Energie & Infrastruktur

EU-Kommission legt Definition für grünen Wasserstoff vor

Am 13. Februar 2023 hat die Europäische Kommission („EU-Kommission“) Kriterien dafür vorgelegt, wann Wasserstoff in der EU als grün gilt. Die neue Definition wird beträchtliche Auswirkungen auf den gesamten EU-Rechtsrahmen für Wasserstoff haben. Dieser umfasst u.a. Regelungen zu Energieinfrastrukturinvestitionen und zu staatlichen Beihilfen. Die EU-Kommission will mit klaren Kriterien und einem Zertifizierungssystem Rechtssicherheit für Investoren schaffen, um die ambitionierten Ziele im Rahmen des europäischen Green Deals und des REPowerEU-Plans zu erreichen.

Regelungsgegenstand und -ziel

Wasserstoff ist in den letzten Jahren vermehrt in den Fokus des europäischen Gesetzgebers geraten. Er kann sowohl als Energieträger und -speicher, als auch für zahlreiche weitere Anwendungen in der Industrie und im Verkehr verwendet werden. Dabei verursacht er keine CO2-Emissionen. Wasserstoff nimmt daher eine Schlüsselrolle in der EU-Strategie für eine kosteneffiziente Energiewende ein. Dies zeigt sich insbesondere an der 2020 von der EU-Kommission veröffentlichten Wasserstoffstrategie. Nach dieser Strategie soll Wasserstoff entscheidend zur Dekarbonisierung der Industrie und des Schwerlastverkehrs beitragen. Mit dem Paket „Fit for 55“ hat die EU-Kommission außerdem Anreize für die Nutzung von Wasserstoff geschaffen. Dazu zählen beispielsweise verbindliche Ziele für die Industrie und den Verkehrssektor. Der 2022 vorgelegte REPowerEU-Plan weist Wasserstoff zusätzlich eine Schlüsselrolle dabei zu, die EU von fossilen Brennstoffen aus Russland unabhängig zu machen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen bis 2030 10 Mio. Tonnen erneuerbaren Wasserstoffes innerhalb der EU erzeugt und in dem selben Umfang in die EU importiert werden.

In diesen Regelungsrahmen fügen sich die zwei am 13. Februar 2023 vorgestellten delegierten Rechtsakte der EU-Kommission ein. Deren Grundlage ist die Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (sog. RED II, nachfolgend „Erneuerbare-Energien-Richtlinie“). Ziel dieser Richtlinie ist es, den Anteil an erneuerbaren Energien in den Sektoren Strom, Wärme und Transport bis zum Jahr 2030 zu erhöhen. Sie enthält dafür allerdings keine abschließenden Regelungen. Insbesondere enthält die Richtlinie keine expliziten Vorschriften dazu, wann Wasserstoff als erneuerbar gilt und wie Erzeuger diese Eigenschaft nachweisen können. Der EU-Kommission wurde die Befugnis verliehen, dafür Kriterien festzulegen. Nach langem Entscheidungsprozess hat die EU-Kommission nun von dieser Befugnis Gebrauch gemacht. Mit zwei delegierten Rechtsakten hat sie u.a. Kriterien vorgeschlagen, anhand derer bestimmt werden kann, was in der EU als grüner Wasserstoff gilt. Nach den Ausführungen der EU-Kommission sind beide Rechtsakte erforderlich, damit Brenn- bzw. Kraftstoffe auf das mitgliedstaatliche Ziel zur Erhöhung des Anteils an erneuerbaren Energien angerechnet werden können.

Im ersten delegierten Rechtsakt legt die EU-Kommission die Bedingungen dafür fest, wann Wasserstoff, wasserstoffbasierte Kraftstoffe oder andere Energieträger als erneuerbarer Brenn- bzw. Kraftstoff nicht biogenen Ursprungs (RFNBO) einzustufen sind. Dafür werden die Grundsätze der Zusätzlichkeit und der geographischen und zeitlichen Korrelation präzisiert. Diese sind bereits in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie angelegt. Mit anderen Worten enthält der erste delegierte Rechtsakt zum einen die Kriterien dafür, wann Wasserstoff in der EU als grün gilt. Zum anderen legt er fest, wie Wasserstofferzeuger nachweisen können, dass die dafür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Der zweite delegierten Rechtsakt enthält die Methode, anhand derer die Treibhausgaseinsparungen der RFNBO über den gesamten Lebenszyklus berechnet werden sollen. Zusätzlich wird ein Mindestschwellenwert definiert: RFNBO sind nur dann auf das EU-Ziel für erneuerbare Energien anrechenbar, wenn sie im Vergleich zu fossilen Brennstoffen Treibhausgaseinsparungen von mehr als 70 Prozent erzielen.

