Energie & Infrastruktur

Weitere nationale Umsetzungsmaßnahme zu RED III – Referentenentwurf eines zweiten Gesetzes zur Treibhausgasminderungsquote

Das Bundesumweltministerium hat am 19. Juni den Referentenentwurf eines zweiten Gesetzes zur Weiterentwicklung der Treibhausgasminderungs-Quote (THG-Quote) veröffentlicht. Das Gesetz dient der Umsetzung der Vorgaben der geänderten europäischen Richtlinie zu Erneuerbaren-Energien („RED III“) und verschärft damit die schon bereits mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der THG-Quote 2021 angepassten Anforderungen an die Erfüllung der THG-Quote. Dabei sieht der Referentenentwurf wesentliche Änderungen bezüglich der THG-Quotenregelung vor. Diese umfassen unter anderem eine schrittweise Anhebung der THG-Quote auf 53% bis zum Jahre 2040, eine Erweiterung des Kreises der THG-Verpflichteten auf Luft- und Schifffahrt sowie eine Abschaffung der sog. Doppelanrechnung. Außerdem soll mit sog. Vor-Ort-Kontrollen auf die jüngsten Entwicklungen hinsichtlich nicht valider Zertifikate aus China reagiert werden.

Hintergrund und Ziel

Mit dem Referentenentwurf eines zweiten Gesetzes zur Treibhausgasminderungsquote kommt die Bundesregierung ihrer schon am 21. Mai 2025 abgelaufenen Umsetzungsfrist der sog. Richtlinie zur Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen (sog. RED III, Richtlinie (EU) 2023/2413 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Oktober 2023 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2018/2001, der Verordnung (EU) 2018/1999 und der Richtlinie 98/70/EG im Hinblick auf die Förderung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Aufhebung der Richtlinie (EU) 2015/652) nach. Damit sollen stärkere Anreize für eine Minderung von Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor gesetzt werden, um die von der Bundesregierung und der Europäischen Union angestrebte Klimaneutralität bis 2050 im Sinne des „Fit for 55“-Paketes zu erreichen. 

Bereits 2021 hatte der Gesetzgeber Anpassungen an der THG-Quotenregelungen mit einem ersten Gesetz zur Weiterentwicklung der THG-Quote (BGBl. I S. 4458) vorgenommen, die damals schon wesentliche Änderungen umfasste, wie die schrittweise Anhebung der THG-Quote auf 25 % bis 2030 sowie Anpassungen von Anrechnungsmöglichkeiten diverser Kraftstoffe auf die Quote, wie die ab 2023 geltende Abschaffung einer Anrechnung von Biokraftstoffen aus Rohstoffen mit hohem Risiko einer Landnutzungsänderung (beispielsweise Palmöl). Diese waren aufgrund ihrer nachteiligen Umweltauswirkungen schon länger in die Kritik geraten.

Mit dem Referentenentwurf reagiert der Gesetzgeber auch auf die jüngst in der Kritik stehende Nutzung von sog. Upstream-Emissionsminderungsnachweisen („UER-Nachweisen“) aus China. Dabei handelt es sich um Emissionsminderungen, die in Klimaschutzprojekten im Bereich der Öl- und Gasförderung erzielt werden können und entstehen, bevor der Raffinerierohstoff (z.B. Rohöl oder Erdgas) in die Raffinerie oder Verarbeitungsanlage gelangt. Unternehmen, die der Treibhausgasquote unterliegen, konnten ab 2020 ihre Verpflichtungen teilweise mit solchen Nachweisen mindern. Dafür konnte ein Projektträger auf Antrag die Zustimmung des Umweltbundesamtes für eine Projekttätigkeit zur Minderung der Upstream-Emissionen erhalten und für seine Projekttätigkeit solche UER-Nachweise im UER-Register des Umweltbundesamtes ausstellen. Jüngst kam der Verdacht auf, dass ein aus China importierter Biodiesel nicht wie deklariert aus altem Speisefett oder Abwasser aus der Palmölproduktion bestünde, sondern aus Palmöl selbst, was seit 2023 verboten ist. Das Umweltbundesamt geht nun diesem Verdacht nach und leitet ggf. formelle Nachprüfungen ein. Außerdem reagierte der Gesetzgeber bereits mit einer Änderung der Verordnung zur Anrechnung von UER und einer Beendigung dieser Anrechnungsmöglichkeit mit dem Verpflichtungsjahr 2025. Für UER-Projekte, deren Antragsunterlagen nicht vollständig bis zum 1. Juli 2024 vorliegen, ist eine Anrechnung ebenfalls nicht mehr möglich. Als Reaktion auf diese Verdachtsfälle sieht nun auch der Referentenentwurf vor, dass nur solche Emissionsminderungen aus Biokraftstoffen und Kraftstoffen biogenen Ursprungs angerechnet werden dürfen, bei denen eine Vor-Ort-Kontrolle durch mitgliedstaatliche Behörden ermöglicht wird.

