In einem praxisrelevanten Fall entschied das BAG über eine endgehaltsbezogene Versorgungszusage, die hinsichtlich der Berechnung der Betriebsrente bei Teilzeitbeschäftigten auf die letzten zehn Jahre des Beschäftigungsverhältnisses abstellte. In dieser Berechnung liegt keine Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten, die im Laufe ihres Arbeitsverhältnisses von Vollzeit auf Teilzeit wechseln.
BAG, Urteil vom 20. Juni 2023 – 3 AZR 221/22
Sachverhalt
Die Parteien stritten über die Berechnung einer endgehaltsbezogenen betrieblichen Altersversorgung nach einer Teilzeitbeschäftigung.
Bei der Beklagten galt eine Richtlinie für die Gewährung von Versorgungsleistungen (im Folgenden: „RL“) in Form einer Betriebsvereinbarung. Danach war die Höhe der Betriebsrente grundsätzlich endgehaltsabhängig ausgestaltet, d.h. die Betriebsrente hing von der Höhe des durchschnittlichen Monatsgehalts im letzten Kalenderjahr vor dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ab. Gem. der RL ergab sich die Rentenhöhe nach einem Festrentenbeitrag x Anzahl der Dienstjahre. Als anrechnungsfähige Dienstzeit galt die Dauer des ununterbrochenen Bestands des Arbeitsverhältnisses seit Eintritt des Arbeitnehmers in das Unternehmen. Der Festrentenbeitrag errechnete sich u.a. anhand des rentenfähigen Einkommens. Dieses betrug gem. der RL ein Zwölftel der Beträge, die der Mitarbeiter im letzten Kalenderjahr vor Eintritt des Versorgungsfalls bezog. Die RL sah ferner vor, dass sich der Festrentenbeitrag für Mitarbeiter, die innerhalb der letzten zehn Dienstjahre vor dem Eintritt des Versorgungsfalls ganz oder teilweise teilzeitbeschäftigt waren, in dem Verhältnis veränderte, in dem die durchschnittliche Arbeitszeit des Mitarbeiters während der letzten zehn Dienstjahre zu seiner Arbeitszeit innerhalb des Kalenderjahrs vor dem Eintritt des Versorgungsfalles stand (§ 10 Nr. 5 RL).
Die Klägerin war bei der Beklagten seit 1984 zunächst in Vollzeit und ab 2005 in Teilzeit tätig. Im Jahr 2020 endete das Arbeitsverhältnis. Die Beklagte legte bei der Berechnung der Altersversorgung als rentenfähiges Einkommen das durchschnittliche Monatseinkommen der Klägerin im Jahr 2019 zugrunde. Als maßgebliche Dienstzeit berücksichtigte sie die Zeit von 1985 bis 2020. Die Klägerin erhob hiergegen Klage und machte u.a. geltend, ihre Rente müsse mit einem Faktor von 1,58 berechnet, also erhöht werden. In dem die Beklagte bezogen auf das rentenfähige Einkommen (gem. § 10 Nr. 5 RL) den Beschäftigungsgrad lediglich der letzten zehn Jahre berücksichtigt habe, sei die Klägerin wegen ihrer Teilzeittätigkeit ungerechtfertigt benachteiligt. Sie berücksichtige Dienstzeiten in Teilzeit überproportional; es ergebe sich eine deutlich höhere durchschnittliche Wochenarbeitszeit, wenn ihr gesamte Dienstzeit (auch die in Vollzeit) berücksichtigt würde. Die Beklagte trat dem entgegen. Die RL stelle in zulässiger Weise auf einen zehnjährigen Bezugszeitraum ab. Die Regelung berücksichtige den verfestigten Lebensstandard der Klägerin vor ihrem Ausscheiden. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht wiesen die Klage ab.
Die Entscheidung
Das BAG wies die Revision der Klägerin zurück. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Anwendung des Korrekturfaktors hinsichtlich ihrer betrieblichen Altersversorgung. Ein solcher Anspruch folge weder aus der RL, noch aus § 4 Abs. 1 TzBfG (Verbot der Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten).
- Die RL stellt für die Berechnung des rentenfähigen Einkommens ausdrücklich auf das Einkommen der letzten zwölf Monate des letzten Kalenderjahres vor Eintritt des Versorgungsfalls oder des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis ab. Die Beklagte habe deshalb das rentenfähige Einkommen richtig berechnet.
- Die Klägerin habe auch keinen Anspruch aus § 4 Abs. 1 TzBfG. Das BAG ließ dahinstehen, ob der geltend gemachte Anspruch (Berechnung mittels Korrekturfaktor) überhaupt aus der Vorschrift folgen könne. Die Berechnungsweise, die die Klägerin bezwecke, ergebe sich nicht aus der RL. Ob die (engen) Voraussetzungen für eine ergänzende Auslegung der RL gegeben seien, konnte das BAG dahinstehen lassen.