Warum ist die neue Definition relevant?

Die Definition für grünen Wasserstoff ist primär im Regelungskontext der Erneuerbare-Energien-Richtlinie relevant. Denn sie ist entscheidend dafür, ob Wasserstoff auf das mitgliedstaatliche Ziel zur Erhöhung des Anteils an erneuerbaren Energien im Verkehrssektor angerechnet werden kann. Dadurch wird der Definition aber auch im Rahmen der jeweiligen nationalen Fördersysteme große Bedeutung zukommen. In Deutschland betrifft das insbesondere das Erneuerbare-Energien-Gesetz und das Bundes-Immissionsschutzgesetz.

Das Bundesumweltministerium hat bereits angekündigt, für die Förderung von grünem Wasserstoff im Verkehr die delegierten Rechtsakte „sehr zeitnah“ umzusetzen. Dafür ist eine Novellierung der 37. BImSchV vorgesehen. Auch im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ist geplant, die bestehenden Kriterien für grünen Wasserstoff an die europäischen Vorgaben anzupassen (vgl. BR-Drs. 162/22). Die neue Definition wird sich also zeitnah auf den nationalen Regelungsrahmen für Wasserstoff auswirken. Das ist für Wasserstofferzeuger von Interesse, da verschiedene nationale Regelungen die Eigenschaft als grün/erneuerbar zur Voraussetzung für Privilegierungstatbestände machen. Beispielsweise ermöglicht § 69b EEG, dass Einrichtungen zur Herstellung von grünem Wasserstoff vollständig von der EEG-Umlage befreit werden. Daneben sieht § 39p EEG Ausschreibungen für Anlagen zur Erzeugung von Strom aus grünem Wasserstoff vor. § 39q EEG regelt für diese Anlagen besondere Zahlungsbestimmungen. Aber auch in anderen Gesetzen, beispielsweise dem Energiefinanzierungsgesetz, finden sich spezielle Privilegierungen für grünen Wasserstoff. So beinhaltet § 25 EnFG für Anlagen, die vor dem 1. Januar 2030 in Betrieb genommen werden, eine Umlagebefreiung bei der Herstellung von grünem Wasserstoff.

Perspektivisch wird den neuen Kriterien für grünen Wasserstoff eine noch deutlich weitreichendere Bedeutung zukommen. Das ergibt sich vor dem Hintergrund der derzeitigen Überarbeitung der Erneuerbare-Energien-Richtlinie auf europäischer Ebene. Nach den Vorschlägen der EU-Kommission sollen die beiden delegierten Rechtsakte vom 13. Februar 2023 in Verbindung mit der aktualisierten Richtlinie zum zentralen regulatorischen Instrument für den Markthochlauf von grünem Wasserstoff in allen Sektoren werden.

Wann ist Wasserstoff grün/erneuerbar?

Als Grundsatz gilt: Mit Elektrolyseuren erzeugter Wasserstoff gilt nur dann als erneuerbarer Wasserstoff, wenn er mit Strom aus erneuerbaren Quellen erzeugt wird. Wasserstofferzeuger müssen daher nachweisen, dass der von ihnen verwendete Strom aus erneuerbaren Quellen stammt.

Der Strom kann entweder aus einer an die Produktionsanlage (meist Elektrolyseure) direkt angeschlossenen Stromerzeugungsanlage bezogen werden oder aus dem Stromnetz entnommen. Für beide Konstellationen enthalten die Vorschriften der EU-Kommission Kriterien, anhand derer Wasserstofferzeuger nachweisen können, dass der genutzte Strom erneuerbar ist. Entscheidend sind dabei die Grundsätze der Zusätzlichkeit, sowie der zeitlichen und geographischen Korrelation.

Der Grundsatz der Zusätzlichkeit soll sicherstellen, dass die höhere Nachfrage nach Wasserstoff mit der Schaffung neuer Kapazitäten für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Quellen einhergeht. Die sog. zeitliche und geographische Korrelation sollen gewährleisten, dass erneuerbarer Wasserstoff nur zu Zeiten und an Orten erzeugt wird, zu bzw. an denen ausreichend erneuerbare Energie zur Verfügung steht. Mitgliedstaaten haben die Möglichkeiten, zusätzliche Kriterien für die geographische Korrelation einzuführen. Diese Kriterien können sich beispielsweise auf die Standortauswahl für Elektrolyseure auswirken.

