Arbeitsrecht

BAG: Befristetes Arbeitsverhältnis eines Betriebsratsmitglieds

Das BAG stellt mit Urteil vom 18. Juni 2025 – 7 AZR 50/24 klar, dass die Wahl eines befristet beschäftigten Arbeitnehmers in den Betriebsrat den Arbeitgeber nicht dazu zwingt, den Arbeitnehmer nach Ablauf der Befristung weiter zu beschäftigen.

Sachverhalt

Der Kläger war bei der Beklagten auf Grundlage eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags beschäftigt. Während dieses Arbeitsverhältnisses wurde der Kläger in den Betriebsrat gewählt. Nach Ablauf der Befristung erhielt der Kläger – anders als 16 der insgesamt 19 befristet Beschäftigten – kein Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Folgevertrags. Der Kläger sah darin eine Benachteiligung aufgrund seiner Betriebsratsmitgliedschaft bzw. seiner Kandidatur über die Gewerkschaftsliste. Zwar habe die Arbeitgeberin mit anderen Betriebsratsmitgliedern unbefristete Arbeitsverträge geschlossen, diese hätten aber - anders als er - nicht auf der Gewerkschaftsliste für den Betriebsrat kandidiert. Mit seiner Klage wandte er sich deshalb gegen die Wirksamkeit der Befristung und verlangte hilfsweise die Verurteilung der Beklagten zum Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags. Die Beklagte bestritt eine Diskriminierung und führte mangelnde Arbeitsleistung sowie Schwierigkeiten im Umgang mit Kollegen als Grund an, dass sie dem Kläger keinen unbefristeten Arbeitsvertrag angeboten hatte. Beide Vorinstanzen hielten die Befristung des Arbeitsvertrags für wirksam und haben das unterlassene Angebot eines unbefristeten Folgevertrags nicht auf das Betriebsratsamt des Klägers zurückgeführt.

Die Entscheidung

Das BAG bestätigte mit seiner Entscheidung nicht nur die Vorinstanzen, sondern auch seine Entscheidungen vom 5. Dezember 2012 (7 AZR 698/11) und vom 25. Juni 2014 (7 AZR 847/12), wonach die Wahl eines befristet beschäftigten Arbeitnehmers in den Betriebsrat keine automatische Unwirksamkeit der Befristung bedinge.

  • Die Mitgliedschaft im Betriebsrat stehe der Wirksamkeit der sachgrundlosen Befristung des Arbeitsverhältnisses nach § 14 Abs. 2 TzBfG grundsätzlich nicht entgegen.
  • Auch das Unionsrecht gebiete keine teleologische Reduktion dieses Grundsatzes.
  • Der notwendige Schutz als Betriebsratsmitglied werde bereits durch das Benachteiligungsverbot des § 78 S. 2 BetrVG gewährleistet, wonach ein Betriebsratsmitglied bei der Ausübung seiner Tätigkeit weder gestört noch behindert werden dürfe. Hiergegen verstoße ein Arbeitgeber, der eine Entfristung gerade wegen der Betriebsratstätigkeit ablehne.
  • Das LAG habe jedoch in nicht zu beanstandender Weise den wechselseitigen Parteivortrag gewürdigt und die Überzeugung gebildet, dass die Betriebsratstätigkeit nicht den Grund zur Verweigerung des unbefristeten Folgevertrags darstellte.

Gleiss Lutz kommentiert

Das bisher nur als Pressemitteilung vorliegende Urteil stellt klar: Das Betriebsratsamt allein begründet weder die Unwirksamkeit einer Befristung noch einen Anspruch auf den Abschluss eines unbefristeten Folgevertrages. 

Nur eine konkret nachweisbare unzulässige Benachteiligung im Sinne des § 78 S. 2 BetrVG eröffnet im Einzelfall einen Anspruch auf den Abschluss eines unbefristeten Folgevertrags. Das Betriebsratsmitglied trägt für diesen Anspruch die Darlegungs- und Beweislast. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass die Entscheidung gegen das Angebot eines unbefristeten Folgevertrages auf der Betriebsratstätigkeit beruht. Nach einer früheren Entscheidung des BAG (Urteil vom 25. Juni 2014 – 7 AZR 847/12) reicht es jedoch aus, dass das Betriebsratsmitglied Indizien für die Beweggründe des Arbeitgebers vorträgt, die den Schluss rechtfertigen, die Entscheidung gegen ein Folgeangebot habe ihren Grund in der Betriebsratstätigkeit. Solche Indizien können etwa im Angebot von Folgeverträgen für andere Arbeitnehmer liegen oder in Äußerungen über die Betriebsratstätigkeit des Mitglieds. Werden diese Indizien im Prozess vorgetragen, muss der Arbeitgeber sich hierzu wahrheitsgemäß erklären.

Für die Praxis bleibt entscheidend, dass Arbeitgeber die Überprüfung von Befristungen und die Entscheidungen über das Angebot von Folgeverträgen anhand der einheitlichen, auch für andere Arbeitnehmer geltenden Maßstäbe durchführen. Bei befristet beschäftigten Betriebsratsmitgliedern sollten sie vor Auslaufen der Befristung prüfen, ob ein Nachfolgevertrag angeboten werden soll. Die sachlichen Kriterien der Entscheidungsprozesse sollten dokumentiert werden. Die Betriebsratstätigkeit muss bei der Entscheidung unberücksichtigt bleiben.

Weiterleiten
Keep in Touch

Keep in Touch
Gleiss Lutz informiert

Gerne nehmen wir Sie auf unseren Verteiler auf und informieren Sie über aktuelle Rechtsentwicklungen und Veranstaltungen.

Jetzt anmelden