Außenwirtschaftsrecht

Außenwirtschaftsrecht Update: 10. Sanktionspaket der EU gegen Russland in Kraft getreten

Anlässlich des Jahrestags des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine sind am 25. Februar 2023 weitere Wirtschaftssanktionen der EU gegen Russland in Kraft getreten. Das nunmehr bereits zehnte Sanktionspaket verschärft die bestehenden Sanktionen aus den Sanktionspaketen vom 16. Dezember 2022 (Beitrag vom 22. Dezember 2022) sowie vom 6. Oktober 2022 (Beitrag vom 10. Oktober 2022), vom 21. Juli 2022 (Beitrag vom 28. Juli 2022), vom 3./4. Juni 2022 (Beitrag vom 9. Juni 2022), vom 9. April 2022 (Beitrag vom 12. April 2022), vom 16. März 2022 (Beitrag vom 18. März 2022), vom 28. Februar / 2. März 2022 (Beitrag vom 7. März 2022) und vom 24. und 26. Februar 2022 (Beitrag vom 28. Februar 2022).

Mit dem zehnten Sanktionspaket verfolgt die EU das Ziel, weiteren wirtschaftlichen und finanziellen Druck auf Russland auszuüben und dessen militärische und technologische Möglichkeiten der Kriegsführung weiter zu beschränken. Zu diesem Zweck hat die EU insbesondere weitere Import- und Exportverbote verhängt sowie die personenbezogenen Sanktionen erneut erweitert. Hervorzuheben ist, dass erstmals auch iranische Hersteller, die Russland mit unbemannten Luftfahrzeugen (sog. Drohnen) beliefert haben, mit restriktiven Maßnahmen belegt werden. Parallel hierzu setzt die EU auf weitere Erleichterungen für die Beendigung des Russlandgeschäfts europäischer Unternehmen und den vollständigen Rückzug aus dem russischen Markt.

EU-Sanktionen

In ihrem zehnten Sanktionspaket (Verordnung (EU) 2023/426, Verordnung (EU) 2023/427, Durchführungsverordnung (EU) 2023/428, Durchführungsverordnung (EU) 2023/429, Durchführungsverordnung (EU) 2023/430) nimmt die EU weitere Verschärfungen und Anpassungen vor allem der Russland-Embargoverordnungen vor. Dies betrifft insbesondere die personenbezogenen Sanktionen in der Verordnung (EU) 269/2014 und die handelsbezogenen Sanktionen in der Verordnung (EU) 833/2014.

I. Personenbezogene Sanktionen

Die EU hat die personenbezogenen Sanktionen im Vergleich zum Stand vom 16. Dezember 2022 um weitere 87 Personen und 34 Organisationen ausgedehnt, sodass derzeit insgesamt über 1600 Personen und Organisationen betroffen sind. Durch die Verordnung (EU) Nr. 269/2014 werden Gelder und wirtschaftliche Ressourcen, die im Eigentum oder Besitz der in Anhang I aufgeführten Personen sind, eingefroren. Ferner dürfen diesen Personen weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder zugutekommen (sog. Bereitstellungsverbot). Für natürliche Personen gilt zusätzlich ein Reiseverbot in und durch die EU-Gebiete (siehe dazu bereits unsere Newsletter vom 7. März 2022, vom 12. April 2022 und vom 9. Juni 2022).

  • Mit dem zehnten Sanktionspaket wurde die Liste im Anhang I der Verordnung (EU) 269/2014 vor allem um solche Personen und Organisationen erweitert, die im russischen Militär- und Verteidigungssektor tätig sind, insbesondere Mitglieder des Föderationsrates, Duma-Abgeordnete, Beamte in Führungspositionen sowie Vertreter des russischen Rüstungssektors. Mehrere Neulistungen betreffen (erstmals) iranische Personen und Organisationen, die an der Entwicklung und Lieferung von Drohnen und Bauteilen zur Unterstützung des russischen Militärs beteiligt sind. Zudem werden Mitglieder der russischen Söldnergruppe Wagner mit Sanktionen belegt.
     