Ein Elektrolyseur kann direkt an eine neue Stromerzeugungsanlage angeschlossen sein. Der so erzeugte Wasserstoff gilt als erneuerbar/grün, wenn der Wasserstofferzeuger folgendes kumulativ nachweist:
Die Stromerzeugungsanlage

  • erzeugt Strom aus erneuerbaren Energiequellen,
  • ist direkt mit der Wasserstofferzeugungsanlage verbunden oder ist Teil dieser,
  • wurde frühestens 36 Monate vor der Wasserstofferzeugungsanlage in Betrieb genommen, und
  • ist nicht an das Stromnetz angeschlossen, oder verfügt, wenn sie an das Stromnetz angeschlossen ist, über ein intelligentes Messsystem. Dieses muss zeigen, dass dem Stromnetz kein Strom entnommen wird um den Wasserstoff zu erzeugen.

Eine spezielle Regelung ist für den Fall vorgesehen, dass die Produktionskapazitäten einer bereits bestehenden Wasserstofferzeugungsanlage erweitert werden. Erfolgt diese Erweiterung innerhalb von 36 Monaten nach Inbetriebnahme der Anlage und am selben Standort, ist für die Berechnung der 36-Monats-Frist auf den Zeitpunkt der Inbetriebnahme der ursprünglichen Anlage abzustellen. Ohne diese Regelung könnte die Schaffung neuer Produktionskapazitäten dazu führen, dass der erzeugte Wasserstoff nicht grün ist.

Wasserstofferzeuger können den Elektrolysestrom aber auch aus dem Stromnetz entnehmen. Der so erzeugte Wasserstoff gilt als grün/erneuerbar, wenn der verwendete Strom als vollständig erneuerbar angerechnet werden kann. Dafür nennt die EU-Kommission vier verschiedene Möglichkeiten:

  • Der Elektrolyseur befindet sich in einer Gebotszone, in der der durchschnittliche Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien im vorangegangenen Kalenderjahr über 90 % lag. Zusätzlich darf die Erzeugung von RFNBOs eine im Verhältnis zum Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien in der Gebotszone festgelegte Höchstzahl von Stunden nicht überschreiten. Im delegierten Rechtsakt ist dafür eine Berechnungsmethode festgelegt.

  • Der Elektrolyseur befindet sich in einer Gebotszone, in der die Emissionsintensität von Strom weniger als 18 gCO2eq/MJ beträgt. Des Weiteren muss der Wasserstofferzeuger einen oder mehrere Stromabnahmeverträge für erneuerbare Energien (PPA) abschließen, durch die Strom in einer Menge erzeugt wird, die mindestens der Menge an Strom entspricht, die als vollständig erneuerbar angegeben wird. Zusätzlich zu diesen beiden Voraussetzungen müssen auch die Bedingungen der zeitlichen und geographischen Korrelation erfüllt sein.

  • Der Strom zur Herstellung des Wasserstoffs wird während eines Ausgleichszeitraums verbraucht. In diesem Fall muss der Wasserstofferzeuger aber bestimmte Nachweise auf der Grundlage von Angaben des nationalen Netzbetreibers erbringen. Er muss belegen, dass Stromerzeugungsanlagen, die erneuerbare Energiequellen nutzen, nach unten rückverteilt (redispatched) wurden und dass der für die Erzeugung von RFNBO verbrauchte Strom den Bedarf an Rückverteilung (Redispatching) in entsprechendem Umfang verringert hat.

  • Der verwendete Strom kann auch dann als erneuerbar angerechnet werden, wenn keine dieser Alternativen erfüllt ist. Dafür müssen die Voraussetzungen der Zusätzlichkeit, der geographischen und der zeitlichen Korrelation erfüllt sein. Die Anforderungen dieser Grundsätze werden in den delegierten Rechtsakten konkretisiert.

Wasserstoff aus Kernenergie kann grün sein

Auf politischer Ebene war und ist insbesondere umstritten, ob Wasserstoff aus Kernenergie als grün eingestuft werden soll.

Die beiden delegierten Rechtsakte basieren auf der Erneuerbare-Energien-Richtlinie. Diese führt Kernenergie nicht als erneuerbare Energiequelle auf. Dennoch kann aus Kernenergie hergestellter Wasserstoff nach den neuen Kriterien der EU-Kommission unter bestimmten Voraussetzungen als grün eingestuft werden. Denn Netzstrom kann auch dann als grün angerechnet werden, wenn er aus einer Gebotszone mit einer CO2-Intensität des dort produzierten Stroms von weniger als 18 gCO2eq/MJ stammt. Ein Stromnetz mit hohem Atomstrom-Anteil weist niedrige Co2-Emissionen auf. Wird dieser Netzstrom für die Elektrolyse verwendet, kann also nach der neuen Definition auch der erzeugte Wasserstoff grün sein. Zusätzlich müssen aber, wie oben dargestellt, weitere Kriterien erfüllt sein. Die Entscheidung, dass auch Wasserstoff aus Atomstrom unter bestimmten Voraussetzungen grün ist, steht im Einklang mit der europäischen Taxonomie-Verordnung. Diese stuft Kernenergie unter bestimmten Voraussetzungen als grüne Übergangstätigkeit ein.