Zum Referentenentwurf

Wesentliche Änderungen

  • Erweiterung des Anwendungsbereichs um Luft- und Schifffahrt: Zu den wohl wichtigsten Änderungen des Entwurfs zählt die Erweiterung des Anwendungsbereichs der gesetzlichen THG-Quote. Müssen nach der derzeitigen Rechtslage lediglich die Inverkehrbringer von Diesel und Benzin die Quote erfüllen, erweitert der Entwurf diese Verpflichtung nun auf die Luft- und Schifffahrt, mithin auf alle Kraftstoffanbieter für alle Verkehrsbereiche. Zu den Normadressaten zählen damit auch Anbieter von Erdgas, Flüssiggasen und Flugturbinenkraftstoff zur Verwendung in Land- und Luftfahrzeugen. Eine solche Erweiterung forderten in der Vergangenheit bereits die deutschen Biokraftstoffverbände.

    Dadurch wird die gesonderte Quote für erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs (RFNBO), die eigentlich ab 2026 für den Flugverkehr verpflichtend gewesen wäre, ersetzt. Stattdessen setzt die Bundesregierung nun auf eine allgemeine Quote für alle Verkehrsbereiche. Der Referentenentwurf schlägt eine Quote von 1,5 % ab dem Jahr 2030 vor. Sie soll bis zum Jahr 2040 auf 12 % schrittweise angehoben werden. Allerdings ist zu beachten, dass die Kraftstoffanbieter im Schiffsverkehr zwar gleichermaßen diese Quote erfüllen müssen, ihnen dennoch eine andere Behandlung zuteilwerden solle. Die Bundesregierung begründet dies mit dem günstigeren Einsatz von erneuerbaren Energien im Schiffsverkehr und der damit einhergehenden Gefahr, dass ein zu großes Ungleichgewicht zwischen den getroffenen Einsparungen in den verschiedenen Bereichen entstehen könne.
     

  • Anhebung und Fortsetzung der THG-Quote bis 2040: Eine weitere gravierende Änderung ist die vom Entwurf vorgesehene Anhebung und Fortsetzung der THG-Quote bis zum Jahr 2040. Schrittweise soll sie auf 53 % angehoben werden, sodass der Anteil an erneuerbaren Energien nach der Berechnungsmethode der RED III über 77 % entspricht. Für das Jahr 2025 ist eine geringe Anhebung von 0,1 % und für das Jahr 2027 ein Plus von 0,5 % vorgesehen. Die restlichen Vorgaben bis zum Jahr 2030 bleiben unverändert. Ab 2030 erfolgt die Anhebung in 2 %-Schritten bis zu einer Minderungsquote von 37 % im Jahr 2036. Danach folgen für 2037 und 2038 Stufen in Höhe von 3 % sowie für das Jahr 2039 in Höhe von 4 %. Schließlich soll ein Niveausprung im Jahr 2040 von 47 % (2039) auf 53 %, d.h. in Höhe von 6 % erfolgen. Eine zeitliche Verlängerung der THG-Quote wurde mit Blick auf mehr Planungssicherheit der Branche auch in der Vergangenheit befürwortet.

