Energie & Infrastruktur

Bedingungen für erste EU Wasserstoffausschreibung veröffentlicht

Die Europäische Kommission hat am 29. August 2023 die Bedingungen für die erste Wasserstoffausschreibung veröffentlicht. Die Ausschreibung soll im November 2023 starten. Für das Vorhaben stehen aus dem Innovationsfonds insgesamt EUR 800 Mio. zur Verfügung. Die Ausschreibung richtet sich an Produzenten für Wasserstoff und kann wichtige Impulse für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft bringen.

Zielsetzung

Ziel der Wasserstoffausschreibungen ist es, den Transformationsprozess hin zu mehr (grünem) Wasserstoff finanziell zu unterstützen und in einer Startphase den Preisunterschied zu fossilen Energien zu reduzieren; der Wasserstoffmarkt soll hierdurch mobilisiert und der Aufbau des Marktes für grünen Wasserstoff erleichtert werden. Auf 16 Seiten skizziert die Europäische Kommission die Kriterien, den Bewertungsmechanismus, die zu beachtenden Schritte im Vergabeverfahren und zahlreiche weitere Kernelemente der anstehenden Ausschreibung.

Was sind die Rahmenbedingungen des Verfahrens?

Das Ausschreibungsverfahren erfolgt über eine einstufige Auktion, bei der Unternehmen Gebote zur Förderung der Produktion von grünem Wasserstoff abgeben können. Die Förderung erfolgt in Form einer festen Prämie, die in EUR/kg des produzierten grünen Wasserstoffs zusätzlich zu den Markteinnahmen, die die Unternehmen erzielen können, ausgezahlt wird. Es handelt sich also um eine rein outputbasierte Unterstützung, d. h. die Prämie wird nur für tatsächlich produzierte Wasserstoffmengen gezahlt. Anders als bei bisherigen Finanzierungsprogrammen des Innovationsfonds werden also keine Zahlungen zur Vorfinanzierung oder vor Inbetriebnahme der Produktion geleistet.

Finanziert wird das Vorhaben aus dem Innovationsfonds, der wiederum mit Mitteln aus dem europäischen Emissionshandel („ETS“) ausgestattet ist. Zuständige Behörde für das Ausschreibungsverfahren ist die Europäische Exekutivagentur für Klima, Infrastruktur und Umwelt („CINEA“), die derartige Großvorhaben auch in der Vergangenheit verantwortet hat.

Welche Projekte sind erfasst?

Zur Ausschreibung werden Projekte im Europäischen Wirtschaftsraum (EU plus Island, Liechtenstein und Norwegen) zugelassen, die grünen Wasserstoff produzieren, der als renewable fuel of non-biological origin („RFNBO“)-Wasserstoff entsprechend der Erneuerbare Energien Richtlinie (2018/2001/EU) und ihrer delegierten Rechtsakte klassifiziert ist. Der grüne Wasserstoff muss im Wege der Wasserelektrolyse aus erneuerbaren Energien hergestellt werden. Grauer Wasserstoff aus fossiler Energie ist von der Ausschreibung ausgeschlossen; zudem ist vorgesehen, dass es bei den Bietern nicht zu einer Quersubventionierung zwischen der geförderten grünen Wasserstoff- und der grauen Wasserstoffproduktion kommen darf.

Die Wasserstoffprojekte müssen eine Größe von mindestens 5 Megawatt neu installierter Elektrolysekapazitäten vorweisen. Außerdem müssen sich die Wasserstoffprojekte in der Phase vor dem Baubeginn befinden. Aus den veröffentlichten Kriterien ergibt sich, dass bereits die Bestellung von notwendigen technischen Geräten und Einrichtungen als Baubeginn gewertet wird, der Erwerb von Grundstücken oder bereits erlassene Genehmigungen hingegen nicht. Letztere müssen bei Gebotsabgabe auch noch nicht vorliegen; allerdings muss die Antragstellung schon erfolgt sein.

Wasserstoffprojekte können von der Ausschreibung ausgeschlossen sein, wenn sie schon durch andere nationale oder EU-Zahlungen unterstützt werden. Solche Überschneidungen sind nur in bestimmten Fällen zulässig, zum Beispiel bei bereits erhaltenen Förderungen für die Projekt- und Kapazitätsentwicklung oder für Transport- und Lagerungsinfrastruktur.

Was muss das Gebot enthalten und nach welchen Kriterien erfolgt der Zuschlag?

Ein Gebot muss

  • den Gebotspreis,
  • das durchschnittlich erwartete Volumen der Wasserstoffproduktion über einen Zeitraum von zehn Jahren, woraus sich der maximale Förderungsbetrag berechnen lässt, und
  • die Elektrolysekapazitäten, die zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme installiert und betriebsbereit sind, enthalten.

Die Bewertung der Gebote erfolgt dann aber nur anhand des eigentlichen Gebotspreises, der in EUR/kg abgegeben werden muss und auf 4,50 EUR/kg gedeckelt ist. Ein Gebot kann zudem nur mit maximal EUR 266,7 Mio., was 1/3 des Gesamtbudgets von EUR 800 Mio. entspricht, bezuschlagt werden.

