I. Zusammenfassung
- Der BGH hat klargestellt, dass der Informationsanspruch des Kommanditisten sich auch auf Auskünfte über die Geschäftsführung des Komplementärs, insbesondere zur Umsetzung des Gesellschaftszwecks, beziehen kann. Bedeutung für den Energiesektor hat die Entscheidung insoweit, als Windparks häufig in Form einer KG betrieben werden. Eine solche Gestaltung liegt auch der dargestellten Entscheidung zu Grunde.
- Voraussetzung für den Informationsanspruch nach § 166 Abs. 3 HGB ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Ein wichtiger Grund ist nach der Rechtsprechung des BGH jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Belange des Kommanditisten durch das vertragliche oder aus § 166 Abs. 1 HGB folgende Einsichtsrecht nicht hinreichend gewahrt sind und darüber hinaus die Gefahr einer Schädigung des Kommanditisten oder der Gesellschaft besteht.
- Eignung, Erforderlichkeit und Umfang der zu erteilenden Auskunft richten sich nach dem wichtigen Grund. Bei der Frage, ob und in welchem Umfang Auskünfte erteilt werden, muss die Gesellschaft das Informationsinteresse des Kommanditisten und die Interessen der Gesellschaft gegeneinander abwägen.
II. Hintergrund
Die Informationsrechte des Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft sind in § 166 HGB niedergelegt. Gemäß dem ordentlichen Informationsrecht nach § 166 Abs. 1 HGB kann der Kommanditist die schriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses verlangen und dessen Richtigkeit unter Einsicht der Bücher und Papiere prüfen. § 166 Abs. 2 HGB stellt ein-schränkend klar, dass dem Kommanditisten nicht die gleichen Informationsrechte, wie einem von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Komplementär, zustehen. § 166 Abs. 3 HGB regelt schließlich ein außerordentliches Informationsrecht. Die Auskünfte nach § 166 Abs. 3 HGB werden auf Antrag des Kommanditisten, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, gerichtlich angeordnet. Umfasst sind gemäß dem Wortlaut des § 166 Abs. 3 HGB die Mitteilung einer Bilanz und eines Jahresabschlusses oder sonstiger Aufklärungen sowie die Vorlegung der Bücher und Papiere. Bisher war fraglich, ob sich das außerordentliche Informationsrecht allein auf Fragen im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss beschränkt oder ob der Begriff der „sonstigen Aufklärung“ auch andere Informationen erfasst. Das OLG Hamm (Beschl. V. 22. 8. 2005 - 15 W 219/05) und das OLG München (Beschl. v. 5. 9. 2008 - 31 Wx 63/07) gingen, wie auch die überwiegende Ansicht im Schrifttum, davon aus, dass bei Vorliegen eines wichtigen Grundes auch Auskünfte über die Geschäftsführung des Komplementärs allgemein und die damit im Zusammenhang stehenden Unterlagen der Gesellschaft verlangt werden können. Demgegenüber nahm das OLG Köln (Beschl. v. 17.10.2013 – 18 Wx 8/13) an, dass die Norm nur Auskünfte im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss erfasst.
III. Die Entscheidung des BGH
Die Antragstellerin im Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem BGH war Kommanditistin einer KG, deren Gesellschaftszweck die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen umfasste. Die Antragsgegnerin war Komplementärin dieser und weiterer KGs mit eben jenem Gesellschaftszweck. Die Antragstellerin begehrte zunächst vor dem AG Aurich die gerichtliche Anordnung einer Auskunft nach § 166 Abs. 3 HGB, weshalb der Gesellschaftszweck der KG, an der sie beteiligt war, im Gegensatz zur Situation bei den übrigen KGs, noch nicht umgesetzt war. Das AG Aurich (Beschl. v. 11.05.2015 – 14 II 50/14) wies den Antrag und das OLG Oldenburg (Beschl. v. 18.06.2015 – 12 W 117/15) die anschließende Beschwerde als unbegründet zurück.
Im Rahmen der Rechtsbeschwerde hat der BGH entschieden, dass der Auskunftsanspruch nach § 166 Abs. 3 HGB nicht auf Fragen im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss beschränkt ist. Vielmehr können, wenn ein wichtiger Grund vor-liegt, auch die Geschäftsführung des Komplementärs allgemein und die damit im Zusammenhang stehenden Unterlagen der Gesellschaft Gegenstand des Auskunftsanspruchs sein.
Begründet wird dies vom BGH anhand von Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte und Sinn und Zweck des § 166 Abs. 3 HGB:
(i) Zunächst stellt der BGH darauf ab, dass die Anordnung der „sonstigen Aufklärung“ ein Mehr an Informationsmöglichkeiten gegenüber den ausdrücklich genannten Informationsquellen darstellt. Auch spreche die Tatsache, dass die Mitteilung jederzeit verlangt werden kann, gegen einen Bezug zum Jahresabschluss.
(ii) Systematisch betont das Gericht die Eigenständigkeit von § 166 Abs. 3 HGB gegenüber § 166 Abs. 1 HGB. § 166 Abs. 1 HGB berechtigt den Kommanditisten eine abschriftliche Mitteilung des Jahresabschlusses zu verlangen und dessen Richtigkeit durch Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen. Bei einer Beschränkung auf Auskünfte im Zusammenhang mit dem Jahresabschluss wäre es naheliegender, diesen Anspruch mit einer prozessualen Durchsetzung des Anspruchs aus Abs. 1 zu verbinden. Die Regelung in zwei verschiedenen Absätzen spreche gegen einen solchen Zusammenhang. Dies gelte vor allem auch deshalb, weil der Anspruch nach Abs. 1 im Wege der zivilprozessualen Klage durchgesetzt wird, während bei Abs. 3 ein Streitverfahren nach dem FamFG durchzuführen ist.
