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Neue Haftung der Betreiber von elektronischen Marktplätzen für die Umsatzsteuer von Onlinehändlern

Zum 1. Januar 2019 hat der Gesetzgeber für Betreiber von elektronischen Marktplätzen neue Aufzeichnungspflichten und einen neuen Haftungstatbestand eingeführt. Der deutsche Gesetzgeber reagiert damit auf den massiven Ausfall von Umsatzsteuer und die Wettbewerbsbeeinträchtigungen, die in den letzten Jahren dadurch entstanden sind, dass Onlinehändler (insbesondere aus China) die Umsatzsteuer auf in Deutschland ausgeführte Verkäufe nicht abgeführt haben.

Überblick über die neuen Regelungen

Die neuen Regelungen bestehen zunächst aus neuen Aufzeichnungspflichten des Betreibers des elektronischen Marktplatzes (§ 22f UStG), an die der neue Haftungstatbestand (§ 25e UStG) anknüpft.

1. Neue Aufzeichnungspflichten (§ 22f UStG)

§ 22f UStG stellt zunächst neue Aufzeichnungspflichten des Betreibers des elektronischen Marktplatzes auf: Der Betreiber hat danach für jede jede auf seinem elektronischen Marktplatz ausgeführte Lieferung, bei der die Beförderung oder Versendung im Inland beginnt, folgende Informationen aufzuzeichnen:

  • Vollständiger Name und vollständige Anschrift des Verkäufers,
  • Steuernummer und, soweit vorhanden, Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Verkäufers,
  • Start und Ziel der Lieferung,
  • Zeitpunkt der Lieferung
  • Kaufpreis, und
  • Gültigkeitszeitraum der Bescheinigung über die steuerliche Erfassung des Verkäufers.

Die Bescheinigung über die steuerliche Erfassung muss jeder Onlinehändler bei dem für ihm zuständigen Finanzamt beantragen. Privatverkäufer müssen dies nicht. Es ist vorgesehen, dass diese Bescheinigung in Zukunft zentral beim Bundeszentralamt für Steuern durch die Marktplatzbetreiber abgerufen werden kann. Derzeit ist dies noch nicht möglich. Die Bescheinigung wird stattdessen dem Onlinehändler in Papierform erteilt und ist dem Betreiber des Marktplatzes entweder im Original oder als elektronische Kopie zuzusenden. Sie ist vom Marktplatzbetreiber aufzubewahren.

Bei Privatverkäufern ist vom Marktplatzbetreiber statt der Steuernummer, Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und der Informationen zur Bescheinigung über die steuerliche Erfassung das Geburtsdatum des Onlinehändlers aufzuzeichnen.

2. Haftung des Betreibers des elektronischen Marktplatzes (§ 25e UStG)

Der Betreiber des elektronischen Marktplatzes haftet für die Umsatzsteuer des Onlinehändlers, wenn er die Bescheinigung über die steuerliche Erfassung des Onlinehändlers in Papierform oder die elektronische Bestätigung des Finanzamts nicht vorlegen kann oder er Kenntnis davon hatte oder nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns hätte haben müssen, dass der Onlinehändler seine steuerlichen Pflichten nicht oder nicht in vollem Umfang erfüllt. Die Haftung erstreckt sich auf die Umsatzsteuer, die auf über den Marktplatz ausgeführte Umsätze anfällt.

Das für den Onlinehändler zuständige Finanzamt kann dem Betreiber des Marktplatzes mitteilen, dass der der liefernde Unternehmer seine steuerlichen Pflichten nicht oder nicht in wesentlichem Umfang erfüllt. Der Marktplatzbetreiber muss dann innerhalb der vom Finanzamt gesetzten Frist den Account des Onlinehändlers sperren. Ansonsten haftet er für die Umsatzsteuer des Onlinehändlers aus weiteren Verkäufen.

Praktische Folgen

Die Haftung des Betreibers des elektronischen Marktplatzes findet auf Umsätze von in Drittstaaten ansässigen Onlinehändlern ab dem 1. März 2019 Anwendung. Für in Deutschland, in der EU oder in einem EWR-Staat ansässige Onlinehändler gelten die neuen Haftungsregelungen erst ab dem 1. Oktober 2019. Die neuen Aufzeichnungspflichten gelten zwar bereits seit dem 1. Januar 2019, allerdings ist es nach dem Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 28. Januar 2019 nicht zu beanstanden, wenn der Betreiber des elektronischen Markplatzes die Aufzeichnungspflichten erst zum 1. März 2019 bzw. erst zum 1. Oktober 2019 erfüllt. 

Die Betreiber von elektronischen Marktplätzen sollten von allen aktiven und neuen Onlinehändlern, die Lieferungen über den elektronischen Marktplatz ausführen, die Bescheinigung über die steuerliche Erfassung anfordern, um ab dem 1. März bzw. ab dem 1. Oktober 2019 ihre Pflichten nach den neuen Regelungen erfüllen zu können. Die Betreiber der elektronischen Marktplätze müssen weiterhin sicherstellen, dass sie die übrigen aufzeichnungspflichtigen Informationen, insbesondere über die einzelnen Verkäufe, erhalten. Außerdem muss sichergestellt sein, dass Onlinehändler vom Marktplatz durch Sperrung des Accounts innerhalb der vom Finanzamt gesetzten Frist ausgeschlossen werden können. Für die Abfrage der Informationen sowie für einen Ausschluss des Onlinehändlers vom Marktplatz ist gegebenenfalls eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des elektronischen Marktplatzes erforderlich.

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