Arbeitsrecht

Widerrufsvorbehalt eines Dienstwagens während der Kündigungsfrist

Das BAG hat mit Urteil vom 12. Februar 2025 – 5 AZR 171/24 entschieden, dass eine Bestimmung in einem Formulararbeitsvertrag wirksam sei, nach der der Arbeitgeber den Privatgebrauch eines Dienstwagens während der Kündigungsfrist widerrufen kann. Im Rahmen der Ausübungskontrolle entspreche jedoch bei einem pauschal versteuerten Dienstwagen im Regelfall nur ein Widerruf zum Monatsende billigem Ermessen.

Sachverhalt

Der Kläger war bei der Beklagten als kaufmännische und operative Leitung tätig. Laut seines Arbeitsvertrags hatte der Kläger Anspruch auf die Überlassung eines Dienstwagens, den er auch privat nutzen durfte. Diese private Nutzung berücksichtigte die Beklagte in den Entgeltabrechnungen mit einem Prozent des Listenpreises des an den Kläger überlassenen Dienstwagens im Zeitpunkt der Erstzulassung. Der Formulararbeitsvertrag enthielt eine Klausel, nach der die Beklagte die private Nutzung des Dienstwagens widerrufen konnte, wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt ist und sie den Kläger berechtigt von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt hat. Zudem enthielt der Formulararbeitsvertrag das Recht der Beklagten, den Kläger nach Ausspruch einer Kündigung während der Kündigungsfrist freizustellen. Mit Schreiben vom 8. Mai 2023 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31. August 2023 aufgrund einer Umorganisation aus betriebsbedingten Gründen. Im Kündigungsschreiben stellte die Beklagte den Kläger von der Erbringung seiner Arbeitsleistung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist frei, widerrief die Privatnutzung des Dienstwagens und verlangte dessen Rückgabe bis zum 24. Mai 2023. Der Kläger kam dieser Aufforderung nach, verlangt jedoch von der Beklagten Nutzungsausfallentschädigung für Mai 2023 anteilig sowie für Juni bis August 2023.

Die Entscheidung

Der fünfte Senat des BAG sprach dem Kläger lediglich eine Nutzungsausfallentschädigung für den Zeitraum vom 23. bis zum 31. Mai 2023 zu. Die Regelung im Arbeitsvertrag des Klägers zum Widerruf des Dienstwagens halte einer AGB-Kontrolle stand und sei wirksam. Sie unterliege einer AGB-Kontrolle, da sie von dem Grundsatz abweiche, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das vereinbarte Arbeitsentgelt während des Arbeitsverhältnisses, mithin auch während der Kündigungsfrist zu zahlen habe. Die Regelung sei mit § 308 Nr. 4 BGB vereinbar. Die Klausel müsse transparent gefasst und klar und verständlich sein. Bei den Widerrufsgründen sei zumindest die Richtung anzugeben, aus der der Widerruf möglich sein soll. Die Regelung im Arbeitsvertrag des Klägers benenne die Freistellung nach einer Kündigung als Widerrufsgrund der Privatnutzung des Dienstwagens ausreichend klar. Sie sei dem Kläger auch zumutbar, da im Fall einer Freistellung auch die mit der privaten Nutzung verknüpfte dienstliche Nutzung des Dienstwagens entfalle. Eine Änderungskündigung sei nicht erforderlich, da die Privatnutzung des Dienstwagens weniger als 25% des regelmäßigen Verdienstes ausmache. Gleichfalls sei eine Ankündigungsfrist keine Wirksamkeitsvoraussetzung des Widerrufsvorbehalts.

Die Voraussetzungen des im Arbeitsvertrag geregelten Widerrufsvorbehalts lagen nach Ansicht des BAG vor. Die Beklagte habe den Kläger berechtigt von der Erbringung seiner Arbeitsleistung freigestellt. Der Beschäftigungsanspruch des Klägers stehe dem nicht entgegen. In einer Interessenabwägung überwiegen die unternehmerischen Belange der Beklagten zur Durchsetzung ihrer unternehmerischen Entscheidung. Jedoch entsprach die Ausübung des Widerrufsvorbehalts nach Ansicht des BAG nicht billigem Ermessen gem. § 315 Abs. 1 BGB. Der zu versteuernde geldwerte Vorteil könne nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG nur monatlich und nicht kalendertäglich angesetzt werden. Der Arbeitnehmer trage daher bei einer Rückgabe des Dienstwagens innerhalb des laufenden Monats die Steuerlast für den ganzen Monat und damit auch für die Zeit, in der er den Dienstwagen nicht mehr nutzen könne. Vor dem Hintergrund dieser Einkommensminderung entspreche im Regelfall nur ein Widerruf der privaten Nutzung des Dienstwagens zum jeweiligen Monatsende billigem Ermessen. Dementsprechend nahm das BAG eine Ersatzleistungsbestimmung gem. § 315 Abs. 3 BGB vor, nach der ein entschädigungsloser Widerruf der Privatnutzung des Dienstwagens zum 31. Mai 2023 durch die Beklagte erfolgen konnte.

Gleiss Lutz kommentiert

Das Urteil des fünften Senats verdeutlicht, dass Arbeitgeber sowohl die Inhalts- als auch die Ausübungskontrolle einer arbeitsvertraglichen Regelung im Blick behalten sollten. Arbeitgeber sind gut beraten, Vorbehalte zum Widerruf der Privatnutzung eines Dienstwagens in Arbeitsverträge aufzunehmen. Nach dem Ausspruch einer Kündigung haben Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran, dass der gekündigte Arbeitnehmer den Dienstwagen nicht mehr weiternutzt. Bei der Gestaltung solcher Widerrufsvorbehalte ist auf eine transparente und klare Benennung der Widerrufsgründe zu beachten. Die Ausübung des Widerrufs sollte nach der Entscheidung des BAG bei pauschal versteuerten Dienstwagen nur noch auf das Ende eines Kalendermonats erfolgen. Ob dies auch bei einem konkret versteuerten Dienstwagen gilt, hatte das BAG nicht zu entscheiden. Die Begründung des BAG liefert jedenfalls gute Argumente, dass die Privatnutzung eines konkret versteuerten Dienstwagens auch früher widerrufen werden kann.

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