Arbeitsrecht

Nachweisgesetz: Textform endlich auch in Deutschland?

Erfreuliche Nachrichten aus dem Bundesjustizministerium: Der Minister Dr. Marco Buschmann teilte am 21. März 2024 in einem Rundschreiben mit, dass der Nachweis über die wesentlichen Arbeitsbedingungen nach dem Nachweisgesetz zukünftig statt in strenger Schriftform auch in Textform möglich sein soll. Die Regierungskoalition habe sich über entsprechende Änderungen verständigt.

Bisher schriftlich, in Zukunft digital?

Während die europäische Arbeitsbedingungen-Richtlinie für den verpflichtenden Nachweis eine Information in elektronischer Form als ausreichend erachtet, hat sich Deutschland bekannter Weise und zum Leid vieler – als einziger Mitgliedstaat – für die strengere Schriftform entschieden. Nach § 2 Abs. 1 NachwG sind die Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, wobei die elektronische Form ausdrücklich ausgeschlossen ist. Nach § 3 NachwG gilt dies grundsätzlich auch für Änderungen der wesentlichen Vertragsbedingungen. Seit dem Jahr 2022 sind Verstöße bußgeldbewehrt. In der Praxis führt das dazu, dass Arbeitgeber entweder ihre Arbeitsverträge (wieder) auf Papier unterzeichnen oder zwar die Arbeitsverträge elektronisch abschließen, aber zusätzliche, auf Papier unterzeichnete Schreiben mit Hinweisen zu den wesentlichen Arbeitsbedingungen ausstellen. Arbeitgeber nutzen diese gesonderten Nachweisschreiben, um ihre Arbeitsverträge nicht mit aus ihrer Sicht unwesentlichen Angaben, wie zum Beispiel Tätigkeitsbeschreibungen oder Hinweisen auf die Frist zur Kündigungsschutzklage, zu überfrachten.

Im Januar 2024 wurden Änderungspläne bekannt, dass auch ein in elektronischer Form nach § 126a BGB geschlossener Arbeitsvertrag, also ein Vertrag mit qualifizierter elektronischer Signatur, der in ausdruckbarem Format übermittelt wurde, als Nachweis genügen solle. Das Bundeskabinett hatte am 13. März 2024 einen entsprechenden Regierungsentwurf im Vierten Bürokratieentlastungsgesetz („BEG IV“) beschlossen.

Am 21. März 2024 teilte Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann (FDP) mit, dass in den Verhandlungen zum Nachweisgesetz ein Durchbruch erzielt worden sei: „Der Ersatz der Schriftform durch die Textform im Nachweisgesetz“. Laut der Mitteilung soll „im Nachweisgesetz künftig der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in Textform ermöglicht werden, sofern das Dokument für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber einen Übermittlungs- oder Empfangsnachweis erhält“. Bundesjustizminister Buschmann weiter: „Dadurch wird klargestellt, dass durch die Übermittlung des Nachweises in Textform den Anforderungen des Nachweisgesetzes vollumfänglich Genüge getan wird.“ Schriftform soll jedoch weiterhin erforderlich sein, wenn die Arbeitnehmer dies verlangen oder in den Wirtschaftsbereichen oder Wirtschaftszweigen nach § 2a Abs. 1 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes tätig sind, d.h. unter anderem im Bau-, Gaststätten- und Speditionsgewerbe.

Gleiss Lutz kommentiert

Anders als der Eindruck erweckt wird, können Arbeitsverträge auch bislang digital, d.h. auch per E-Mail oder gar mündlich vereinbart werden. Die Schriftform ist nur in bestimmten Fällen Wirksamkeitsvoraussetzung, insbesondere für Befristungsabreden und bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten. Mit der Einführung des Bußgeldtatbestands in § 4 NachwG im Jahr 2022 haben jedoch viele Arbeitgeber Abstand von digitalen Arbeitsverträgen genommen.

Es ist sehr zu begrüßen, dass die Regierungsparteien Bürokratie im Arbeitsrecht abbauen möchten. Wird die angekündigte Änderung umgesetzt, dürften Arbeitgeber in Zukunft (wieder) verstärkt auf digitale Arbeitsverträge setzen. Die im bisherigen Regierungsentwurf vorgesehene elektronische Form nach § 126a BGB hätte praktisch kaum Auswirkungen gehabt. Die Textform hat demgegenüber praktisch erhebliche Relevanz, da dem Nachweisgesetz so durch Mitteilungen per E-Mail oder über ein Portal im Intranet genügt werden könnte. Einen Wermutstropfen könnte das Gesetz jedoch nach wie vor haben: Der Regierungsentwurf sieht bislang keine Änderung der Form für gesonderte Nachweisschreiben vor. Die Mitteilung des Bundesjustizministers liest sich, als würde die Schriftform im Nachweisgesetz insgesamt, also auch für gesonderte Nachweisschreiben, durch die Textform ersetzt. Angesichts des anders formulierten Regierungsentwurfs bleibt das jedoch abzuwarten. Zu begrüßen wäre es: Es überzeugt nicht, unterschiedliche Formen für Nachweise in Arbeitsverträgen und separate Schreiben vorzusehen.

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