Subventionen und Beihilfen

Staatliche Beihilfen im Rahmen der Corona-Krise

Am 19. März 2020 verabschiedete die Kommission einen (neuen) Befristeten Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19 („Befristeter Beihilferahmen“), um schwerwiegende Störungen des Wirtschaftslebens in der gesamten EU abzuwenden. Ziel ist, den Mitgliedstaaten im Rahmen der EU-beihilferechtlichen Regelungen die Unterstützung von Unternehmen kurzfristig zu ermöglichen, die durch die Corona-Pandemie in Finanznot geraten sind. Auf der Grundlage des Befristeten Rahmens meldete die Bundesregierung bei der Kommission zwei separate Beihilfeprogramme an, die von der Kommission in Rekordzeit am 22. März 2020 genehmigt wurden.

Die Maßnahmen des Befristeten Beihilferahmens auf einen Blick

  • Beihilfen in Form von direkten Zuschüssen oder Steuervorteilen
  • Beihilfen in Form von subventionierten Garantien für Bankdarlehen
  • Beihilfen in Form von Zinszuschüssen
  • Klarstellung zur Rolle der Banken als Finanzintermediäre
  • Kurzfristige Exportkreditversicherungen

Alle Beihilfemaßnahmen haben gemeinsam, dass sie nur solchen Unternehmen gewährt werden können, die am 31. Dezember 2019 nicht in Schwierigkeiten gewesen waren, sondern erst nach diesem Stichtag infolge der Corona-Pandemie in Schwierigkeiten geraten sind. Die Beihilfemaßnahmen können bis spätestens 31. Dezember 2020 gewährt werden.

Hintergrund

Die meisten staatlichen Maßnahmen, die nationale Regierungen zur Unterstützung von Unternehmen in Schwierigkeiten ergriffen bzw. angekündigt haben (Kredite, Bürgschaften etc.), stellen Beihilfen dar. Dies trifft insbesondere auch in Krisenzeiten zu: Alle Beihilfemaßnahmen, die zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ergriffen werden, müssen grundsätzlich bei der Kommission angemeldet werden und dürfen nicht ohne die vorherige Zustimmung der Kommission umgesetzt werden. Diese Situation stellt die Mitgliedstaaten, die Kommission und die Beihilfeempfänger vor Herausforderungen. 

Die EU hat jedoch alles getan, den Mitgliedstaaten im Rahmen des EU-Beihilferechts die notwendige Flexibilität zu geben, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie abzufedern. Der Befristete Beihilferahmen, der in Rekordzeit (in wenigen Tagen) verabschiedet wurde, baut auf den Erfahrungen aus den Maßnahmen während der Finanzkrise in den Jahren 2008/2009 auf. Es bestehen hierbei signifikante Ähnlichkeiten zwischen den in den Jahren 2008/2009 angewandten Regelungen (damals „Vorübergehender Beihilferahmen“) und dem am 19. März 2020 verabschiedeten Befristeten Beihilferahmen.

Wichtig ist: der Befristete Beihilferahmen ist nicht unmittelbar anwendbar, d. h. die Mitgliedstaaten können Maßnahmen nicht direkt darauf stützen. Wollen Mitgliedstaaten von den vorgennannten Instrumenten Gebrauch machen, müssen sie zunächst selbst (allgemeine) Beihilfeprogramme verabschieden und diese bei der Kommission anmelden. Die Kommission prüft dann die Vereinbarkeit dieser vorgeschlagenen Beihilfeprogramme mit dem Befristeten Beihilferahmen. Erst nach der Genehmigung der „nationalen Beihilfeprogramme“ durch die Kommission können die Mitgliedstaaten sofort ohne Genehmigung durch die Kommission individuelle Beihilfen gewähren.

Die im Rahmen des Befristeten Beihilferahmens möglichen Maßnahmen gehen weit über die früher geltenden Beihilfeprogramme hinaus (z. B. die bereits vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie existierenden Förderprogramme der KfW und anderer Förderbanken). 

  • Direkte Zuschüssen oder Steuervorteile

Nach dem Befristeten Beihilferahmen können die Mitgliedstaaten den Unternehmen zur Deckung des dringenden Liquiditätsbedarfs Beihilfen von bis zu EUR 800.000 gewähren. Dies kann durch direkte Zuschüsse, rückzahlbare Vorschüsse, Steuervorteile oder Vergünstigungen in Bezug auf andere Zahlungen erfolgen.