  • Parallel dazu geht die EU auch gegen Aktivitäten der Söldnergruppe Wagner in anderen Ländern wie etwa Mali und der Zentralafrikanischen Republik vor. Mit Durchführungsverordnung (EU) 2023/7428 und Durchführungsverordnung (EU) 2023/430 werden zusätzliche 16 (russische aber auch nicht-russische) Personen und Organisationen, die mit den Tätigkeiten der Söldnergruppe Wagner in Afrika in Verbindung stehen, mit personenbezogenen Sanktionen belegt.

Seit dem Maßnahmenpaket vom 21. Juli 2022 (Beitrag vom 28. Juli 2022) sind Dritte, d.h. nicht gelistete Personen, Einrichtungen und Organisationen, verpflichtet, Informationen im Zusammenhang mit in der EU belegenen Vermögenswerten von mit personenbezogenen Sanktionen Betroffenen zu melden (Art. 8 Verordnung (EU) 269/2014). Juristische und natürliche Personen mit Sitz bzw. Wohnsitz in Deutschland haben diese Meldung gegenüber dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) abzugeben. Diese Meldepflicht wird mit Durchführungsverordnung (EU) 2023/426 weiter ausdifferenziert.
Zudem gelten gesteigerte Pflichten für Zentralverwahrer im Sinne der VO (EU) 909/2014, die ein Wertpapierliefer- und -abrechnungssystem betreiben. Um nötige Anpassungen zur Umsetzung dieser Änderungen zu erlauben, gelten die neuen Anforderungen erst ab dem 26. April 2023. Im Einzelnen:

  • Die Meldepflicht bezieht sich nunmehr auch auf bestimmte in der Vergangenheit liegende Sachverhalte. Adressaten der Meldepflicht sind verpflichtet, insbesondere etwaige Vermögensbewegungen, Transfers, Veränderungen und Verwendungen, die in den zwei Wochen vor der Aufnahme der jeweiligen Person, Einrichtung oder Organisation in Anhang I Verordnung (EU) 269/2014 stattgefunden haben, zu melden.
  • Für die Abgabe von Meldungen über in der EU belegene Vermögenswerte wird eine einheitliche Frist von zwei Wochen ab Erhalt der relevanten Informationen festgelegt.
  • Ein neuer Art. 8 Abs. 1a Verordnung (EU) 269/2014 regelt die Mindestangaben, die eine Meldung enthalten muss (u.a. Name, Anschrift und Mehrwertsteuer- oder Steueridentifikationsnummer, Betrag oder Marktwert sowie Art der relevanten Vermögenswerte).
  • Für Zentralverwahrer gelten gesteigerte Anforderungen. Die sie treffende Meldepflicht bezieht sich neben Informationen im Zusammenhang mit in der EU belegenen Vermögenswerten zusätzlich auf Informationen über außerordentliche und unvorhergesehene Verluste und Schäden im Zusammenhang mit den betreffenden Vermögenswerten. Überdies trifft sie neben der ad-hoc Meldepflicht innerhalb der vorgegebenen zwei Wochen (s.o.) die Pflicht alle drei Monate der zuständigen Behörde sowie unmittelbar auch der Kommission zu berichten.

II. Handelsbezogene Sanktionen

Auch im Bereich der handelsbezogenen Sanktionen hat die EU erneut erhebliche Ausweitungen und Verschärfungen beschlossen:

  • Erweiterte Exportbeschränkungen gelten in erster Linie für Güter, die zur militärischen und technologischen Stärkung der Russischen Föderation oder ihres Verteidigungs- und Sicherheits- Industriesektors beitragen können. Zu diesem Zweck wurden Exportbeschränkungen insbesondere im Hinblick auf Seltenerdmetalle und ihre Verbindungen, elektronische integrierte Schaltungen und Wärmebildkameras verhängt bzw. verschärft. Um Rechtssicherheit bei der Behandlung von Ausfuhren zu schaffen, gelten die erweiterten Exportbeschränkungen für die allermeisten neu aufgeführten Güter bis zum 27. März 2023 nicht für Verträge, die vor dem 26. Februar 2023 geschlossen wurden.
  • Ferner wird – zur Vermeidung des Risikos der Umgehung der restriktiven Maßnahmen – die Durchfuhr von aus der Union ausgeführten Gütern und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck (Dual Use) und Rüstungsgütern durch das Hoheitsgebiet Russlands untersagt. Die EU lässt zwar (genehmigungspflichtige) Ausnahmen von diesem Durchfuhrverbot zu, allerdings nur in engen Grenzen, etwa für humanitäre Zwecke, gesundheitliche Notlagen oder im Zusammenhang mit zwischenstaatlicher Zusammenarbeit bei Raumfahrtprogrammen.
  • Importbeschränkungen (Art. 3i Verordnung (EU) 833/2014) wurden abermals umfassend um die unterschiedlichsten Güter erweitert, die aus Sicht der EU zu erheblichen Einnahmen der Russischen Föderation beitragen und dadurch die Fortsetzung des Angriffskriegs gegen die Ukraine ermöglichen. Um Rechtssicherheit bei der Behandlung von Einfuhren zu schaffen, gelten die erweiterten Importbeschränkungen bis zum 27. Mai 2023 nicht für Verträge, die vor dem 26. Februar 2023 geschlossen wurden. Für bestimmte Produkte werden zudem Einfuhrkontingente geschaffen, die bis zum 30. Juni 2024 gelten.

