Healthcare und Life Sciences

Update In-vitro-Diagnostika und Medizinprodukte: Deutlich längere IVDR-Übergangsfristen / Neuer Klassifizierungsleitfaden für die MDR

Neues zur IVDR/MDR: Verschiebung der IVDR-Übergangsfristen / Neue Eudamed-Module funktionsfähig / Leitfaden zur MDR-Klassifizierung

In diesen Tagen sind eine Reihe von Änderungen und Neuigkeiten zum Medizinprodukterecht, genauer zu den EU-Verordnungen 2017/745 über Medizinprodukte (MDR) und 2017/746 über In-vitro-Diagnostika (IVDR), veröffentlicht worden. Eine Ausweitung der Übergangsregelungen für die IVDR befindet sich im Gesetzgebungsverfahren (I.), neue EUDAMED-Module sind verfügbar (II.), die MDCG hat einen Leitfaden zur Klassifizierung von Medizinprodukten herausgegeben (III.) und das Helsinki-Verfahren wurde auf MDR und IVDR angepasst (IV.).

 

I. Kommission schlägt Ausweitung der Übergangsregelungen für In-vitro-Diagnostika vor

Am 14. Oktober 2021 hat die EU-Kommission einen Verordnungsvorschlag für eine Änderung der kommenden EU-Verordnung 2017/746 – IVDR veröffentlicht. Der Vorschlag sieht keine inhaltlichen Änderungen, sondern eine Verlängerung der Übergangsfristen vor, in denen die nach den bisherigen Regeln in Verkehr gebrachten und zertifizierten In-vitro-Diagnostika weiterhin in Verkehr gebracht und abverkauft werden können. verkehrsfähig bleiben. Damit sollen Lieferprobleme von In-vitro-Diagnostika wie HIV-Tests, Schwangerschaftstests oder SARS-CoV-2-Tests vermieden werden. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens der IVDR am 26. Mai 2022 bleibt aber unverändert. Eine der wichtigsten praktischen Auswirkungen der IVDR betrifft die Mitwirkung unabhängiger Konformitätsbewertungsstellen (im Folgenden „Benannte Stellen“). Derzeit unterliegen nur etwa 8 % aller auf dem Markt befindlichen In-vitro-Diagnostika aufgrund ihrer Risikoklasse einem solchen Verfahren.

Nach den Klassifizierungsregeln der IVDR werden jedoch etwa 80 % der In-vitro-Diagnostika durch Benannte Stellen vor dem Inverkehrbringen zu zertifizieren sein. Für die Hersteller bedeutet dies, dass sie sich an eine Benannte Stelle wenden und nach Abschluss des entsprechenden Konformitätsbewertungsverfahrens eine oder mehrere Bescheinigungen einholen müssen, bevor sie ihre Produkte in Verkehr bringen können. Ein solches Verfahren nimmt, abhängig von der jeweiligen Risikoklasse des Produkts, durchschnittlich etwa ein Jahr in Anspruch, danach sind ca. sechs weitere Monate erforderlich, um die Produkte herzustellen und auf den Markt zu bringen.

Die Kommission geht davon aus, dass die betreffenden Akteure aufgrund der außergewöhnlichen Umstände im Zuge von COVID-19 nicht in der Lage sein werden, die ordnungsgemäße Durchführung und Anwendung der Verordnung ab dem 26. Mai 2022 sicherzustellen. Insbesondere besteht ein erheblicher Mangel an Kapazitäten der Benannten Stellen, was es den Herstellern unmöglich mache, die gesetzlich vorgeschriebenen Konformitätsbewertungsverfahren rechtzeitig durchzuführen. Ob und wann eine ausreichende Anzahl benannter Stellen zur Verfügung stehen wird, welche nach der IVDR eine Konformitätsbewertung durchführen können, ist gegenwärtig offen. Gegenwärtig sind nur sechs benannte Stellen nach IVDR zertifiziert und elf Antragsverfahren dauern an.

