BAG, 8. November 2017 – 5 AZR 692/16
Prämien sind auf den gesetzlichen Mindestlohnanspruch anzurechnen, wenn sie dem Entgeltbegriff des Mindestlohngesetzes unterfallen. Dies ist bei Prämien anzunehmen, wenn sie im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachte Entgeltzahlungen darstellen.
Die Parteien stritten um die Zahlung von Mindestlohn. Im Januar und März bis September 2015 arbeitete der als Kraftfahrer beschäftigte Kläger an fünf Wochentagen jeweils 9,6 Stunden. Im Mai und August arbeitete er 21 Tage, im Juli 23 und im Übrigen 22 Tage. Die Beklagte zahlte dem Kläger jeweils ein monatliches Bruttogundgehalt von EUR 1.605, eine „Immerda-Prämie“ von EUR 95, eine Prämie für Ordnung und Sauberkeit von EUR 50 und eine „Leergutprämie“ von EUR 155. Die „Immerda-Prämie“ erhielten Arbeitnehmer, die durchgehend arbeitsfähig waren und nicht unentschuldigt fehlten. Eine Prämie für Ordnung und Sauberkeit zahlte die Beklagte, wenn das zum Transport von Frischfleisch genutzte Fahrzeug sauber gehalten wurde und die „Leergutprämie“ für den korrekten Umgang mit vom Kunden zurückzugebendem Leergut. Der Kläger klagte vor dem Arbeitsgericht den Differenzbetrag nach dem Mindestlohngesetz ein. Er war der Ansicht, die Prämien seien nicht mindestlohnwirksam. Das Arbeitsgericht gab der Klage statt, das Landesarbeitsgericht sprach dem Kläger einen Teil der geforderten Differenzvergütung zu. Mit der Revision begehrte die Beklagte die Aufhebung der vorinstanzlichen Urteile und die vollständige Abweisung der Klage.
Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Nach Ansicht des fünften Senats gewährte die Beklagte mit der Zahlung i. H. v. insgesamt EUR 1.905 brutto für alle streitgegenständlichen Monate den Mindestlohnanspruch, da sowohl das Grundgehalt als auch die zusätzlichen Prämien mindestlohnwirksam seien. Mit der Zahlung einer „Immerda-Prämie“ honoriere der Arbeitgeber neben der Anwesenheit auch die Erbringung der Arbeitsleistung und biete einen finanziellen Anreiz, sich nicht bei geringfügigen Beeinträchtigungen krankscheiben zu lassen. Die Prämie für Ordnung und Sauberkeit sei ebenfalls eine Gegenleistung für die Erbringung der Arbeitsleistung, da sie das Sauberhalten des Transportfahrzeugs honoriere, was Teil der Tätigkeit des Klägers sei. Die „Leergutprämie“ stelle eine Gegenleistung für die ordnungsgemäße Abwicklung des von Kunden zurückzugebenden Leerguts dar und knüpfe ebenfalls an die Erbringung der Arbeitsleistung an.
Gleiss Lutz Kommentar
Das Urteil des BAG ist zu begrüßen. Sofern der Arbeitgeber mindestlohnwirksame Prämien an seinen Arbeitnehmer zahlen möchte, muss Anknüpfungspunkt die zu erbringende Arbeitsleistung sein. Auch die besonders sorgsame Erledigung der Tätigkeit kann dabei honoriert werden.