III. Meldepflichten in Bezug auf Vermögenswerte und Reserven der russischen Zentralbank

Mit Verordnung (EU) 2023/427 wird eine neue Meldepflicht in Bezug auf Vermögenswerte und Reserven der russischen Zentralbank eingeführt:

  • Natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen mit Sitz in der EU, darunter ausdrücklich die Europäische Zentralbank, die nationalen Zentralbanken und Unternehmen der Finanzbranche werden verpflichtet, bestimmte Vermögenswerte und Reserven der russischen Zentralbank, die sie halten oder kontrollieren, oder bei denen sie Gegenpartei sind, zu melden (Art. 5a Abs. 4a Verordnung (EU) 833/2014).
  • Die Meldung hat an die nationalen Behörden und die Kommission zu erfolgen.
  • Für die Abgabe von Meldungen gilt eine Frist von zwei Wochen nach dem 26. Februar 2023.
  • Die Meldung hat bestimmte Mindestangaben zu enthalten (u.a. Name, Anschrift und Mehrwertsteuer- oder Steueridentifikationsnummer, Betrag oder Marktwert sowie Art der relevanten Vermögenswerte). Die mitgeteilten Informationen sind alle 3 Monate zu aktualisieren.

IV. Sanktionen im Energiebereich und im Bereich kritischer Infrastrukturen

Gänzlich neue Beschränkungen enthalten der mit dem zehnten Sanktionspaket zum Schutz kritischer Infrastrukturen eingeführte Art. 5o Verordnung (EU) 833/2014 und der zum Schutz der Gasversorgungssicherheit eingeführte Art. 5p Verordnung (EU) 833/2014:

  • Nach Art. 5o Abs. 1 Verordnung (EU) 833/2014 ist ab dem 27. März 2023 verboten, es russischen Staatsangehörigen und Personen mit Wohnsitz in Russland zu ermöglichen, Positionen in den Leitungsgremien der Eigentümer oder Betreiber von kritischen Einrichtungen und/oder Infrastrukturen nach der CER-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2022/2557) bzw. der EPSKI-Richtlinie (Richtlinie 2008/114/EG) zu bekleiden. Ausgenommen vom Verbot des Art. 5o Abs. 1 Verordnung (EU) 833/2014 sind lediglich solche Staatsangehörige oder Personen mit Wohnsitz in Russland, die (zugleich) Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaats, eines dem EWR angehörenden Landes oder der Schweiz sind. Nach dem Verordnungswortlaut („ermöglichen, … zu bekleiden“) ist nicht ganz eindeutig, ob es sich insoweit lediglich um ein „Neubesetzungsverbot“ handelt oder ob auch schon vor dem 27. März 2023 bestehende Besetzungen von Positionen in Leitungsgremien mit russischen Staatsangehörigen oder Personen mit Wohnsitz in Russland bis zum 27. März 2023 zu beenden sind.
  • Zur Gewährleistung der Gasversorgungssicherheit in der EU untersagt nunmehr der neue Art. 5p Verordnung (EU) 833/2014, in der EU Gasspeicherkapazitäten (ausgenommen: Speicherkapazitäten von Flüssigerdgasanlagen) bereitzustellen für russische Staatsangehörige, in Russland ansässige natürliche Personen oder in Russland niedergelassene juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen bzw. juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen, deren Anteile zu über 50 % unmittelbar oder mittelbar von einer der vorgenannten Personen gehalten werden oder auf Weisung einer der vorgenannten Personen handeln. Auch insoweit gilt eine Übergangsfrist bis zum 27. März 2023, innerhalb derer Verträge über vom Verbot erfasste Bereitstellungen von Gasspeicherkapazitäten zu beenden sind.