  • Staatliche Garantien für Darlehen

Eines der wichtigsten Instrumente nach dem Befristeten Beihilferahmen ist die Möglichkeit der Gewährung staatlicher Garantien für Darlehen: Die Mitgliedstaaten können staatliche Garantien für Darlehen zu relativ niedrigen Garantieprämien sowohl in Bezug auf Investitions- als auch auf Betriebsmittelkredite gewähren. Die Garantie darf 90 % des Darlehensbetrags nicht übersteigen, wenn Verluste anteilig und zu gleichen Bedingungen vom Kreditinstitut und vom Staat getragen werden, bzw. 35 %, wenn Verluste zunächst dem Staat und erst dann den Kreditinstituten zugewiesen werden, d. h. eine Erstausfallgarantie gegeben ist. Die Laufzeit der Kreditbürgschaft ist auf maximal sechs Jahre begrenzt.

In dem Befristeten Beihilferahmen sind für die Garantieprämien Mindestwerte festgesetzt. Auf der Grundlage der Laufzeit des Darlehens (1 Jahr, 2-3 Jahre oder 4-6 Jahre) wird – je nach Empfänger des Darlehens (kleine und mittlere Unternehmen („KMU“) oder Großunternehmen) – eine Kreditrisikomarge zwischen 25 Basispunkten bis 200 Basispunkten festgelegt. Als Alternative können Mitgliedstaaten aber Regelungen anmelden, die diese Mindestwerte als Basis berücksichtigen, bei denen aber Laufzeit, Preisfestsetzung und Umfang der Garantie variiert werden können (z. B. geringerer Garantieumfang als Ausgleich für eine längere Laufzeit).

Durch staatliche Garantien gedeckte Darlehen, deren Laufzeit über den 31. Dezember 2020 hinausgeht, sind der Höhe nach beschränkt auf das Doppelte der jährlichen Lohnsumme des Empfängers für das Jahr 2019 (einschließlich Sozialversicherungsbeiträge und Kosten für Personal, das am Standort des Unternehmens arbeitet, aber formal auf der Lohn- und Gehaltsliste von Subunternehmern steht) oder 25 % des Gesamtumsatzes im Jahr 2019. Diese Obergrenze kann von großer Bedeutung sein, da der Kapitalbedarf mancher Unternehmen möglicherweise die jährlichen Lohnkosten übersteigt. Nur in angemessen begründete Fällen und auf der Grundlage einer „Selbstauskunft“ des Empfängers zu seinem Liquiditätsbedarf kann der Darlehensbetrag erhöht werden, um den Liquiditätsbedarfs für die kommenden 18 Monate bei KMU und die kommenden 12 Monate bei großen Unternehmen zu decken. Für Darlehen mit einer Laufzeit bis zum 31. Dezember 2020 darf der Darlehensbetrag in angemessen begründeten Fällen höher sein, soweit die Verhältnismäßigkeit der Beihilfe gewährleistet bleibt.

  • Darlehen zu Vorzugsbedingungen (Zinszuschüsse)

Ein weiteres wichtiges Instrument nach dem Befristeten Beihilferahmen sind Unterstützungsmaßnahmen in Form von Zinszuschüssen für öffentliche Darlehen: Diese Darlehen dürfen zu einem ermäßigten Zinssatz gewährt werden, der aber mindestens dem am 1. Januar 2020 geltenden Basiszinssatz entspricht zuzüglich einer Kreditrisikomarge, die den Mindestwerten für die vorgenannten staatlichen Garantien entspricht. Als Alternative können Mitgliedstaaten wiederum Regelungen anmelden, die diese Mindestwerte als Basis berücksichtigen, bei denen aber Laufzeit, Preisfestsetzung und Umfang der Garantie variiert werden können (z. B. geringerer Garantieumfang als Ausgleich für eine längere Laufzeit).

Die maximale Höhe des Darlehensbetrages, der durch Zinszuschüsse gefördert werden darf, entspricht dem für staatliche Garantien. Der ermäßigte Zinssatz kann für einen Zeitraum von sechs Jahren gewährt werden.

Auch hier kann sich das Darlehen sowohl auf Investitions- als auch auf Betriebsmittelkredite beziehen. Anders als bei Bürgschaften gibt es keine „90 %/35 %-Regel“, die die staatliche Risikoübernahme beschränken würde. 

  • Klarstellung der Rolle von Banken

Wenn die Mitgliedstaaten beschließen, die Förderinstrumente für die Realwirtschaft über Kreditinstitute oder andere Finanzinstitute als Finanzintermediäre zu gewähren, wird in dem Befristetem Beihilferahmen klargestellt, dass diese Förderinstrumente direkte Beihilfen für die Unternehmen und nicht für die Banken selbst darstellen sollen. Der Befristete Beihilferahmen enthält zudem Hinweise, wie mögliche indirekte Beihilfen an Kreditinstitute oder andere Finanzinstitute verhindert werden können, um übermäßige Wettbewerbsverfälschungen zu begrenzen und, um sicherzustellen, dass die Vorteile so weit wie möglich an die Endempfänger in Form umfangreicher Finanzierungen, riskanterer Portfolios, geringerer Besicherungsanforderungen, niedrigerer Garantieentgelte oder niedrigerer Zinssätze weitergegeben werden.