    Ebenfalls nennenswert ist die Anhebung der (Unter-)Quote für fortschrittliche Biokraftstoffe. Als fortschrittliche Biokraftstoffe gelten solche aus Abfall- und Reststoffen, wie bspw. Algen, Stroh, Klärschlamm oder Nussschalen. Die Bundesregierung sieht in ihrem Entwurf eine Definitionserweiterung um u.a. Fuselöle aus der Alkoholdestillation und Cyanobakterien vor. Die Unterquote ist – neben weiteren umfangreichen Regelungen – Teil des Lösungsweges zur Erreichung der THG-Minderung. Die Kraftstoffanbieter müssen jährlich eine bestimmte Menge von den fortschrittlichen Biokraftstoffen in den Verkehr bringen. Dieser Mindestanteil soll ab 2026 erhöht werden: Der Entwurf sieht eine Verdopplung der Quote von 1 % auf 2 % für das Jahr 2026, eine Erhöhung von 1,7 % auf 2,5 % für 2028 und für das Jahr 2030 einen Mindestanteil von 3 % vor, was einem Plus von 0,4 % im Vergleich zur derzeitigen Regelung entspricht.
     

  • Beendigung der Doppelanrechnung und der Anrechnung von Sojaöl sowie Reststoffen und Nebenprodukten von Palmöl: Ferner ergibt sich aus dem Entwurf die Abschaffung der sog. Doppelanrechnung. Übersteigen die von den Verpflichteten in Verkehr gebrachten fortschrittlichen Biokraftstoffe den Mindestanteil, konnten die Anbieter bisher die feststehende Unterquote doppelt auf die THG-Quote anrechnen lassen. Das ist nach dem Entwurf nun nicht mehr möglich. Vorgesehen ist lediglich ein (auch derzeit möglicher) Antrag auf Anrechnung ihrer energetischen Menge auf den Mindestanteil des folgenden Verpflichtungsjahres. Fundament der gesetzgeberischen Begründung ist das Argument, dass die Kraftstoffe in den vergangenen Jahren in hohem Maße eingesetzt worden seien, was auf eine entsprechende Marktverfügbarkeit schließen lasse. Es sei deswegen kein weiterer Anreiz neben der festgelegten Anrechnungsmöglichkeit erforderlich.

    Ebenfalls beendet wird die Möglichkeit, Sojaöl sowie Reststoffe, Abfallstoffe und Nebenprodukte der Palmölproduktion auf die THG-Quote anzurechnen. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass insbesondere die (konventionelle) Soja- und Palmölproduktion erhebliche negative Einflüsse auf Natur und Umwelt haben. Eine Anrechnung von Palmöl selbst ist zwar bereits seit 2023 nicht mehr möglich, die entstandenen Rest- und Abfallstoffe sowie Nebenprodukte jedoch schon. Die Bundesregierung will mit ihrem neuen Entwurf v.a. mit Blick auf die nichtnachhaltige Palmölproduktion eine solche „Quersubventionierung" nun unterbinden.
     

  • Umgestaltung des Mechanismus zur Anpassung der THG-Quote: Zusätzlich gestaltet der Entwurf den Anpassungsmechanismus der THG-Quote in § 37h BImSchG grundlegend um. Die Bundesregierung setzt dabei auf mehr Flexibilität, um auf (ein hohes Maß an) Übererfüllungen durch die Verpflichteten und Entwicklungen der anderen Erfüllungsoptionen besser reagieren zu können. Erreichen die Übererfüllungen in einem Jahr ein bestimmtes Niveau, soll der Gesetzgeber laut dem Entwurf die THG-Quote durch Rechtsverordnung anheben können. Ausschlaggebend für diese Modifizierung ist auch die hohe THG-Übererfüllung in den vergangenen Jahren aufgrund eines als „fortschrittlich“ deklarierten, mutmaßlich nicht validen Biokraftstoffs aus China und der dadurch verursachten Preissenkung für THG-Zertifikate.
     
  • Keine Anrechnung von Emissionsminderungen ohne Vor-Ort-Kontrolle: Die Thematik der „Betrugsprävention“ wird auch an anderer Stelle des Entwurfs von der Bundesregierung aufgegriffen. So sollen u.a. Biokraftstoffe und erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs aus Produktionsanlagen, die eine Vor-Ort-Kontrolle während der üblichen Betriebs- und Geschäftszeiten durch eine mitgliedstaatliche Kontrollbehörde nicht ermöglichen, nicht auf die THG-Quote angerechnet werden können. Gleiches soll für fortschrittliche Biokraftstoffe hinsichtlich der Unterquote gelten.
     