V. Weitere Sanktionen

Mit einer Erweiterung des bestehenden Luftembargos sind Luftfahrzeugbetreiber nunmehr verpflichtet, 48 Stunden vor dem Flug Nichtlinienflüge zwischen Russland und der Union zu melden (Art. 3d Abs. 5 Verordnung (EU) 833/2014). Die Erweiterung dient der Sicherstellung des Verbots aus Art. 3d Abs. 1 Verordnung (EU) 833/2014, wonach nicht in Russland registrierte Luftfahrzeuge, die sich im Eigentum russischer natürlicher oder juristischer Personen, Organisationen oder Einrichtungen befinden oder von diesen gechartert werden oder anderweitig unter deren Kontrolle stehen, weder im Hoheitsgebiet der Union landen noch vom Hoheitsgebiet der Union starten noch das Hoheitsgebiet der Union überfliegen dürfen.

Zudem wird die Aussetzung von Rundfunklizenzen in der EU für russische Medien, die unter der ständigen Kontrolle der russischen Führung stehen, und das Verbot der Ausstrahlung ihrer Sendungen auf weitere Sender erweitert. Das Verbot aus Art. 2f Verordnung (EU) 833/2014 soll die Verbreitung russischer Kriegspropaganda verhindern und erfasst nun auch die russischen Staatsmedien für den arabischen Raum RT Arabic und Sputnik Arabic.

VI. Weitere Erleichterungen des Rückzugs aus dem russischen Markt und der Loslösung von „gelisteten“ Anteilseignern

Mit dem zehnten Sanktionspaket gehen aber nicht ausnahmslos Verschärfungen einher. Vielmehr erleichtert die EU den sanktionskonformen Rückzug aus dem russischen Markt auch mit Blick auf begleitende Dienstleistungen. Zudem wird das Zeitfenster für die Loslösung von sanktionierten Anteilseignern erneut erweitert:

  • Der erst mit dem neunten Sanktionspaket eingefügte Art. 12b Verordnung (EU) 833/2014 wird um einen neuen Abs. 2a erweitert. Danach können die zuständigen Behörden nun auch die weitere Erbringung der in Art. 5n Verordnung (EU) 833/2014 genannten Dienstleistungen bis zum 31. Dezember 2023 genehmigen, wenn diese Dienstleistungen (i) für den Abzug von Investitionen aus Russland oder die Abwicklung von Geschäftstätigkeiten in Russland unbedingt erforderlich sind, (ii) die Dienstleistungen für die aus dem Abzug von Investitionen hervorgehenden juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen und ausschließlich zu deren Gunsten erbracht werden und (iii) die zuständigen Behörden bei der Entscheidung über Anträge auf Genehmigungen keine hinreichenden Gründe zu der Annahme haben, dass die Dienstleistungen mittelbar oder unmittelbar für die Regierung Russlands oder für einen militärischen Endnutzer erbracht werden oder eine militärische Endverwendung in Russland haben könnten.

    Dies ermöglicht – nach erteilter behördlicher Genehmigung – bspw. die Fortsetzung solcher IT-Dienstleistungen, die bisher gegenüber einer russischen Tochtergesellschaft eines EU-Unternehmens erbracht wurden auch über den Zeitpunkt der Veräußerung dieser Gesellschaft hinaus, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2023.

  • Außerdem erweitert die EU die Frist, innerhalb derer eingefrorene Anteile an europäischen Unternehmen, die (unmittelbar oder mittelbar) von in Anhang I der Verordnung (EU) 269/2014 gelisteten Person gehalten werden, zum Zwecke des Verkaufs freigegeben werden können. Freigaben der eingefrorenen Anteile können weiterhin erteilt werden, wenn der Verkauf bis zum 31. Mai 2023 erfolgt (Art. 6b Abs. 3 Verordnung (EU) 269/2014). Die Voraussetzung, dass die Erlöse aus solchen Verkäufen eingefroren bleiben müssen, bleibt bestehen.