Vorschriften gelten auch für Einführer von Wasserstoff in die EU

Die Anforderungen an die Erzeugung von grünem Wasserstoff sollen nicht nur für die Wasserstofferzeuger innerhalb der EU gelten. Sie sind auch von Erzeugern in Drittländern zu beachten, wenn diese den Wasserstoff als erneuerbaren und auf die EU-Ziele anrechenbaren Wasserstoff in die EU einführen wollen.

Damit Wasserstofferzeuger (innerhalb und außerhalb der EU) nachweisen können, dass sie die Vorschriften des EU-Rahmens einhalten, wird ein neues Zertifizierungssystem eingeführt. So soll den Wasserstofferzeugern der Handel mit erneuerbarem Wasserstoff im Binnenmarkt auf möglichst unkomplizierte Weise ermöglicht werden.

Das Zertifizierungssystem basiert auf sog. freiwilligen Systemen. Diese werden bereits weltweit für die Zertifizierung von Biokraftstoffen und Biomasse verwendet. Die Prüfung und Anerkennung der freiwilligen Systeme wird zentral durch die EU-Kommission erfolgen. Ein freiwilliges System wird von der EU-Kommission zertifiziert, wenn es sicherstellt, dass die rechtlichen Anforderungen an die Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff ordnungsgemäß überprüft werden. Hierzu bedarf es detaillierter Dokumentationspflichten und Zertifizierungsverfahren für die Wasserstofferzeuger. Wenn einzelne Kriterien (beispielsweise Gebietszonen) außerhalb der EU nicht umsetzbar sind, müssen alternative Regelungen getroffen werden. Dafür enthält der Rechtsakt der EU-Kommission bereits Leitlinien. Legt ein Wasserstofferzeuger einen Nachweis vor, der aus einem anerkannten System stammt, so muss dieser von allen Mitgliedstaaten akzeptiert werden.

Die Kriterien dafür, wann die Erzeugung von Wasserstoff außerhalb der EU grün ist, werden in Deutschland insbesondere für die Förderregelung „H2Global“ relevant werden. Im Rahmen von „H2Global“ wird über ein Doppelauktionsmodell der Import von außerhalb der EU produziertem grünem Wasserstoff gefördert. Damit der auf diesem Weg importierte Wasserstoff auf die deutschen Zielvorgaben unter der Erneuerbare-Energien-Richtlinie angerechnet werden kann, müssen der Förderung die von der EU-Kommission vorgegebenen Kriterien zugrunde gelegt werden.

Stufenweise Einführung der Regelungen

Die Rechtsakte der EU-Kommission sehen vor, die neuen Regelungen stufenweise einzuführen. Parallel zur geplanten Entwicklung der Wasserstoffbranche werden die Vorschriften verschärft. Das soll den Wirtschaftsakteuren ermöglichen, sich an den neuen Regelungsrahmen anzupassen. Außerdem soll dies den bestehenden Investitionsverpflichtungen Rechnung tragen.

Hinsichtlich der Anforderungen an die Zusätzlichkeit ist daher ein Übergangszeitraum vorgesehen. Diese Ausnahmeregelung erfasst Wasserstoffprojekte, die vor dem 1. Januar 2028 in Betrieb genommen werden. Im Rahmen dieser Projekte erzeugter Wasserstoff kann auch dann grün sein, wenn langfristige Verträge über den Bezug von erneuerbarem Strom mit bereits bestehenden Anlagen abgeschlossen werden. Der Übergangszeitraum soll verhindern, dass es zu Verzögerungen bei der Einführung von Elektrolyseuren kommt. Denn die Planung, Genehmigung und Installation neuer Anlagen zur Erzeugung zusätzlicher erneuerbarer Energien ist mit einem hohen Zeitaufwand verbunden.

