohöls vor. Ziel dieser Maßnahme ist es, eine Umgehung der bestehenden Rohöl-Sanktionen zu verhindern und den Zugang russischer Energieprodukte zum EU-Markt weiter einzuschränken. Das neue Importverbot gilt ab 1. Januar 2026.

Vollständiges Transaktionsverbot und Ausweitung auf weitere Banken

Mit dem 18. Sanktionspaket verschärft die EU zudem erneut ihre Maßnahmen gegenüber dem russischen Finanzsektor. So wird der Anwendungsbereich des Verbotes aus Art. 5h Abs. 1 Verordnung (EU) 833/2014 auf alle Arten von Transaktionen ausgeweitet. Während der Ausschluss russischer Banken vom SWIFT-System den internationalen Zahlungsverkehr bereits erschwert hatte, soll das neue Maßnahmenpaket sämtliche Transaktionen mit den sanktionierten Instituten wirksam unterbinden.

Das Transaktionsverbot erstreckt sich durch Ergänzung des Anhang XIV auf 22 weitere russische Banken – zusätzlich zu den 23 bereits sanktionierten Instituten. Dies umfasst auch Banken, die über alternative Finanznachrichtendienste wie das von der russischen Zentralbank entwickelte SPFS agieren. Die EU schließt damit gezielt Umgehungsmöglichkeiten. Ebenfalls beinhaltet das Paket in Form des neuen Art. 5ag ein umfassendes Transaktionsverbot mit dem Russian Direct Investment Funds (RDIF), dessen Tochterunternehmen sowie mit Unternehmen, in die der RDIF investiert hat. Diese Maßnahme dient der weiteren Einschränkung des russischen Zugangs zu internationalen Finanz- und Kapitalmärkten.

Zugleich senkt sie die Schwelle für Sanktionen gegen Finanz- und Kreditinstitute sowie Anbieter von Krypto-Vermögenswertdiensten in Drittstaaten, die im Widerspruch zu den EU-Sanktionen stehen. Gelistet werden können insbesondere solche Akteure, die EU-Sanktionen umgehen, Russland finanzielle Unterstützung leisten oder an der Nutzung des SPFS beteiligt sind. Bei einer entsprechenden Listung in Anhang XLV oder L gilt ein Transaktionsverbot mit den drittländischen Unternehmen. Gelistet sind in Anhang XLV bislang zwei chinesische Finanzinstitute; Anhang L ist noch nicht befüllt.

Abschließend wurde in Art. 5n Abs. 2b ein neues Exportverbot für bestimmte Softwareprodukte mit Anwendungen im Bank- und Finanzsektor eingeführt. Dieses betrifft insbesondere Softwaremanagementsysteme und Finanzsoftware, deren Einsatz die Stabilität oder Funktionsfähigkeit des russischen Finanzsystems stützen könnte.

Vorgehen gegen den militärisch-industriellen Komplex

Durch die Verordnung unterliegen 26 weitere Unternehmen – davon elf mit Sitz in Drittstaaten außerhalb Russlands (sieben in China und Hongkong, vier in der Türkei) – durch Aufnahme in Anhang IV der VO (EU) 833/2014 verschärften Exportbeschränkungen im Bereich sogenannter Dual-Use-Güter sowie sonstiger sensitiver Technologien. Anlass ist die Verstrickung der betroffenen Unternehmen bei der Umgehung bestehender Exportkontrollen, etwa im Zusammenhang mit der Lieferung von Komponenten für unbemannte Luftfahrzeuge (UAVs).

Flankierend hierzu hat die EU weitere Exportverbote im Umfang von über 2,5 Milliarden Euro beschlossen. So enthält der sich auf das Exportverbot aus Art. 2a beziehende Anhang VII nun auch CNC-Maschinen (Computerized Numerical Control) sowie chemische Vorprodukte für die Herstellung von Treibmitteln, die unmittelbar für die Entwicklung und Produktion russischer Waffensysteme genutzt werden können, aufgenommen. Für diese gelten nun die in Art. 2a Abs. 1 und Art. 2b Abs. 1 enthaltenen Verbote.

Zudem sollen indirekte Lieferungen der in Anhang VII gelisteten Güterüber Russland konsequent unterbunden werden. Dafür wurde zum einen das bestehende Transitverbot über russisches Territorium in Art. 2a Abs. 1a durch Ergänzung von Teil B des Anhang VII auf acht weitere wirtschaftlich kritische Güter ausgedehnt, insbesondere solche mit Relevanz für den Bau- und Transportsektor.  Zum anderen wurde in Art. 2a Abs. 1aa ein neues Verbot für die Ausfuhr von in Anhang VII gelisteten Gütern in andere Drittländer als Russland eingeführt, sofern der Ausführer von der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats darüber unterrichtet wurde, dass Güter für eine Verwendung in Russland bestimmt sein können. Es bleibt abzuwarten, in welchem Umfang die Mitgliedstaaten von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werden, der potenziell auch den Handel mit anderen Drittstaaten als Russland einschränken könnte.

Schutzmaßnahmen vor Schiedsverfahren

Eine weitere Neuerung ist die Einführung von Schutzmaßnahmen im Zusammenhang mit Investor-state dispute settlement (ISDS) – u. a. im neuen Art. 11e die Möglichkeit für Mitgliedstaaten, Ersatz für Schäden zu verlangen, die ihnen infolge solcher Verfahren entstanden sind.

Belarus

Das 18. EU-Sanktionspaket erweitert auch die Maßnahmen gegen Belarus. Insbesondere passt das Paket die gegen das Land verhängten Handelsbeschränkungen nun an den umfangreichen Sanktionen gegen Russland an.

Ausblick

Mit dem 18. Sanktionspaket verschärft die EU ihren wirtschaftlichen und politischen Druck auf Russland erneut. Ziel der Maßnahmen ist es, die wirtschaftliche Schlagkraft Russlands weiter zu schwächen und es an den Verhandlungstisch zu bewegen. Im Zentrum stehen dabei insbesondere weitreichende Maßnahmen gegen den Energie- und Bankensektor sowie gezielte Sanktionen gegen die russische Rüstungsindustrie.

Neben der symbolträchtigen Sanktionierung der Nord Stream-Pipelines setzt das Paket mit der Senkung der Ölpreisobergrenze, der Ausweitung der vollständigen Transaktionsverbote und erweiterten Aus- und Einfuhrbeschränkungen klare Signale.

Auch wenn viele Maßnahmen auf bestehende Sanktionsmechanismen aufbauen, markiert das Paket einen weiteren Schritt in der konsequenten Strategie der EU, Russland dauerhaft von zentralen internationalen Märkten und Technologien abzuschneiden. Das 18. Sanktionspaket beschränkt sich nicht nur auf Maßnahmen gegen Russland selbst, sondern betrifft erneut auch Unternehmen in Drittstaaten, die die Umgehung der EU-Sanktionen ermöglichen. Die Sanktionierungen von chinesischen Unternehmen wurden von China scharf kritisiert und mögliche Gegensanktionen angedroht.

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