Energie & Infrastruktur

Bürokratieabbau im Grundbuchrecht: Projektentwicklern soll Einsichtnahme ins Grundbuch erleichtert werden

Das Bundesministerium der Justiz schlägt vor, die Einsichtnahme in das Grundbuch für Betreiber und Projektentwickler von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien und Betreiber von Telekommunikationsinfrastrukturen zu erleichtern. Es reagiert damit auf bestehende Hürden beim Ausbau erneuerbarer Energien, der flächendeckenden Versorgung mit Glasfaserinfrastruktur und dem neuesten Mobilfunkstandard und treibt die Energiewende und Digitalisierung in Deutschland voran.

Hürden beim Ausbau erneuerbarer Energien und bei der Digitalisierung

Die Ermittlung der Eigentümer geeigneter Grundstücke ist für Projektentwickler und (potentielle) Anlagenbetreiber bereits in einem frühen Stadium der Projektentwicklung erforderlich, um erfolgreich Verhandlungen über den Erwerb oder die Nutzung dieser Grundstücke führen zu können. Bislang ist die Ermittlung geeigneter Grundstücke teilweise mit hohem Aufwand verbunden, da die Einsicht in das Grundbuch nur unter teils hohen und nicht einheitlichen Voraussetzungen gewährt wird und Projektentwickler deshalb oftmals auf persönliche Recherchen vor Ort angewiesen sind. Dies hindert den Ausbau erneuerbarer Energien zuweilen erheblich. Zudem werden Funkturmunternehmen sowie solche, die andere für den Betrieb von Telekommunikationsanlagen notwendige physische Infrastrukturen, wie etwa Kabel, betreiben, vielfach nicht als Betreiber von Telekommunikationsanlagen angesehen, sodass ihnen durch die Grundbuchämter keine Grundbucheinsicht nach § 86a der Verordnung zur Durchführung der Grundbuchordnung („GBV“) gewährt wird. Schließlich werden von den Grundbuchämtern zum Teil sehr hohe Anforderungen an konkrete Planungen im Sinne von § 86a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 GBV gestellt. Dadurch werden die Erschließung neuer Mobilfunkstandorte und der Ausbau der digitalen Kommunikationsmöglichkeiten verzögert.

Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien und der Wasserstofftechnologien

Der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz vom 6. November 2023 (der „Referentenentwurf“) beabsichtigt deshalb Änderungen der GBV, insbesondere die Einführung einer neuen Vorschrift zur Privilegierung bestimmter Anlagen: Gemäß des § 43a GBV-Referentenentwurf („GBV-E“) sollen bestimmte Unternehmen ein berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht in der Regel bereits dann haben, wenn sie erklären, unter Nutzung der Grundstücke bestimmte Anlagen betreiben oder projektieren zu wollen. Die Regelvermutung dieses berechtigten Interesses wird ihnen erlauben, nach § 12 Abs. 1 Satz 1 der Grundbuchordnung („GBO“) Einsicht in das Grundbuch zu beanspruchen. Hiervon umfasst sind Unternehmen, die Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien im Sinne des § 3 Nr. 21 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes („EEG“), zur elektrochemischen Herstellung von Wasserstoff oder zur Erzeugung von Strom aus Wasserstoff einschließlich aller dazugehörigen Anlagen, die der Fortleitung unmittelbar dienen, betreiben oder projektieren. Die Errichtung und der Betrieb dieser Anlagen dienen angesichts des Klimawandels und der geopolitischen Entwicklung des Energiemarktes einem wichtigen Ziel der Bundesregierung.

§ 43a GBV-E soll die Voraussetzungen der Einsichtnahme in das Grundbuch für diese Unternehmen zu einem frühen Zeitpunkt vereinheitlichen und vereinfachen. Es ist dafür nicht erforderlich, dass die geplanten Anlagen bereits öffentlich-rechtlich zulässig bzw. zugelassen sind. Die Unternehmen müssen auch nicht nachweisen, dass die Grundstücke für die Errichtung der Anlagen geeignet sind. Es genügt für die Einsicht in das Grundbuch vielmehr, dass sich das Vorhaben in einer frühen Projektphase befindet. 

Funkturm- und sonstige Telekommunikationsinfrastrukturunternehmen

Ferner soll § 86a Abs. 1 S. 1 GBV so ergänzt werden, dass auch Funkturmunternehmen sowie Unternehmen, die für den Betrieb von Telekommunikationsanlagen notwendige physische Infrastrukturen, wie etwa Kabel, betreiben, künftig als Versorgungsunternehmen gelten. Ihnen wird Grundbucheinsicht gewährt, wenn sie ein berechtigtes Interesse haben. Durch eine Änderung des § 86a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 GBV soll ein berechtigtes Interesse künftig nicht mehr nur dann vorliegen, wenn die beabsichtigte Anlage bereits im Netzentwicklungsplan enthalten ist, sondern bereits dann, wenn sie in einem Suchkreis für den Netzausbau im Bereich Mobilfunk liegt. Die Mobilfunknetzbetreiber übergeben den Funkturmunternehmen in der Regel derartige Suchkreise, in denen Flächen für den Aufbau eines Mobilfunkstandorts identifiziert werden sollen. Die Anforderungen an konkrete Planungen werden somit gesenkt und die Einsichtnahme in das Grundbuch für diese Unternehmen schon in der Phase der Suche nach geeigneten Standorten ermöglicht. Zudem werden dadurch alle für Telekommunikationsinfrastrukturen erforderlichen Unternehmen gleichbehandelt.

Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen

Die geplanten Änderungen der GBV sollen die Möglichkeit zur Einsichtnahme in das Grundbuch teilweise erst ermöglichen, teilweise auch vereinfachen und vereinheitlichen. Der Referentenentwurf steht damit im Einklang mit den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen „Zugang zu bezahlbarer, verlässlicher, nachhaltiger und moderner Energie für alle sichern“ und „Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen“. Ebenso trägt er zur Verwirklichung der Zielvorgabe 9.1 bei, eine regionale und grenzüberschreitende Infrastruktur aufzubauen, um die wirtschaftliche Entwicklung zu unterstützen.

Zusammenfassung und Ausblick

Die im Referentenentwurf vorgeschlagenen Änderungen erleichtern es Projektentwicklern und (potentiellen) Anlagenbetreibern abzusehen, ob Projekte tatsächlich entwickelt bzw. realisiert werden können. Die im Referentenentwurf vorgeschlagenen Änderungen sollen bürokratische Hürden abbauen und den Ausbau von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien und der Wasserstofftechnologie sowie von Telekommunikationsinfrastrukturen fördern. Dies könnte für einen weiteren Anschub neuer Projektentwicklungen im Bereich erneuerbare Energien und Telekommunikationsinfrastruktur sorgen.

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