(iii) Historisch führt der BGH an, dass aus den Beratungen zum Vorgängergesetz des HGB, dessen Bestimmungen insoweit im Wesentlichen unverändert in das HGB übernommen wurden, hervorgehe, dass eine zu restriktive Ausgestaltung des Informationsrechts, insbesondere eine Begrenzung auf die Bucheinsichtnahme, nicht gewollt war.
(iv) Den Zweck von § 166 Abs. 3 HGB sieht der BGH in der Abgrenzung von Auskunftsansprüchen des Kommanditisten zu solchen eines von der Geschäftsführung ausgeschlossenen Komplementärs. Nach Ansicht des Gerichts er-folgt die Abgrenzung allein durch das Erfordernis eines wichtigen Grundes beim Kommanditisten, während sich der von der Geschäftsführung ausgeschlossene Komplementär nach § 118 HGB ohne einen solchen unterrichten kann.
Ausdrücklich weist der BGH jedoch darauf hin, dass § 166 Abs. 3 HGB kein allgemeines Auskunfts- und Einsichtsrecht begründet. Zuzuerkennen seien von vornherein nur solche Informations- und Aufklärungsrechte, die zur Durchsetzung gesellschaftsvertraglicher Rechte bzw. zur Wahrung berechtigter Interessen des Kommanditisten geeignet und angemessen sind. Das außerordentliche Informationsrecht werde insoweit durch das Informationsbedürfnis des Kommanditisten begrenzt, das sich aus dem wichtigen Grund ergibt. Es stehe im Kommanditisten deshalb auch nicht zur Verfügung, um auf Maßnahmen hinzuwirken, die Angelegenheiten der laufenden Geschäftsführung sind.
Zentrale Voraussetzung für die Zuerkennung des außerordentlichen Informationsrechts ist somit der „wichtige Grund“. Das Gericht führt aus, dass ein wichtiger Grund jedenfalls dann zu bejahen sei, wenn die Belange des Kommanditisten durch das vertragliche oder aus § 166 Abs. 1 HGB folgende Einsichtsrecht nicht hinreichend gewahrt sind und darüber hinaus die Gefahr einer Schädigung besteht. Ein wichtiger Grund sei insbesondere dann anzunehmen, wenn die Überwachung der Geschäftsführung im Interesse des Kommanditisten geboten ist. Das soll beispielsweise bei einer drohenden Schädigung von Gesellschaft oder Kommanditist der Fall sein. Der Kommanditist muss in diesen Fällen konkrete Umstände für die Erforderlichkeit und Bedeutung der Information, d. h. zumindest für ein begründetes Misstrauen gegenüber der Geschäftsführung, darlegen.
Auch Eignung, Erforderlichkeit und Umfang der zu erteilenden Auskunft hängen nach der Entscheidung des BGH vom geltend gemachten wichtigen Grund ab. Hierbei müsse eine Abwägung zwischen dem gewichteten Informationsbedürfnis des Kommanditisten und den Interessen der Gesellschaft vorgenommen werden.
Gleiss Lutz Kommentar
Hinsichtlich des Informationsrechts von Kommanditisten bestanden bisweilen aufgrund der unterschiedlichen Auffassungen der Oberlandesgerichte erhebliche Unsicherheiten, die durch die vorliegende Entscheidung beseitigt wurden. Dass Kommanditisten Auskünfte über die Geschäftsführung des Komplementärs allgemein und die damit im Zusammenhang stehen-den Unterlagen der Gesellschaft verlangen können, ist nunmehr höchstrichterlich klargestellt. Dies ist zu begrüßen.
Nicht minder wichtig und begrüßenswert sind jedoch die Grenzen, die der BGH zieht. Einem Ausufern des Informations-rechts wird durch das hervorgehobene Erfordernis eines wichtigen Grundes entgegengewirkt. Dem Beispiel des BGH für das Vorliegen eines wichtigen Grundes, die drohende Schädigung von Gesellschaft oder Kommanditist, werden in der Praxis gewiss weitere Beispiele folgen. In jedem Fall müssen freilich konkrete Umstände für die Erforderlichkeit und Bedeutung der Informationen, mithin ein begründetes Misstrauen gegenüber der Geschäftsführung, vorliegen und dargelegt werden.
Die vom BGH hinsichtlich Eignung, Erforderlichkeit und Umfang der Informationen angeordnete Abwägung zwischen dem gewichteten Informationsbedürfnis des Kommanditisten und den Interessen der Gesellschaft stellt sicher, dass die wider-streitenden Interessen angemessen berücksichtigt werden. Die Bedeutung dieser Anordnung darf nicht unterschätzt werden. Denn zweifelsohne wird in der Praxis häufig ein berechtigtes Interesse der Gesellschaft an Geheimhaltung bestehen, insbesondere wenn die Gesellschaft einen großen Gesellschafterkreis hat.
Zitiervorschlag: Bauer/Jeschke, BGH gewährt Kommanditisten Informationsrecht hinsichtlich Geschäftsführung, Gleiss Lutz Energy News #9/2017 24. Mai 2017