Auch hinsichtlich der Anforderungen an die zeitliche Korrelation ist eine Einführungsphase bis einschließlich 31. Dezember 2029 vorgesehen. In diesem Zeitraum dürfen Erzeuger von erneuerbarem Wasserstoff die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen und die damit verbundene Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff auf Monatsbasis abgleichen. Das bedeutet, dass die Elektrolyseure in dieser Einführungsphase zu jeder Stunde betrieben werden können, solange die Gesamtmenge des verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Quellen der Gesamtmenge an erneuerbarem Wasserstoff entspricht, die in dem betreffenden Kalendermonat des Jahres erzeugt wurde. Allerdings haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, bereits ab dem 1. Juli 2027 strengere Vorschriften bzgl. der zeitlichen Korrelation zu erlassen (Bsp.: stündlicher Abgleich). Ab dem 1. Januar 2030, mit dem Ende der Einführungsphase, müssen schließlich alle Erzeuger von erneuerbarem Wasserstoff den gekauften Strom auf Stundenbasis abgleichen.

Auswirkungen auf finanzielle Förderung der EU und der Mitgliedstaaten

Die Definition für grünen Wasserstoff ist aus Unternehmenssicht insbesondere im Hinblick auf finanzielle Förderungsmöglichkeiten von großer Bedeutung. Sie soll sowohl als Orientierungshilfe für die Genehmigung nationaler Beihilfen dienen, als auch auf europäischer Ebene vorhandene Mittel hin zu erneuerbarem Wasserstoff lenken. Es ist daher davon auszugehen, dass die Einstufung als grüner Wasserstoff zu einem entscheidenden Kriterium bei der Zuteilung finanzieller Mittel wird.

Auf nationaler Ebene werden die neuen Kriterien, wie bereits ausgeführt, insbesondere für die Förderregelung „H2Global“ relevant werden. Aber auch viele europäische Fördervorgaben beziehen sich explizit auf erneuerbaren Wasserstoff. Beispielsweise wurden 2021 die Vorschriften für staatliche Beihilfen im Rahmen des Pakets „Fit für 55“ aktualisiert. Mit diesen sollen die Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff gezielt unterstützt werden. In diesem Zusammenhang wurden bereits mitgliedstaatliche Fördermittel in Höhe von 10,6 Mrd. EUR für zwei wichtige Wasserstoff-Vorhaben von gemeinsamen europäischem Interesse (IPCEI) genehmigt. Ab 2023 wird nach Angaben der EU-Kommission auch der europäische Innovationsfonds Festprämienauktionen für erneuerbaren Wasserstoff unterstützen. Bei der ersten Pilotauktion stehen voraussichtlich 800 Mio. Euro zur Verfügung.

Außerdem wird die Einstufung als grüner Wasserstoff im Rahmen des REPowerEU-Plan relevant werden. Die delegierten Rechtsakte ergänzen nach Angaben der EU-Kommission die Leitlinien für den REPowerEU-Plan. Die neue Definition wird also entscheidend dafür, ob Wasserstoff auf das europäische Ziel bis 2030 10 Mio. Tonnen erneuerbaren Wasserstoffes innerhalb der EU zu erzeugen und in dem selben Umfang in die EU zu importieren, angerechnet werden kann. Aus Unternehmenssicht ist dies wichtig, da die EU das Erreichen dieses Ziels mit Fördermitteln unterstützen will. Beispielsweise werden 200 Mio. Euro für sog. „Hydrogen-Valleys“ (regionale Ökosysteme, die die Wasserstoffproduktion, den Transport und verschiedene Endanwendungen miteinander verbinden) bereitgestellt.

Zusammenfassung und Ausblick

Mit den zwei delegierten Rechtsakten hat die EU-Kommission die lang erwartete Definition dafür vorgelegt, wann Wasserstoff in der EU als grün gilt. Diese Definition wird beträchtliche Auswirkungen auf den gesamten Rechtsrahmen für Wasserstoff haben. Die beiden delegierten Rechtsakte der EU-Kommission werden nun dem Europäischen Parlament und dem Rat übermittelt. Diese haben zwei Monate Zeit, um die Vorschläge zu prüfen und sie entweder anzunehmen oder abzulehnen. Auf Antrag kann der Prüfungszeitraum um weitere zwei Monate verlängert werden. Beide Organe haben aber nicht die Möglichkeit, die Vorschläge zu ändern. Es wird davon ausgegangen, dass die Rechtsakte innerhalb dieser Fristen angenommen werden. Die Vorschritten werden dann am zwanzigsten Tag nach ihrer Verkündung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft treten.

Politisch umstritten ist allerdings weiterhin (insbesondere zwischen Frankreich und Deutschland), ob auch Wasserstoff aus Kernenergie als grün eingestuft werden soll. Ähnlich war es bereits bei der Taxonomie-Verordnung. Es könnte ähnlich enden. Auch bei der Taxonomie-Verordnung ist – auf Betreiben Österreichs – der EuGH schließlich dazu angerufen worden.

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