  • Kurzfristige Exportkreditversicherungen

Mit dem Befristeten Beihilferahmen besteht eine größere Flexibilität hinsichtlich der Anforderungen an den Nachweis, dass in einigen Ländern vorübergehend keine Deckung für marktfähige Risiken zur Verfügung steht. Das ermöglich den Mitgliedstaaten, bei Bedarf kurzfristige Exportkreditversicherungen zu übernehmen.

Maßnahmen der Bundesregierung – KfW-Sonderprogramm 2020

Die Bundesregierung hat ein milliardenschweres Hilfspaket u.a. für Darlehen und staatliche Garantien angekündigt. Dabei wird der KfW eine Schlüsselrolle zukommen.

Auf der Grundlage des Befristeten Rahmens meldete die Bundesregierung bei der Kommission zunächst zwei Maßnahmenbündel an, die von der Kommission binnen weniger Tage am 23. März 2020 genehmigt wurden.

In dieser ersten Welle hat die Bundesregierung, zusammen mit der KfW, das „Zusätzliche KfW-Sonderprogramm 2020 für die Wirtschaft“ („KfW-Sonderprogramm 2020“) eingeführt, das aus zwei Elementen besteht:

  • ein Darlehensprogramm, wonach die KfW bis zu 90 % des Kreditausfallrisikos der Hausbank für Darlehen an Unternehmen jeder Größe abdeckt, wobei die Darlehen eine Laufzeit von fünf Jahren haben können und je nach Liquiditätsbedarf des Unternehmens bis zu EUR 1 Mrd. betragen dürfen, und
  • ein Darlehensprogramm, bei dem die KfW mit Privatbanken zusammenarbeitet, um als Konsortium größere Darlehen bereitstellen zu können. Bei dieser Regelung kann das staatlich gedeckte Risiko bis zu 80 % eines Darlehens betragen (jedoch nicht mehr als 50 % des gesamten Fremdkapitals eines Unternehmens).

Die Maßnahmen sind grundsätzlich bei den Hausbanken und anderen Finanzierungspartnern der KfW zu beantragen. Die Darlehen sind zinsgünstig (zwischen 1 % und 1,46 % p.a. für KMU bzw. zwischen 2 % und 2,12 % p.a. für größere Unternehmen).

Das KfW-Sonderprogramm 2020 bleibt damit allerdings etwas hinter den Möglichkeiten des Befristeten Beihilferahmens zurück. Das gilt insbesondere für die Übernahme von Ausfallrisiken gegenüber Kreditinstituten und anderen Finanzinstituten für größere Unternehmen: Statt der EU-rechtlich möglichen 100 % bei Krediten übernimmt die KfW für größere Unternehmen nur ein Ausfallrisiko von maximal 80 %. Die Laufzeiten des KfW-Sonderprogramms 2020 von maximal fünf Jahren liegen ebenfalls unter den Möglichkeiten des Befristeten Beihilferahmens.

Zudem hat die Bundesregierung auf der Grundlage des Befristeten Beihilferahmens weitere Beihilfeprogramme bei der Kommission angemeldet, die die Kommission am 24. März 2020 genehmigt hat:

  • Die „Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020“, durch die Beihilfen in Form von direkten Zuschüssen, rückzahlbaren Vorschüssen oder Steuer- und Zahlungsvorteilen gewährt werden sollen, und
  • die „Bundesregelung Bürgschaften 2020“, wonach Bundesbürgschaften für Investitions- und Betriebsmittelkredite, die bis zu 90 % des zugrundeliegenden Kredits abdecken, entsprechend den Vorgaben des Befristeten Beihilferahmens zu staatlichen Garantien möglich sind.

Was können Unternehmen tun?   

Die Mitgliedstaaten und die Kommission haben Erstaunliches geleistet, um die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Realwirtschaft einzudämmen. In Rekordzeit hat nicht nur Deutschland nationale Beihilfeprogramme aufgesetzt, sondern viele weitere Mitgliedstaaten. Die Kommission hat diese Programme ihrerseits binnen Tagen genehmigt.

Für Unternehmen ist es empfehlenswert, sich bereits frühzeitig mit der Hausbank oder einem anderen Finanzierungspartner der KfW in Verbindung zu setzen, um Finanzierungsmöglichkeiten abzustimmen und frühzeitig Antragsunterlagen zusammenstellen.

