Arbeitsrecht

Bundestariftreuegesetz

Der Kabinettsentwurf zum Bundestariftreuegesetz (BTTG-E) liegt vor. Nach dem Entwurf müssen Unternehmen, die zukünftig öffentliche Aufträge des Bundes erhalten wollen, tarifvertragliche Arbeitsbedingungen einhalten und sicherstellen, dass auch ihre Nachunternehmer dies gewährleisten. Im Falle eines Verstoßes drohen Vertragsstrafen und der Ausschluss von Vergabeverfahren.

Umsetzungsstand

Mit dem Entwurf zum BTTG greift die schwarz-rote Koalition ein Projekt aus dem Koalitionsvertrag auf. Bereits die Ampel-Regierung hatte ein Gesetzgebungsverfahren für ein BTTG auf den Weg gebracht, das aber nicht mehr abgeschlossen werden konnte.

Das Thema Tariftreue blickt auf eine bewegte Geschichte zurück, wobei die Debatte insbesondere durch die Einführung des Mindestlohns entschärft bzw. verlagert wurde. Seit 2015 finden sich auf Landesebene für die Vergabe öffentlicher Aufträge in allen Bundesländern außer Bayern und Sachsen Tariftreueregelungen. Auf Bundesebene besteht seit September 2022 eine Tariftreueregelung der sozialen Pflegeversicherung bei der Zulassung von Pflegeeinrichtungen.

Am 6. August 2025 hat sich das Kabinett auf einen Referentenentwurf zum BTTG geeinigt. Derzeit wird der Gesetzentwurf innerhalb der Bundesressorts abgestimmt. Das Gesetz soll noch im Laufe des Jahres 2025 verabschiedet werden. Es bedarf der Zustimmung des Bundesrates.

Die wichtigsten Regelungen im Überblick

Das Gesetz soll für die Vergabe und Ausführung öffentlicher Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge sowie Konzessionen des Bundes ab einem geschätzten Auftragswert von EUR 50.000 gelten.

Ausgenommen sind insbesondere der Verteidigungs- und Sicherheitssektor sowie bestimmte Aufträge im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung durch die Länder. Bestehen entsprechende haushaltsrechtliche Vorgaben, die von der Verpflichtung zur Durchführung eines Vergabeverfahrens befreien, ist das BTTG nach § 1 Abs. 5 des Entwurfs nicht anzuwenden. Hiermit soll unter anderem die im Koalitionsvertrag vorgesehene Ausnahme für Start-Ups mit innovativen Leistungen in den ersten vier Jahren nach Gründung für Aufträge mit einem Auftragswert bis zu EUR 100.000 umgesetzt werden.

Im Geltungsbereich des Gesetzes müssen Auftragnehmer ihren zur Leistungserbringung eingesetzten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mindestens die tariflichen Arbeitsbedingungen gewähren, die in einer Rechtsverordnung festgelegt werden (Tariftreueversprechen). Dies umfasst insbesondere die Entlohnung, bezahlten Mindestjahresurlaub sowie Höchstarbeits-, Mindestruhe- und Ruhepausenzeiten. Arbeitnehmer erhalten einen gesetzlichen Anspruch auf die Einhaltung dieser tariflichen Arbeitsbedingungen, den sie arbeitsgerichtlich durchsetzen können.

Die Verpflichtung zur Einhaltung der tariflichen Arbeitsbedingungen erstreckt sich auch auf Nachunternehmer und von diesen beauftragte Verleiher. Auftragnehmer müssen durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass auch diese Unternehmen die Vorgaben erfüllen. Eine Erleichterung besteht in Konstellationen, in denen kein hinreichender Bezug zum eigentlichen Leistungsgegenstand vorliegt: Ausgenommen sind unmittelbare und mittelbare Zulieferer im Sinne des § 2 Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 und 3 i.V.m. Abs. 7 und 8 Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), soweit sie keine eigenen Verpflichtungen des Auftragsnehmers erfüllen. 

Auftragnehmer sind verpflichtet, die Einhaltung der Tariftreue zu dokumentieren und auf Verlangen nachzuweisen. Alternativ kann ein Zertifikat einer Präqualifizierungsstelle vorgelegt werden, das die Einhaltung der tariflichen Arbeitsbedingungen bestätigt.

Als Kontrollbehörde wird eine Prüfstelle Bundestariftreue eingerichtet. Bei Verstößen gegen die Tariftreue drohen Vertragsstrafen in Höhe von bis zu 10% des Auftragswerts. Ein fakultativer Ausschluss von künftigen Vergabeverfahren für bis zu drei Jahre und eine Eintragung in das Wettbewerbsregister drohen.

Von den Tariftreuepflichten des BTTG werden nur Vergabeverfahren erfasst, die nach Inkrafttreten des Gesetzes beginnen, nicht aber laufende Vergabeverfahren und -verträge.

Gleiss Lutz kommentiert

Hintergrund des vorliegenden Gesetzesvorhabens ist der Rückgang der Tarifbindung in Deutschland auf bundesweit inzwischen noch rund 49 %. Dies führt zu einem zunehmenden Wettbewerbsnachteil für tarifgebundene Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gegenüber nicht tarifgebundenen Unternehmen, die durch geringere Personalkosten günstigere Angebote abgeben können. Durch das BTTG soll der Verdrängungswettbewerb, der über Lohn- und Personalkosten geführt wird, eingeschränkt werden.

Dem BTTG wird mit gemischten Gefühlen entgegengeblickt. Während die einen schwere Eingriffe in die Koalitionsfreiheit konstatieren, werden für tarifgebundene Unternehmen, die sich in Vergabeverfahren in der Vergangenheit nicht gegenüber den günstigeren Angeboten nicht tarifgebundener Mitbewerber durchsetzen konnten, neue Chancen eröffnet.

Bisher nicht tarifgebundene Unternehmen, die auch in Zukunft an Vergabeverfahren teilnehmen oder als Nachunternehmer tätig werden wollen, sollten sich frühzeitig über die einschlägigen tariflichen Konditionen informieren. Bei Einsatz von Nachunternehmern muss beachtet werden, dass es in der Verantwortung des Auftragnehmers liegt, die Einhaltung der tariflichen Arbeitsbedingungen auch durch den Nachunternehmer sicherzustellen. Auftragnehmer sollten sich daher in Zukunft bei Ausführung öffentlicher, unter das BTTG fallender Aufträge durch Nachunternehmer von diesen das Zertifikat einer Präqualifizierungsstelle vorlegen lassen.

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