Kartellrecht

„Connected Car-Patent Wars“ – EuGH-Vorlage des Landgerichts Düsseldorf zu einer FRAND-Lizenzierung in mehrstufigen Lieferketten

Im vielbeachteten SEP/FRAND-Streit zwischen Nokia Technologies Oy und der Daimler AG um das „Connected Car“ hat das Landgericht Düsseldorf seinen hervorragenden Ruf in Patentangelegenheiten gefestigt:

In einem Beschluss vom 26. November 2020 hat das Gericht: (i) dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mehrere Fragen zur Lizenzierung standardessentieller Patente innerhalb mehrstufiger Lieferketten vorgelegt (Aktenzeichen 4c O 17/19), und (ii) das Verletzungsverfahren betreffend das europäische Patent EP 2 087 629 B1 (das "Patent") bis zum Ausgang des EuGH-Verfahrens ausgesetzt.

Die Pressemitteilung des Landgerichts Düsseldorf mit den Vorlagefragen finden Sie hier.

Zum Hintergrund: Nokia verklagt Daimler wegen angeblicher Verletzung mehrerer SEPs vor drei deutschen Landgerichten. Nokia vertritt die Auffassung, dass Inhaber von SEPs trotz ihres Versprechens, Lizenzen zu FRAND-Bedingungen zu erteilen, frei entscheiden können, auf welcher Stufe der Lieferkette sie Lizenzen vergeben. Daimler argumentiert, dass SEP-Inhaber sich an ihr Versprechen halten und allen lizenzwilligen Standardnutzern FRAND-Lizenzen erteilen müssen.

Während die Landgerichte Mannheim und München im Anschluss an das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 5. Mai 2020 im Fall Sisvel vs. Haier (KZR 36/17) Entscheidungen mit einer starken Tendenz zugunsten der SEP-Inhaber erlassen haben, zeigt das Landgericht Düsseldorf einen ausgewogeneren Ansatz. Die Fragen in Abschnitt B des Vorlagebeschlusses scheinen einige Punkte in der BGH-Entscheidung und die anschließenden Entscheidungen der Gerichte Mannheim und München in Frage zu stellen. Im Gegensatz zu den Gerichten Mannheim und München scheint das Düsseldorfer Gericht auch der Ansicht zu sein, dass die ETSI FRAND-Erklärung SEP-Inhaber dazu verpflichtet, Lizenzen an alle interessierten Lizenznehmer zu vergeben.

Die Entscheidung des EuGH wird dringend notwendige Klarstellungen zum Umfang der Pflichten von SEP-Inhabern nach EU-Wettbewerbsrecht und zu den Pflichten von Patentinhabern und potenziellen Lizenznehmern gemäß dem EuGH-Urteil im Fall Huawei vs. ZTE liefern. Diese Punkte sind nicht nur für die Automobilindustrie, sondern für alle IoT-bezogenen Branchen von zentraler Bedeutung.

Angesichts der sich schnell entwickelnden, uneinheitlichen deutschen Rechtsprechung im Bereich der SEP/FRAND-Streitigkeiten ist es für diejenigen, die technische Standards nutzen, unerlässlich, ihre strategischen Optionen genau zu prüfen und sich hinsichtlich der SEP-Lizenzierung rechtlich fundiert beraten zu lassen.

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