Hinsichtlich der praktischen Anwendung der oben genannten Regeln ist vonseiten der Beihilfeempfänger zu berücksichtigen, dass Mitgliedstaaten bei der Handhabung dieser Regelungen lediglich über geringe Flexibilität und einen begrenzten Verhandlungsspielraum verfügen. Mitgliedstaaten müssen sowohl hinsichtlich der Struktur, der „Bepreisung“ als auch hinsichtlich der Konditionen einer staatlichen Garantie oder eines öffentlichen Darlehens die Anforderungen des Befristeten Beihilferahmens und des jeweiligen nationalen Beihilfeprogramms erfüllen. Andernfalls besteht das Risiko, dass die Maßnahme nicht den Vorgaben des nationalen Beihilfeprogramms oder des Befristeten Beihilferahmens entspricht, was dazu führen würde, dass die Maßnahme rechtswidrig wäre.

Eigenkapitalzuführung?

Als Ergänzung zum KfW-Sonderprogramm 2020 plant die Bundesregierung eine ähnliche Regelung wie während der Finanzkrise 2008/2009 zu staatlichen Equity-Beteiligungen. Der Gesetzentwurf sieht die Errichtung eines nicht rechtsfähigen Sondervermögens „Wirtschaftsbeteiligungsfonds“ („WSF“) zur Stützung der Realwirtschaft vor, das im Wesentlichen dem „Sondervermögen Finanzmarktstabilisierungsfonds“ (FMSA bzw. SoFFin) aus den Jahren 2008/2009 entspricht. Der WSF soll vor allem zwei Instrumente nutzen:

  • Garantien (z. B. für Emissionen), um Liquiditätsengpässe zu beheben und die Refinanzierung am Kapitalmarkt zu unterstützen, und
  • Rekapitalisierung von Unternehmen, d. h. echte Equity-Beteiligungen oder Nachrangverbindlichkeiten (stille Beteiligungen).

Dazu gibt es flankierende Regelungen wie Vergütungsregelungen für Vorstände, die Verschlankung gesellschaftsrechtlicher Prozesse zur Umsetzung der Kapitalmaßnahmen, die Vereinfachung der Fusionskontrolle, etc. Das Gesetz soll Mitte dieser Woche in den Bundestag und am Freitag, 27. März 2020, in den Bundesrat.

Zu beachten ist allerdings: Instrumente der Eigenkapitalzuführung wie sie im Gesetzesentwurf für die Errichtung des WSF vorgesehen sind, fallen nicht unter den Befristeten Beihilferahmen bedürfen allerdings deswegen in jedem Einzelfall einer Notifizierung bei der Kommission sowie einer Genehmigung. Dies kann zeitraubend sein und dazu führen, dass die Kommission auf die konkrete Ausgestaltung der Bedingungen der Kapitalzuführung Einfluss nimmt.

Sonstige Optionen für Unternehmen in Schwierigkeiten

Mit dem Befristeten Beihilferahmen soll „grundsätzlich gesunden“ Unternehmen, die lediglich aufgrund der Corona-Pandemie in Schwierigkeiten geraten sind, geholfen werden. Hat ein Unternehmen jedoch strukturelle Probleme, kommt die Beihilfengewährung nach den sog. Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien aus dem Jahre 2014 in Betracht. Auf dieser Grundlage können im Prinzip zwei Arten von Beihilfen gewährt werden: 

  • Rettungsbeihilfen sollen (lediglich) eine kurzfristige rückzahlbare finanzielle Unterstützung gewähren (sechs Monate). Aufgrund des begrenzten Zeitrahmens für die Inanspruchnahme von Rettungsbeihilfen sollte sie aus leicht reversiblen Maßnahmen bestehen, wie Darlehen oder Bürgschaften.
  • Umstrukturierungsbeihilfen gewähren eine langfristige Liquiditätshilfe zu nicht-marktüblichen Bedingungen. Die Kommission genehmigt eine Umstrukturierungsbeihilfe allerdings nur, wenn (a) sie auf einem umfassenden Umstrukturierungsplan basiert, (b) sie auf das erforderliche Minimum beschränkt ist und der Empfänger einen „Eigenbeitrag“ nachweist und (c) durch die Beihilfe hervorgerufene Wettbewerbsverzerrungen durch eine Gegenleistung des betreffenden Unternehmens „ausgeglichen“ werden (Veräußerung und Reduzierung von Geschäftsbereichen, Schließung von Standorten, etc.).

Die Beihilfegewährung auf der Grundlage der Rettungs- und Umstrukturierungsleitlinien ist natürlich belastender, schmerzvoller und zeitaufwändiger als die „schnelle Lösung“ durch den Befristeten Beihilferahmen.

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