Artikel 110 IVDR enthält bereits in der aktuellen Fassung Übergangsbestimmungen für solche Produkte, für die bereits gemäß der Richtlinie 98/79/EG ein Konformitätsbewertungsverfahren erforderlich war. Diese Übergangsregelungen sollen auf den 27. Mai 2025 verlängert werden. Zugleich sollen für Produkte, für die bereits vor dem 26. Mai 2022 ohne Einbeziehung einer Benannten Stelle vom Hersteller selbst Konformitätserklärungen ausgestellt wurden und die gemäß der Verordnung (EU) 2017/746 erstmals einer Konformitätsbewertung durch eine benannte Stelle unterzogen werden müssen, nach ihrer Risikoklasse abgestufte Übergangsfristen eingeführt werden. Dabei gilt: Je höher die Risikoklasse ist, desto früher müssen die In-vitro Diagnostika den Regeln der IVDR entsprechen.

Ferner werden die Abverkaufsfristen für die innerhalb der (verlängerten) Übergangsfristen aufgrund der RL 98/79/EG in Verkehr gebrachten Medizinprodukte verlängert.

 

Eine tabellarische Gegenüberstellung der bisherigen Übergangsfristen und den verlängerten Fristen des Kommissionsvorschlags einschließlich der jeweiligen Abverkaufszeiträume finden Sie hier.

 

Eine Verschiebung des Geltungsbeginns der IVDR insgesamt lehnt die Kommission ab, da sie das größte Problem in der begrenzten Kapazität der Benannten Stellen sieht. Dieser „Flaschenhals“ soll dadurch erweitert werden, dass die jeweils zur Konformitätsbewertung anstehenden Produkte auf einen längeren Zeitraum verteilt werden sollen. Damit sollen die Anforderungen der neuen Verordnung schrittweise eingeführt werden können und gleichzeitig den In-vitro-Diagnostika mit hohem Risiko Vorrang eingeräumt werden.

 

II. Neue EUDAMED-Module zur Produkterkennung- und registrierung sowie zu Benannten Stellen und Zertifikaten

Die Datenbank für Medizinprodukte EUDAMED wird einen Überblick über alle in der Europäischen Union verfügbaren Medizinprodukte ermöglichen.

Die Entwicklung von EUDAMED macht Fortschritte. Nachdem das erste Modul zur Registrierung der Akteure im Dezember 2020 in Betrieb ging, stehen seit Anfang Oktober 2021 das zweite und dritte von sechs Modulen, das Modul zur einmaligen Produkterkennung UDI (Unique Device Identification) und Produktregistrierung sowie das Modul zu Benannten Stellen und Zertifikaten, zur Verfügung.

Dort können bereits jetzt auf freiwilliger Basis Daten eingegeben werden. Die übrigen Module sowie die Funktionen des Kontrollmechanismus und des CECP werden freigegeben, sobald EUDAMED voll funktionsfähig ist.

 

III. Leitfaden zur Klassifizierung von Medizinprodukten durch die MDCG

Des Weiteren hat die Koordinierungsgruppe Medizinprodukte (Medical Device Coordination Group - MDCG) mit der MDCG 2021-24 einen Leitfaden zur Klassifizierung von Medizinprodukten herausgegeben. Dieser enthält Informationen zum Zweck und zur praktischen Relevanz der Klassifizierung, zur Durchführung der Klassifizierung und zur Anwendung von Klassifizierungsregeln wie auch eine allgemeine Erläuterung der Regeln und auftretender Fragen.

 

IV. Aktualisierte Version des Helsiniki-Verfahrens

Schließlich wurde eine für die MDR und IVDR aktualisierte Version des Helsinki-Verfahrens veröffentlicht, mit dem sich die jeweiligen national zuständigen Behörden über die Grenzfälle bei der Einordnung als Medizinprodukte oder IVD im Vergleich zu anderen Produktgruppen abstimmen.

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