Subventionen und Beihilfen

EU Kommission verabschiedet Beihilferegeln zur Ukraine-Krise

Die Europäische Kommission hat am 23. März 2022 einen Befristeten Krisenrahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge der Aggression Russlands gegen die Ukraine verabschiedet und damit den Mitgliedstaaten Möglichkeiten aufgezeigt, wie und unter welchen Voraussetzungen sie Unternehmen unterstützen können, die von den wirtschaftlichen Folgen der Krise betroffen sind.

Einführung

Der neue Befristete Krisenrahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge der Aggression Russlands gegen die Ukraine (der „Befristete Krisenrahmen“, nun veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Union vom 24. März 2022, 2022/C 131 I/01) der Europäischen Kommission soll Mitgliedstaaten eine Grundlage für Beihilfemaßnahmen zur Unterstützung von Unternehmen bieten, die von der Krise betroffen sind. Die Kommission sieht dabei zahlreiche potenzielle Beeinträchtigungen für Unternehmen, bspw. den Rückgang der Nachfrage, eine Unterbrechung bestehender Verträge und Projekte mit entsprechenden Umsatzeinbußen sowie gestörte Lieferketten (bspw. für Rohstoffe). Zusätzlich könnten auch andere Inputprodukte nicht mehr verfügbar oder sogar unbezahlbar werden. Auch der Energiemarkt sei durch den Anstieg der Strom- und Gaspreise in der EU stark betroffen.

Beihilfemaßnahmen, die die wirtschaftlichen Folgen der Krise und der in diesem Zusammenhang verhängten Wirtschaftssanktionen sowie der durch Russland ergriffenen Gegenmaßnahmen abmildern, sollen daher unter den Vorgaben des Befristeten Krisenrahmens bewertet werden.

Regelungstechnik

Die Regelungstechnik ist etwas gewöhnungsbedürftig, entspricht aber dem durch die EU-Verträge vorgegebenen System, wonach die Kommission alle Beihilfen vorab genehmigen muss. Das Modell ähnelt dem aus der Finanzkrise und der Coronakrise bekannten (und bewährten) Modell des Temporary Framework, d.h. der Befristete Krisenrahmen ist nicht „self-executing“. Auf den Krisenrahmen können Hilfsmaßnahmen also noch nicht direkt gestützt werden, sondern er gibt den Mitgliedstaaten zunächst nur (sehr präzise) Vorgaben wie die von ihnen erlassenen Unterstützungsregelungen auszusehen haben, damit sie von der Kommission genehmigt werden.

Wie die Erfahrungen mit den bisherigen Temporary Frameworks im Rahmen der Corona- und Finanzkrise gezeigt haben, ist jedoch in Kürze mit einer Welle von mitgliedstaatlichen Regelungen zu rechnen (in Deutschland z.B. durch die KfW), die diese Vorgaben exakt übernehmen und dann kurzfristig von der Kommission genehmigt werden. Nach diesem mehrstufigen Prozess (der im Rahmen der Coronakrise bei vielen Mitgliedstaaten nur einige Tage dauerte), können die nationalen Förderstellen die Unterstützungsmaßnahmen direkt und unbürokratisch gewähren.

Die Kommission gibt den Mitgliedstaaten verschiedene Beihilfemaßnahmen sowie Kriterien an die Hand, die sie bei der Würdigung der Vereinbarkeit von Beihilfemaßnahmen berücksichtigen wird. Auf diese drei bzw. vier Maßnahmen soll im Folgenden kurz eingegangen werden.

Allgemeine Vorgaben

Mitgliedstaaten müssen bei Anmeldung der Beihilfen nachweisen, dass sie ein erforderliches, geeignetes und angemessenes Mittel sind, um eine beträchtliche Störung in ihrem Wirtschaftsleben zu beheben, und dass alle maßgeblichen Voraussetzungen des Befristeten Krisenrahmens erfüllt sind. An Unternehmen, gegen die die EU Sanktionen verhängt hat, dürfen keine Beihilfen gewährt werden. Einen generellen Ausschluss für Unternehmen in Schwierigkeiten („UiS“) enthält der Befristete Krisenrahmen – anders als der Befristete Beihilferahmen im Rahmen der Corona- Krise für Corona-Beihilfen - nicht.