US-Sanktionen

Zum „Jahrestag“ des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine haben auch die USA neue Sanktionen verkündet. Das US-Finanzministerium (US Department of the Treasury’s Office of Foreign Assets Control, “OFAC”) hat die sogenannte “SDN-Liste” (Specially Designated Nationals and Blocked Persons List) in den letzten Wochen um eine Vielzahl von Einträgen ergänzt, insbesondere um weitere russische Banken und Finanzdienstleistungsinstitute und Unternehmen des Technologie-, Elektronik- sowie Metall- und Bergbausektors, sodass sie nunmehr über 2500 Adressaten umfasst.

Die neuen US-Sanktionen bezwecken insbesondere die Verhinderung der Umgehung der Sanktionen, z.B. durch Bereitstellung von Waffen oder finanziellen Mitteln. Zuletzt haben die USA daher 30 weitere Personen und Unternehmen gelistet, bezüglich derer der Verdacht der Umgehung(shilfe) besteht – darunter auch deutsche Staatsbürger sowie chinesische Unternehmen. Auch die bereits erwähnte Listung weiterer russischer Finanzinstitute erfolgte unter anderem zu diesem Zweck, namentlich um zu verhindern, dass sanktionierte Akteure sich an kleinere Banken wenden und weiterhin Zugang zum internationalen Finanzmarkt erhalten.

Die G7-Staaten planen außerdem, einen Koordinierungsmechanismus zur Durchsetzung von Sanktionen ins Leben zu rufen. Nach Angaben des Weißen Hauses wollen die USA den Vorsitz des neuen Gremiums zum Informationsaustausch und zur Koordinierung weiterer Sanktionsmaßnahmen im ersten Jahr übernehmen.

Folgen für die Praxis und Ausblick

Die Maßnahmen des zehnten Sanktionspakets – erneute erhebliche Erweiterungen der personenbezogenen Sanktionen und der den Import- und Exportbeschränkungen zugrundeliegenden Güterlisten einerseits, weitere Erleichterungen für den vollständigen Rückzug vom russischen Markt andererseits – machen deutlich: Eine Fortsetzung der Geschäftstätigkeiten in Russland wird für europäische Unternehmen mit immer weiteren sanktionsrechtlichen Risiken verbunden. Umgekehrt versucht die EU, die auch sanktionsrechtlichen Hürden für einen vollständigen Rückzug aus dem russischen Markt abzubauen. Eine Umkehrung dieser Lage (Rücknahme von Beschränkungen bzw. Erschwerungen des Rückzugs) zeichnet sich aktuell nicht ab.

Europäische Unternehmen, die weiterhin Geschäftsbeziehungen nach Russland unterhalten (sei es, dass sie Produkte exportieren oder importieren), sollten die Ergänzungen der Güterlisten der Verordnung (EU) 833/2014 sorgfältig auf ihre Relevanz für das eigene Geschäft prüfen. Insbesondere in den Anhängen XXIII (Export) bzw. XXI (Import) können andernfalls „Überraschungen“ lauern, die es – gerade auch mit Blick auf die Strafbewehrung möglicher Verstöße – auszuschließen gilt.

Gerade für Beratungsunternehmen aber auch Dienstleister (insbesondere im IT-Bereich) erweist sich die Regelung in Art. 5n der Verordnung (EU) 833/2014 in der täglichen Praxis als sehr problematisch. Hier bestehen nach wie vor erhebliche Unsicherheiten u.a. bei der Frage, wann Dienstleistungen mittelbar für russische Unternehmen erbracht werden. Auch hier ist strikte Vorsicht geboten und im Zweifel die Abstimmung mit dem BAFA zu suchen.

Positiv zu konstatieren ist schließlich, dass auch nach einem Jahr eine weitgehende „Konsistenz“ der EU-Sanktionen einerseits und der US- bzw. UK-Sanktionen andererseits zu verzeichnen ist. Anders als bei den Sanktionen gegen den Iran, sind sich die westlichen Staaten in ihrer Vorgehensweise weitgehend einig, so dass sich insofern kein problematisches Spannungsverhältnis für EU-Unternehmen ergibt.

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