Öffentliches Recht

Wärme aus der Tiefe – Bundesregierung startet Geothermie-Offensive

Mit dem Referentenentwurf für ein Geothermie-Beschleunigungsgesetz will die Bundesregierung den stockenden Ausbau der klimaneutralen Wärmeversorgung deutlich ankurbeln. Geothermie soll künftig schneller geplant, genehmigt und umgesetzt werden. Der Entwurf setzt dafür auf klare Priorisierung, digitale Verfahren, straffere Fristen und neue Rollen wie Projektmanager – flankiert von rechtlichen Erleichterungen bei der Standortsuche.

Hintergrund und Ziele

Deutschland will bis 2045 treibhausgasneutral werden – im Wärmesektor besteht dabei großer Nachholbedarf: Rund 50 % der eingesetzten fossilen Energie in Deutschland entfällt auf die Wärmeversorgung, der Anteil erneuerbarer Energien liegt bei unter 20 %. Geothermie kann hier einen entscheidenden Beitrag leisten, denn sie liefert zuverlässig und ganzjährig klimaneutrale Wärme. Dennoch wird ihr Potenzial in Deutschland bislang kaum genutzt: Unter 2 % der Wärme stammt derzeit aus geothermischen Quellen.

Mit dem am 3. Juli 2025 vorgelegten Referentenentwurf will die Bundesregierung den Ausbau der Geothermie spürbar beschleunigen. Ziel ist eine schrittweise Umstellung der Wärmeversorgung auf klimaneutrale Quellen. Geothermie-Projekte sollen u. a. durch digitale, vereinfachte Verfahren im Wasser- und Bergrecht schneller geplant, genehmigt und umgesetzt werden. Auch Wärmeleitungen sollen künftig zügiger gebaut und rechtlich mit Gasleitungen gleichgestellt werden.

Geothermie als öffentliches Interesse von überragender Bedeutung

Kern des Referentenentwurfs ist die Schaffung eines Geothermie-Beschleunigungsgesetzes (GeoBG-RefE).  § 4 GeoBG-RefE sieht vor, dass Errichtung, Betrieb oder Änderung einer in § 2 Nrn.1-4 genannten Anlage bis zum Erreichen der Netto-Treibhausgasneutralität 2045 im überragenden öffentlichen Interesse liegt und der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit dient. Damit bedient sich der Referentenentwurf eines bewährten Beschleunigungsinstruments, wie die große Durchschlagskraft von § 2 EEG beim Ausbau der erneuerbaren Energien gezeigt hat (wir berichteten: Erneuerbare Energien als „Freiheitsenergien“ | Gleiss Lutz). Seine Grenze findet das öffentliche Interessen jedoch in Belangen der Landes- und Bündnisverteidigung.

Erleichterung bei der seismischen Erkundung

Um geeignete Standorte für Geothermieprojekte zu identifizieren, sollen seismische Erkundungen künftig einfacher möglich sein. Der Gesetzentwurf stellt klar: Untersuchungen mit Vibrotrucks auf befestigten Wegen gelten in der Regel nicht als erhebliche Störung streng geschützter Tierarten, § 6 GeoBG-RefE. Voraussetzung ist, dass keine mutwillige Beunruhigung erfolgt. Zudem müssen Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigte Maßnahmen, wie das Aufstellen von Messgeräten oder das Befahren privater Wege im Rahmen solcher Erkundungen, dulden, § 7 Abs. 1 GeoBG-RefE. Damit sollen potenzielle Geothermie-Standorte schneller und rechtssicher erschlossen werden.

Vereinfachung und Beschleunigung der Genehmigungsverfahren, Anpassung des Bergbaurechts

Der Gesetzentwurf setzt u. a. auf drei zentrale Maßnahmen, um Genehmigungsverfahren für Geothermie-Projekte spürbar zu beschleunigen: Erstens sollen Verfahren digitalisiert werden. Bergrechtliche Zulassungsverfahren – etwa für Tiefengeothermieprojekte – können künftig über die „einheitliche Stelle“ elektronisch abgewickelt werden, § 57e Abs. 2 BbergG-E. Auch für Wärmeleitungen bringt das Gesetz Neuerungen: § 8 Abs. 2 GeoBG-RefE verweist auf bewährte Regeln aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz, wie sie bereits bei Gasleitungen gelten. Dadurch werden Zulassungsverfahren entbürokratisiert, digitalisiert und deutlich beschleunigt. Wärmeleitungen werden damit rechtlich Gas- und Wasserstoffleitungen gleichgestellt.

Zweitens werden für eine Reihe von Projekttypen behördliche Fristen verkürzt: Bergbaurechtliche Genehmigungen für Tiefengeothermieanlagen, Wärmespeicher oder Wasserstoffspeicher müssen innerhalb eines Jahres abgeschlossen sein, § 57e Abs. 6 BbergG-E. Für kleinere Erdwärmepumpen (unter 50 Megawatt) gilt eine Drei-Monats-Frist. Zudem soll die Verzögerungen durch unklare Verfahrenslagen vermieden werden, indem die Vollständigkeit der Unterlagen fingiert wird, wenn die Behörde nicht rechtzeitig reagiert.

Drittens können Behörden für komplexe Verfahren – insbesondere bei Wärmeleitungen und Wasserrechtsverfahren – künftig Projektmanager einsetzen, die das Verfahren im Auftrag des Vorhabenträgers strukturieren und begleiten, etwa durch Verfahrenspläne, Zwischentermine und Fristenkontrolle. Das Modell orientiert sich an der bewährten Regelung des § 2b der 9. BImSchV aus dem Immissionsschutzrecht.

Fazit und Ausblick

Der Referentenentwurf markiert einen bedeutenden Fortschritt: Erstmals wird ein eigenes Geothermie-Stammgesetz eingeführt und das überragende öffentliche Interesse an Geothermie klar festgeschrieben. Er zeigt als Weiterentwicklung des Ampel-Entwurfes zudem den regierungsunabhängigen Konsens zur Bedeutung der Geothermie für die Klimaziele. Dennoch bleiben offene Fragen, etwa zur Förderabgabe bei Thermalwasserzirkulation im Bergrecht. Schließlich dürfte für die weitere Entwicklung von Geothermie entscheidend sein, ein verlässliches Fördermanagement für Geothermie zu etablieren.

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