Healthcare und Life Sciences

Cannabis-Legalisierung „Light“

Am 12.04.2023 hat die Bundesregierung das gegenüber ihrem früheren Entwurf grundlegend überarbeitete Eckpunktepapier zur Cannabis-Legalisierung vorgestellt. Eine vollständige Legalisierung ist vom Tisch. Das Papier sieht zwei Säulen der Cannabislegalisierung vor.

Säule 1: Höhere Eigenbedarfsgrenzen / „Social Cannabis Clubs“

Die erste Säule sieht Folgendes vor:

  • Nicht gewinnorientierte Vereine („Cannabis-Clubs“) mit maximal 500 Mitgliedern ab 18 Jahren dürfen gemeinschaftlich Cannabis zu Genusszwecken anbauen und nur an Mitglieder für den Eigenkonsum abgeben. Die Clubs stehen unter Überwachung der Landesbehörden.
  • Je Mitglied dürfen maximal 25 Gramm Cannabis pro Tag und maximal 50 Gramm pro Monat abgegeben werden. Personen unter 21 bekommen maximal 30 Gramm pro Monat.
  • In den Clubräumen darf nicht konsumiert werden (auch kein Alkohol).
  • Die Vereine müssen einen Mindestabstand zu Schulen und Kitas einhalten. Zudem darf Cannabis nahe Schulen und Kitas nicht konsumiert werden. In Fußgängerzonen darf bis 20 Uhr kein Cannabis konsumiert werden.
  • Die Vereine dürfen maximal sieben Samen oder fünf Stecklinge an die Mitglieder zum Eigenanbau weitergeben.
  • Der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis bleibt straffrei.
  • Minderjährige, die mit Cannabis erwischt werden, müssen an Interventions- und Präventionsprogrammen teilnehmen.
  • Drei Cannabispflanzen pro volljähriger Person sind künftig generell im Eigenanbau erlaubt.
  • Die Grenzwerte im Straßenverkehr werden unter Einbeziehung der Fachgremien überprüft.
  • Evaluation nach 4 Jahren.

Säule 2: Kommerzielle Modellprojekte (Gesetzentwurf voraussichtlich im Herbst 2023)

Im Rahmen der zweiten Säule sollen in Kreisen und Städten mehrerer Bundesländer in Modellprojekten "kommerzielle Lieferketten" ausprobiert werden. Für fünf Jahre soll Unternehmen dabei die Produktion, der Vertrieb und die Abgabe in lizenzierten Fachgeschäften an Erwachsene ermöglicht werden. Das Modell wird wissenschaftlich begleitet und die Erkenntnisse werden dann auch der EU-Kommission zur Verfügung gestellt. Die Zulassung der Abgabe von Edibles (z. B. cannabishaltige Kekse oder Kuchen) unter Wahrung strenger Auflagen wird geprüft. Ein Zeitplan hinsichtlich der Umsetzung der zweiten Säule liegt nicht vor. Laut Bundesgesundheitsminister Lauterbach ist jedoch im Herbst 2023 mit einem ersten Gesetzentwurf zu rechnen.

Weiteres Vorgehen

Im Rahmen der Umsetzung des neuen 2-Säulen-Modells wird sich die Bundesregierung gegenüber den entsprechenden Gremien der UN auf die 1993 bei der Ratifizierung des UN-Abkommens aus 1988 abgegebene Interpretationserklärung berufen und eine Stellungnahme abgeben, mit der sie das Vorhaben als mit dem Zweck und den rechtlichen Vorgaben der UN-Übereinkommen vereinbar erklärt.

Die Bundesregierung kündigt zudem an, zeitgleich zur nationalen Umsetzung ihre Bemühungen fortzusetzen, für die noch liberaleren Ansätze des ursprünglichen Eckpunktepapiers bei den europäischen Partnern zu werben und dabei zu prüfen, inwieweit die Initiative einer ausreichenden Zahl von EU-Mitgliedstaaten möglich sein wird, um den EU-Rechtsrahmen zu flexibilisieren und weiterzuentwickeln.

Konsequenzen für den Cannabis-Vertrieb in Deutschland

  • Eine umfassende Legalisierung wird es – anders als im Koalitionsvertrag vorgesehen – nicht geben.
  • Trotzdem wird sich die Verfügbarkeit von Cannabis in der Gesamtbevölkerung insgesamt erhöhen und rein faktisch dürfte dies auch Auswirkungen auf die Strafverfolgung haben.
  • Die kommerzielle Herstellung sowie der gewerbliche Vertrieb von Cannabis sind jedoch unverändert nur zu medizinischen Zwecken möglich (Beitrag vom 2. Dezember 2022).
  • Denkbar ist allerdings auch, dass für chronisch kranke Patienten die Mitgliedschaft in einem „Social Club“ die Notwendigkeit zur Verordnung von medizinischem Cannabis nicht mehr nötig macht.
  • Erst im Rahmen der Umsetzung der als „zweiten Säule“ vorgesehenen Modellvorhaben kann voraussichtlich gewerblich produziertes/importiertes Cannabis in lizensierten Geschäften abgegeben werden. Wann die Modellvorhaben starten, ist aktuell offen. Ein entsprechender Gesetzentwurf ist laut Bundesgesundheitsminister Lauterbach für den Herbst 2023 geplant.
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