- Denn das BAG hält die Regelungen der RL jedenfalls für mit § 4 TzBfG vereinbar und verneint sowohl eine unmittelbare als auch eine mittelbare Benachteiligung wegen der Teilzeitarbeit. Die RL knüpfe nicht an den Umfang der Arbeitszeit, sondern an das zuletzt verdiente Entgelt an. Darin sieht das BAG ein objektives Kriterium ohne Bezug zur Teilzeittätigkeit. Die Regelungen der RL finde gleichermaßen auf Vollzeit- wie auf Teilzeitbeschäftigte Anwendung. Weder in der Berechnungsmethode (Durchschnitt der letzten zwölf Monate; Endgehaltsbezug), noch in der Berücksichtigung des Beschäftigungsgrads nur der letzten zehn Jahre des Arbeitsverhältnisses (§ 10 Nr. 5 RL) liege ein Verstoß gegen den pro-rata-temporis-Grundsatz. Die Regelung in § 10 Nr. 5 RL weite den Betrachtungszeitraum für die Bemessung des rentenfähigen Einkommens lediglich aus. Bei endgehaltsbezogenen Zusagen seien Arbeitgeber ferner nicht verpflichtet, einen längeren Zeitraum oder sogar das ganze Arbeitsverhältnis zu berücksichtigen.
- Es sei sachgerecht, für den Entgeltfaktor auf den Beschäftigungsumfang während der letzten zehn Jahre des Arbeitsverhältnisses abzustellen; hier habe sich der maßgebliche Lebensstandard verfestigt. Ebenjener Lebensstandard sei bei einer endgehaltsbezogenen Versorgungszusage relevant; er soll durch eine betriebliche Altersversorgung abgesichert werden. Auch differenziere die RL betreffend die Berechnung von Dienstzeiten nicht nach Voll- oder Teilzeit, sodass Teilzeitbeschäftigte nicht schlechter gestellt würden.
- Selbst wenn sich aus den vorgenannten Regelungen eine Benachteiligung ergeben würde, wäre diese sachlich gerechtfertigt. Der sachliche Grund liegt für das BAG darin, dass es bei einer endgehaltsbezogenen Zusage maßgeblich auf die Absicherung des zuletzt bezogenen Gehalts ankommt. Der zuletzt erreichte Lebensstandard soll nach dem Renteneintritt gesichert werden. Länger zurückliegende Zeiten und dort verdientes Entgelt spielten hierbei keine Rolle. Wenn Arbeitgeber deshalb an die letzten zehn Dienstjahre anknüpfen, sei eine solche Regelung auch verhältnismäßig.
Fazit / Praxishinweis
Die Entscheidung des BAG ist zu begrüßen. Sie reiht sich in die bisherige Rechtsprechungslinie des BAG ein, in der dieser die Zulässigkeit endgehaltsbezogener Zusagen mit einem 10-Jahreszeitraum für die Berechnung des Anspruchs auf betriebliche Altersversorgung bereits bestätigte (Az. 3 AZR 432/97 und 3 AZR 280/10).
Das BAG betont in seiner Entscheidung, dass Arbeitgeber grundsätzlich frei darüber entscheiden dürfen, welche Art von Versorgungszusage (z.B. endgehaltsbezogen oder durchschnittsgehaltsbezogen) sie gewähren möchten und wie sie den Versorgungsumfang ausgestalten. Zulässig ist daher, die Rente anhand des Endgehalts zu berechnen, mag im Einzelfall das Gehalt früher auch einmal höher gewesen sein. Mit der Anbindung der Rentenhöhe an das Endgehalt ist – so das BAG deutlich – der gerechtfertigte Zweck verbunden, den im Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalls erreichten Lebensstandard zu gewährleisten. Diese Einschätzung entspricht auch der Bewertung durch den EuGH, wonach zwischen Teil- und Vollzeitbeschäftigten aufgrund eines unterschiedlichen Versorgungsbedarfs differenziert werden darf (EuGH, Urteil vom 13. Juli 2017 – C-354/16). Um Härten zu vermeiden, kann der Arbeitgeber einen Zeitraum festlegen, anhand dessen ein Durchschnitt des versorgungsfähigen Einkommens berechnet wird.
Arbeitgeber sollten bei der Implementierung von Versorgungszusagen auch in Zukunft weiterhin besonders darauf achten, dass es nicht zu einer Benachteiligung von Teilzeitbeschäftigten kommt.