  • Absenkung der Obergrenze für Biokraftstoffe aus Nahrungs- und Futtermitteln: Zu den wesentlichen Änderungen zählt auch die Absenkung der Obergrenze für Biokraftstoffe aus Nahrungs- und Futtermitteln. Ist in dem derzeit geltenden § 13 der 38. BImSchV eine starre Obergrenze von 4,4 % seit dem Jahr 2022 vorgesehen, sieht der Entwurf eine Absenkung in 2 Schritten vor: Ab 2028 darf der energetische Anteil von diesen Biokraftstoffen nur 3,5 % und ab 2030 nur noch 3 % betragen. Die Bundesregierung zielt damit einerseits auf die Verhinderung bzw. Verringerung von schädlichen Umwelteinwirkungen ab. Andererseits will sie einen Anreiz zur Nutzung von nachhaltigeren Erfüllungsoptionen (z.B. grünem Wasserstoff) schaffen.

    Zu beachten ist: Die prozentuale Obergrenze bleibt zwar bis zur ersten Absenkung 2028 gleich, die absolute Menge an Biokraftstoffen aus Nahrungs- und Futtermittel würde jedoch aufgrund der Erweiterung des Adressatenkreises auf alle Verkehrsbereiche steigen. Um das zu verhindern, bestimmt die Bundesregierung eine Berechnung der prozentualen Grenze (weiterhin) lediglich anhand der energetischen Menge von Benzin und Diesel zur Verwendung in Landfahrzeugen (zzgl. eingesetzter Erfüllungsoptionen).
     

  • Verschiebung des Evaluierungsberichts der Bundesregierung und der Mitteilungsfrist der Verpflichteten: Der derzeitige § 37g S. 2 BImSchG sieht vor, dass die THG-Quote erstmalig bis zum 31. März 2024 und dann alle zwei Jahre von der Bundesregierung evaluiert wird, sodass 2026 der nächste Bericht an den Bundestag erforderlich würde. Diese Frist soll verschoben werden. Die Bundesregierung beruft sich darauf, dass der Bericht im Jahr 2026 zeitlich zu nah an dem Inkrafttreten des neu entworfenen Gesetzes mit seinen weitrechenden Änderungen läge und aus diesem Grund nicht sinnvoll wäre. Vielmehr soll eine Evaluierung erst im Jahr 2028 stattfinden.

    Außerdem soll für die rechtzeitige Erfüllung der Mitteilungspflicht der Verpflichteten nach § 37c BImSchG nicht mehr der 15. April des auf das Verpflichtungsjahr folgenden Kalenderjahres maßgeblich sein, sondern der 1. Juni des auf das Verpflichtungsjahr folgenden Kalenderjahres.

Fazit und Ausblick

Mit der weiteren Verschärfung der THG-Quote und Vor-Ort-Kontrollen reagiert der Gesetzgeber hinsichtlich der Übererfüllung der Quoten und der damit verbundenen Preissenkung von THG-Zertifikaten auf den jüngst aufgekommenen Verdacht der Verwendung nicht valider Zertifikate aus China und nimmt neben den schon 2021 vorgenommen Änderungen weitere Anpassungen vor. Darunter ist insbesondere die Erweiterung des Anwendungsbereiches der THG-Quote auf die Luft- und Schifffahrt zu nennen, für die nun ebenfalls die Emissionsminderungsvorgaben gelten. Im Übrigen bleibt der Gesetzgeber jedoch hinsichtlich der vorgeschlagenen Quote für erneuerbare Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs hinter anderen Mitgliedstaaten zurück und orientiert sich an den Mindestanforderungen der Richtlinie. Auch die THG-Quote wird schrittweise bis zum Jahre 2040 auf bis zu 53 % angepasst. Ob trotz dieser deutlichen Anhebung die anvisierte Klimaneutralität bis zum Jahre 2050 erreicht werden kann, bleibt indes fraglich.

Weiterleiten
Keep in Touch

Keep in Touch
Gleiss Lutz informiert

Gerne nehmen wir Sie auf unseren Verteiler auf und informieren Sie über aktuelle Rechtsentwicklungen und Veranstaltungen.

Jetzt anmelden