Begrenzte Beihilfebeträge

Die Kommission sieht die Möglichkeit der Gewährung begrenzter Beihilfebeträge für von der Krise betroffene Unternehmen von bis zu EUR 400.000 (auch als direkte Zuschüsse) vor. Für Unternehmen in der Primärproduktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse oder im Fischerei- und Aquakultursektor sind Beihilfebeträge von bis zu EUR 35.000 pro Unternehmen möglich.

Liquiditätshilfen in Form von Garantien oder zinsvergünstigten Darlehen

Mitgliedstaaten können außerdem Liquiditätshilfen in Form von Garantien oder zinsvergünstigten Darlehen für von der gegenwärtigen Krise betroffene Unternehmen gewähren. Sowohl die Laufzeit der Garantien bzw. der Darlehensverträge (maximal sechs Jahre) als auch der Gesamtdarlehensbetrag je Empfänger sind beschränkt. Die staatliche Garantie darf bis zu 90 % des Darlehensbetrags abdecken, wenn Verluste anteilig und zu gleichen Bedingungen vom Kreditinstitut und vom Staat getragen werden, alternativ 35 % des Darlehensbetrags bei einer Erstausfallgarantie. Garantien dürfen für Investitions- und Betriebsmittelkredite, Darlehen sowohl für Investitions- als auch Betriebsmittelbedarf gewährt werden.

Beihilfen für Mehrkosten aufgrund des außergewöhnlich starken Anstiegs der Erdgas- und Strompreise

Zuletzt sind Beihilfen für Mehrkosten aufgrund des außergewöhnlich starken Anstiegs der Erdgas- und Strompreise vorgesehen. So soll eine vorübergehende Unterstützung den außergewöhnlich starken Anstieg der Erdgas- und Strompreise abmildern, den die Unternehmen nicht kurzfristig weitergeben oder auffangen können. Die Beihilfe kann in verschiedenen Formen (direkte Zuschüsse, Steuervorteile oder Vergünstigungen in Bezug auf andere Zahlungen, in Form von rückzahlbaren Vorschüssen, Garantien, Darlehen oder sogar als Eigenkapital) gewährt werden. Die Gesamtbeihilfe je Unternehmen darf sich nicht auf mehr als 30 % der beihilfefähigen Kosten oder mehr als EUR 2 Mio. EUR belaufen.

Insbesondere für energieintensive Unternehmen kann zusätzliche Unterstützung erforderlich werden. Unter bestimmten Voraussetzungen sollen daher Beihilfen von bis zu EUR 25 Mio. je Unternehmen möglich sein (beschränkt auf bis zu 50 % der beihilfefähigen Kosten und höchstens 80 % der Betriebsverluste des Unternehmens). Bei energieintensiven Unternehmen, die in einem der im Anhang des Befristeten Krisenrahmens genannten (Teil-) Sektoren tätig sind, liegt die Obergrenze sogar bei bis zu EUR 50 Mio. je Unternehmen (beschränkt auf höchstens 70 % der beihilfefähigen Kosten, die mit der Herstellung der Erzeugnisse und Produkte in den im Anhang aufgeführten (Teil-) Sektoren zusammenhängen, und höchstens 80 % der Betriebsverluste aus diesen Tätigkeiten).

Die Mitgliedstaaten sind außerdem aufgefordert zu erwägen, Anforderungen an den Umweltschutz oder die Versorgungssicherheit festzulegen (bspw. Verpflichtung zu Energieeffizienzinvestitionen oder Investitionen zur Verringerung oder Diversifizierung des Erdgasverbrauchs).

Ausblick

Der Befristete Krisenrahmen gilt bis zum 31. Dezember 2022. Die Kommission wird vor Ablauf dieser Frist prüfen, ob eine Verlängerung erforderlich ist. Auch Änderungen des Befristeten Krisenrahmens erscheinen nicht ausgeschlossen, insbesondere auf Basis der Erfahrungen mit dem Befristeten Beihilferahmen im Rahmen der Corona- Krise, der insgesamt sechs Mal angepasst wurde. Neben den genannten Beihilfemaßnahmen im Befristeten Krisenrahmen, weist die Kommission auch ausdrücklich auf andere Möglichkeiten hin (bspw. Beihilfen zur Beseitigung von Schäden, die durch außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind, Art. 107 (2) b AEUV). Es bleibt nun abzuwarten, ob die Mitgliedstaaten von allen Möglichkeiten Gebrauch machen werden und in welchem Umfang. Mit raschem Handeln auf Seiten der Mitgliedstaaten kann aber durchaus gerechnet werden. Von der Krise betroffene Unternehmen sollten die Entwicklungen daher genau im Auge behalten.

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