Vergaberecht

Pflicht zur elektronischen Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen

Am 27.11.2018 ist die E-Rechnungs-Verordnung (E-RechV) in wesentlichen Teilen in Kraft getreten. Sie gilt bereits jetzt für die oberste Bundesverwaltung und verpflichtet alle Auftragnehmer der öffentlichen Hand ab dem 27.11.2020 zur elektronischen Rechnungsstellung gegenüber öffentlichen Auftraggebern, die dem Bund zuzurechnen sind. Ziel ist es, die Digitalisierung in der Verwaltung weiter voranzutreiben. 

Hintergrund

Spätestens mit der vollumfänglichen Geltung der Regelungen zur elektronischen Angebotsabgabe in europaweiten Vergabeverfahren seit 18. Oktober 2018 ist die Tendenz zur Digitalisierung der Verwaltung insbesondere im Beschaffungswesen unübersehbar. Einen nächsten Schritt in diese Richtung stellen das E-Rechnungs-Gesetz, veröffentlicht am 10. April 2017, und die aufgrund von § 4a Abs. 3 E-Government-Gesetz erlassene E-RechV dar. Mit dem E-Rechnungsgesetz wurden die Vorgaben der Richtlinie 2014/55/EU vom 16. April 2014 in nationales Recht umgesetzt, um eine verbindliche Rechtsgrundlage für den Empfang und die Verarbeitung elektronischer Rechnungen durch öffentliche Auftraggeber des Bundes zu schaffen. Mit der E-RechV kommt die Bundesregierung der Ermächtigung nach, weitere Detailanforderungen in Bezug auf die elektronische Rechnungsstellung, das zu verwendende Rechnungsdatenmodell sowie die Verbindlichkeit der elektronischen Form festzulegen.

Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung

Die wichtigste Regelung enthält § 3 Abs. 1 E-RechV. Hiernach müssen Auftragnehmer ihre Rechnungen künftig in elektronischer Form ausstellen und übermitteln. Die genaueren Anforderungen an die E-Rechnungen, die u.a. grundsätzlich den Datenaustauschstandard „XRechnung“ zu erfüllen haben, werden von §§ 4 und 5 E-RechV normiert. Für elektronische Rechnungen im Anwendungsbereich der E-RechV ist ein zentrales Rechnungseingangsportal des Bundes (§ 4 Abs. 3 E-RechV i.V.m. § 2 Abs. 2 Onlinezugangsgesetz) zu nutzen.

Obwohl u.a. gem. §§ 8 und 9 E-RechV geheimhaltungsbedürftige Rechnungsdaten und Rechnungen bei Beschaffungen im Ausland vom Geltungsbereich ausgenommen sind, geht das BMI davon aus, dass eine E-Rechnungs-Quote von 80 % realistisch ist.

In-Kraft-Treten

Für alle obersten Bundesbehörden (v.a. die Bundesministerien) und die Verfassungsorgane des Bundes (Bundestag, Bundesrat usw.) ist die Verordnung am 27. November 2018 in Kraft getreten. Für alle anderen (sog. „subzentrale“) Auftraggeber, Sektoren- und Konzessionsauftraggeber ist dies erst am 27. November 2019 der Fall. Die zentrale Verpflichtung der Auftragnehmer gemäß § 3 Abs. 1 E-RechV (s.o.) gilt verpflichtend erst ab dem 27. November 2020. Durch dieses gestufte In-Kraft-Treten wird gewährleistet, dass dann, wenn die Auftragnehmer (Unternehmen) die E-Rechnungsstellung umsetzen müssen, bei den öffentlichen Auftraggebern die entsprechenden Vorkehrungen getroffen wurden und die notwendige Infrastruktur vorhanden ist.

Konsequenzen bei Verstößen gegen die E-RechV

Nicht explizit geregelt ist, welche Konsequenzen ein Verstoß gegen die E-RechV hat. Grundsätzlich sind Bestimmungen, welche die Vertragsausführung betreffen, nicht Gegenstand von Vergabenachprüfungen. Ein Vertrag, der keine elektronische Rechnungsstellung vorsieht, könnte aber dann als Vergabeverstoß angesehen und damit zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens nach § 160 GWB gemacht werden, wenn eine vergaberechtliche Anknüpfungsnorm betroffen ist. Insbesondere, wenn der unterlegene Bieter bereits vollständig entsprechend der E-RechV auf die elektronische Rechnung umgestellt hat, könnte ihn eine im ausgeschriebenen Vertrag vorgesehene Papierrechnung u.U. benachteiligen. Bei der Gestaltung von Vergabeunterlagen und der Ausschreibung von Aufträgen ist es daher empfehlenswert, die E-RechV schon jetzt zu beachten, wenn der zu vergebende Auftrag einen Leistungsaustausch mit Rechnungsstellung über den 27. November 2020 hinaus vorsieht bzw. umfasst.

Bei bereits laufenden Verträgen kann ggf. eine Vertragsanpassung erforderlich werden. Die Umstellung auf eine elektronische Rechnungstellung wird in aller Regel nicht als wesentliche Änderung i.S.v. § 132 Abs. 1 Satz 1 GWB anzusehen und somit vergaberechtlich zulässig sein. 

Fazit

Mit der E-RechV schreitet der Bund weiter auf dem Weg der Digitalisierung der Verwaltung voran. Betroffene sollten die verbleibende Zeit dafür nutzen, die technischen Voraussetzungen zur Umsetzung der neuen Vorgaben zu schaffen. Spannend wird sein, in welchem Ausmaß Rechnungssteller von der durch § 3 Abs. 1 Satz 2 E-RechV eingeräumten Möglichkeit, sich bei Rechnungsstellung und ‑übermittlung der Dienstleistungen von „Rechnungssendern“ zu bedienen, Gebrauch machen werden.

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