Für die Bezuschlagung werden die zugelassenen Gebote vom niedrigsten zum höchsten Preis geordnet, bis die Grenze von EUR 800 Mio. erreicht ist. Wenn und soweit Gebote über diese Grenze hinausgehen, werden sie in eine Reserveliste aufgenommen. Den Zuschlag erhalten dann die günstigsten Gebote, d. h. solche Gebote, die mit der niedrigsten finanziellen Unterstützung grünen Wasserstoff produzieren können. Damit sind die Wasserstoffausschreibungen mit den deutschen Ausschreibungen unter dem EEG-Regime (insbesondere für Onshore Wind und PV) vergleichbar, die auch anhand der geringsten gebotenen Marktprämie bezuschlagt werden.

Bei mehreren gleichen Gebotspreisen sind zunächst die Projekte vorzuziehen, die insgesamt einen geringeren maximalen Zuschussbedarf haben, also deren maximaler Förderungsbetrag am geringsten ist. Hiervon dürften dann vor allem kleinere Produktionsanlagen erfasst sein. Genügt dies nicht zur Priorisierung, so sind die Projekte aus Mitgliedsstaaten vorzuziehen, die bisher weniger in den Genuss von Leistungen aus dem Innovationsfond gekommen sind. Deutschland hat im europäischen Vergleich schon relativ viele Projekte über den Innovationsfond finanziert, sodass deutsche Unternehmen von dieser Regel voraussichtlich eher nicht profitieren können. Zuletzt können die Gebote noch danach geordnet werden, welche Projekte am schnellsten mit der Wasserstoffproduktion beginnen können.

Was passiert nach dem Zuschlag?

Wurde ein Gebot nach dem beschriebenen Verfahren ausgewählt, erhält der Bieter ein Einladungsschreiben zur Vorbereitung der Förderungsvereinbarung. Spätestens zwei Monate nach Erhalt der Einladung muss der Bieter eine Fertigstellungsgarantie einer Bank oder Finanzinstitution vorlegen, die 4 % des maximalen Förderungsbetrags abdeckt. Diese Garantie dient als Absicherung für die CINEA, falls die Wasserstoffproduktion nicht rechtzeitig in Betrieb genommen wird (mehr dazu gleich).

Bevor es zum finalen Abschluss der Förderungsvereinbarung kommt, wird zusätzlich überprüft, ob der Bieter finanziell nachhaltig und sicher aufgestellt ist. Wird eine Fördervereinbarung daraufhin abgeschlossen, erfolgt eine Förderung grundsätzlich für zehn Jahre ab Beginn der Wasserstoffproduktion. Die maximale Vorbereitungszeit für die Inbetriebnahme der Wasserstoffproduktion beträgt fünf Jahre ab Unterzeichnung der Förderungsvereinbarung. Wird die Wasserstoffproduktion innerhalb dieser fünf Jahre nicht in Betrieb genommen, endet die Förderungsvereinbarung und die CINEA kann sich über die Fertigstellungsgarantie an die Bank wenden.

Die Förderungen werden halbjährlich nach Produktionsbeginn in Form der bezuschlagten Prämie in EUR/kg des produzierten geprüften und zertifizierten RFNBO-Wasserstoffs zusätzlich zu den erzielten Markteinahmen ausgezahlt. Die bezuschlagten Unternehmen sind nach Abschluss der Förderungsvereinbarung verpflichtet, Berichte über die Menge und Zertifizierung des produzierten Wasserstoffs zu erstellen.

Wird mehr Wasserstoff produziert, als ursprünglich im bezuschlagten Gebot angegeben, wird die Prämie grundsätzlich auch auf diesen Überschuss gezahlt. Diese flexible Anpassung der Produktionsmenge ist jedoch auf 140 % der halbjährlichen Produktion gedeckelt. Das heißt: Eine Steigerung der halbjährlichen Produktionsmenge um bis zu 40 % im Vergleich zur erwarteten halbjährlichen Durchschnittsmenge wird gefördert; für Produktionsmengen über 140 % wird keine Prämie mehr gezahlt.

Bleibt die Produktion hinter den im Gebot angegebenen Produktionsmengen zurück, kann die CINEA die Förderung reduzieren und die Förderungsvereinbarung kündigen.

Ausblick

Das Verfahren für die erste Ausschreibung wird am 23. November 2023 eröffnet. Voraussichtliches Ende der Gebotsphase ist der 8. Februar 2024. In Zukunft sollen jährlich Ausschreibungen nach dem Prinzip der late-stage-auction durchgeführt werden, bei der die Bieter die Gebote anderer sehen und ihre Gebote im Laufe der Auktion überarbeiten und erhöhen können.

Das EUR 800 Mio. schwere Vorhaben verdeutlicht, wieviel sich die EU von grünen Wasserstoffprojekten verspricht und zugleich welche tragende Rolle Wasserstoff in der zu meisternden Energiewende einnehmen soll. Die für November 2023 vorgenommenen Ausschreibungen werden nur der Beginn sein. Auch die Bundesnetzagentur hat angekündigt, dass am 15. Dezember 2023 der erste Gebotstermin für Wasserstoffausschreibungen stattfinden wird – das erste Etappenziel: 800 Megawatt grüner Wasserstoff.

Diese ersten Ausschreibungen werden allen Beteiligten einen wichtigen Eindruck verschaffen, welche weiteren finanziellen und regulatorischen Anstrengungen in Zukunft gefragt sein werden. Die Kommission und die Mitgliedsstaaten werden genauestens beobachten, inwiefern dieses Konstrukt auch für andere klimafreundliche Technologien und Produkte genutzt werden könnte. Die Auswirkungen auf den Markt sowie aber auch auf mögliche rechtliche Herausforderungen gilt es zu beobachten.

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