Umsetzung der Mobilitätsrichtlinie zum 1. Januar 2018

Zum 1. Januar 2018 treten die Neuregelungen im Betriebsrentengesetz mit flankierenden Änderungen im Einkommenssteuergesetz in Kraft, mit denen die EU-Mobilitätsrichtlinie vom 21. Dezember 2015 umgesetzt wird. Das Gesetz geht insoweit über die Richtlinie hinaus, als die meisten Neuregelungen auf alle Arbeitnehmer anzuwenden sind, nicht nur auf solche, die zwischen den Mitgliedstaaten zu- und abwandern. Zudem gelten die Neuregelungen auch für die Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung, nicht nur für die Altersversorgung im engen Sinne.

Die wichtigsten Änderungen im Überblick:

1.1 Verkürzung der Unverfallbarkeitsfristen (§ 1b I 1 ­BetrAVG n.F.)

Das Mindestalter für die Aufrechterhaltung der Anwartschaft bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis wird von 25 auf 21 Jahre gesenkt. Die erforderliche Mindestzusagedauer beträgt künftig drei statt fünf Jahre. Die Neuregelung gilt für Zusagen, die ab dem 1. Januar 2018 erteilt werden. Für Altzusagen gilt eine Übergangsregelung. Wenn die Zusage ab dem 1. Januar 2018 mindestens drei Jahre bestanden hat und bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das 21. Lebensjahr vollendet ist, ist auch eine Altzusage unverfallbar (§ 30f III BetrAVG n.F.). Die Neuregelung wird zu einem deutlichen Anstieg der Zahl der unverfallbaren Anwartschaften führen.

1.2 Dynamisierung unverfallbarer Anwartschaften (§ 2a BetrAVG n.F.)

Bisher gelten für unverfallbare Anwartschaften ausgeschiedener Arbeitnehmer uneingeschränkt die sogenannte Veränderungssperre und der Festschreibeeffekt (§ 2 IV ­BetrAVG). Das bedeutet, dass unverfallbare Anwartschaften zum Stand der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingefroren werden. Veränderungen der Versorgungsregelung und der ­Bemessungsgrundlagen nach dem Zeitpunkt des ­Ausscheidens bleiben außer Betracht. Dies gilt zwar grundsätzlich auch weiterhin. Neu ist jedoch ein Benachteiligungsverbot: Ausgeschiedene Arbeitnehmer dürfen im Hinblick auf den Wert der unverfallbaren Anwartschaft gegenüber aktiven Arbeitnehmern nicht benachteiligt werden (§ 2a II 1 BetrAVG n. F.). Gesetzlich unverfallbare Anwartschaften sind daher unter bestimmten Umständen zu dynamisieren. In Anlehnung an § 16 II und III BetrAVG kann der Arbeitgeber dies dadurch erfüllen, dass er die Anwartschaft um den Nettolohnanstieg vergleichbarer Arbeitnehmergruppen des Unternehmens, den Anstieg des Verbraucherpreisindexes, ein Prozent pro Jahr oder wie die laufenden Leistungen an Betriebsrentner anpasst.

Insgesamt führt die Dynamisierung zu einer erheblichen Verteuerung der unverfallbaren Anwartschaften. In erster Linie betroffen sind Leistungszusagen, die die Rentenhöhe an die Gehaltsentwicklung (Endgehalt) oder eine andere Dynamisierung knüpfen, da diese Dynamisierungen an die ausgeschiedenen Anwärter weiterzugeben sein werden.

Eine Ausnahme gilt jedoch für Versorgungszusagen, die ein nominales Anrecht festlegen, die bereits eine Verzinsung zugunsten der ausgeschiedenen Arbeitnehmer enthalten oder die über einen Pensionsfonds, eine Pensionskasse oder eine Direktversicherung durchgeführt werden, deren Erträge dem Anwärter zugutekommen. Arbeitgeber sollten daher erwägen, vor dem 1. Januar 2018 die Voraussetzungen für einen dieser Ausnahmetatbestände zu schaffen. Am praktikabelsten dürfte es sein, den Durchführungsweg zu wechseln oder die Versorgung auf eine beitragsorientierte Zusage umzustellen. Die heute weithin üblichen beitragsorientierten Zusagen enthalten in der Regel bereits eine Verzinsung und erfordern daher keine weitere Dynamisierung.

Allerdings gilt die Dynamisierungspflicht nur für den Teil der Anwartschaften, der ab dem 1. Januar 2018 erdient wird.

1.3 Erweiterte Auskunftspflichten

§ 4a BetrAVG n. F., der ebenfalls ab 1. Januar 2018 gilt, sieht erheblich erweiterte Auskunftspflichten vor. Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer auf dessen Verlangen (unabhängig von einem berechtigten Interesse) folgende Auskünfte zu erteilen:

  • Ob und wie eine Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung erworben wird.
  • Wie hoch der Anspruch auf betriebliche Altersversorgung aus der bisher erworbenen Anwartschaft ist und bei Erreichen der in der Versorgungsregelung vorgesehenen Altersgrenze voraussichtlich sein wird (diese Information musste bisher auch schon erteilt werden).
  • Wie sich eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf die Anwartschaft auswirkt.
  • Wie sich die Anwartschaft nach einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses entwickeln wird.
  • Wie hoch die Anwartschaft des ausgeschiedenen Arbeitnehmers ist und wie sich die Anwartschaft künftig entwickeln wird.
  • Des Weiteren hat der Arbeitgeber wie bisher den Übertragungswert der Anwartschaft nach § 4 III BetrAVG mitzuteilen.
  • Die Auskunft muss nicht mehr schriftlich erteilt werden, die Textform reicht aus (§ 4a IV BetrAVG n.F.). Künftig kann der Arbeitgeber die Auskunft also z.B. auch per E-Mail erteilen. Angesichts des mit der Ausweitung der Auskunftspflicht verbundenen erhöhten Verwaltungsaufwands wäre es wünschenswert, wenn der Arbeitgeber die Auskunftspflicht auch dadurch erfüllen könnte, dass er seinen Mitarbeitern ein Online-Portal zur Verfügung stellt, aus dem diese durch Eingabe ihrer Daten die gewünschten Auskünfte generieren und anschließend ausdrucken können. Dies wäre praktikabel und für die Belange der Arbeitnehmer ausreichend. Ob der Gesetzestext das zulässt, ist aber noch unklar.

1.4 Abfindung von Bagatellanwartschaften

Die Abfindung von Bagatellanwartschaften wird auch nach dem 1. Januar 2018 ohne Zustimmung des Arbeitnehmers möglich sein. Lediglich für Arbeitnehmer, die innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis in das EU-Ausland wechseln, wird nach der EU-Mobilitätsrichtlinie die Zustimmung des Arbeitnehmers erforderlich sein (§ 3 II 3 BetrAVG n.F.).

Weiterleiten
Kompetenz