Healthcare und Life Sciences

COVID-19: Absicherung von Krankenhäusern, Vertragsärzten und Reha-Einrichtungen

Der Bundesrat hat am 27. März 2020 in einer Sondersitzung das sog. COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz beschlossen, dessen Regelungen einen Tag später in Kraft getreten sind. Das Gesetz regelt Entlastungen zugunsten von Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen und vertragsärztlichen Leistungserbringern, die ergänzend neben die allgemeinen Maßnahmen zum Schutz von Unternehmen treten. Entgegen dem ersten Anschein einer besonders hohen Nachfrage nach Leistungen im Gesundheitssektor in der Krise verzeichnen Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen und Vertragsärzte aktuell häufig erhebliche Umsatzrückgänge. Diese sind zum einen bedingt durch die Aussetzung und Verschiebung planbarer Operationen in Krankenhäusern, um Kapazitäten für die „Welle“ der Behandlung von COVID-19-Infektionen freizuhalten und insbesondere zusätzliche Intensivbehandlungskapazitäten kurzfristig aufzubauen. Zum anderen werden derzeit aufgrund der Maßnahmen zur Vermeidung sozialer Kontakte und der Angst vor Infektionen von Patienten Besuche von Gesundheitseinrichtungen vermieden. Mit dem Gesetz sollen die finanziellen Folgen abgefedert werden.

Krankenhäuser

Die Liquidität der Krankenhäuser soll durch die folgenden Maßnahmen sichergestellt werden:

  • Pauschalbetrag für Aufnahmerückgang pro „ausgebliebenen“ Patienten
  • Zuschlag für Mehrausgaben je Patient i.H.v. 50 Euro
  • Zusatzbetrag für die Schaffung zusätzlicher Behandlungskapazitäten i.H.v. 50.000 Euro je Intensivbett
  • Aussetzung des Fixkostendegessionsabschlags für die Vereinbarung des Erlösbudgets 2020
  • Verkürzung der Zahlungsfrist der Krankenkassen für Rechnungen der Krankenhäuser auf fünf Tage
  • Erleichterungen bei der Rechnungsprüfung durch Absenkung der Prüfquote
  • Erhöhung des Pflegeentgeltwertes auf 185 Euro

1.   Ausgleich des Aufnahmerückgangs durch Pauschalbeträge

Der Einnahmerückgang soll insbesondere durch Pauschalbeträge abgefedert werden, die aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds finanziert werden. Zur Berechnung der Höhe des Pauschalbetrages wird die Differenz der Anzahl der aktuell täglich behandelten Patienten zu der Anzahl der durchschnittlichen im Vorjahr täglich behandelten Patienten ermittelt. Der so ermittelte Wert wird mit einem Pauschalbetrag in Höhe von 560 Euro multipliziert. Um die Auszahlung zu beschleunigen, sollen Abschlagszahlungen durch die Landesbehörde beim Bundesamt für Sicherung beantragt werden können. Das genaue Abrechnungsverfahren wird durch den GKV-Spitzenverband Bund der Krankenkassen, den Verband der privaten Krankenversicherung und der Deutschen Krankenhausgesellschaft als Vertragsparteien festgelegt, falls diese sich nicht einigen, ersatzweise durch die Schiedsstelle nach § 18a Abs. 6 KHG.

2.   Finanzielle Hilfen für Aufstockung der Behandlungskapazitäten und des Pflegepersonals

Krankenhäuser, die zusätzliche intensivmedizinische Behandlungskapazitäten mit Beatmungsmöglichkeiten schaffen, indem sie mit Genehmigung der Krankenhausplanungsbehörde zusätzliche Betten aufstellen oder aus anderen Stationen einbeziehen, erhalten für jedes im Zeitraum vom 1. April 2020 bis zum 30. September 2020 aufgestellte oder vorgehaltene Intensivbett einen einmaligen Zusatzbetrag von 50.000 Euro. Dieser wird ebenfalls aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds finanziert.

Zusätzliche Mehrausgaben des Krankenhauses – etwa für Atemmasken, Schutzkleidung oder Desinfektionsmittel – werden durch einen pauschalen Zuschlag in Höhe von 50 Euro pro aufgenommenen Patienten im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 vergütet.

Die Erhöhung des vorläufigen Pflegeentgeltwerts um ca. 38 Euro auf 185 Euro pro Tag ab dem 1. April 2020 soll Krankenhäusern bei ihrer Pflegepersonalplanung finanziellen Handlungsspielraum geben, um dem erhöhten Pflegebedarf gerecht werden zu können. Übersteigt der vorläufige Pflegeentgeltwert die tatsächlichen Pflegepersonalkosten des Krankenhauses, verbleibt der Überschuss bei den Krankenhäusern. Reicht der vorläufige Pflegeentgeltwert hingegen zur Deckung der tatsächlichen Pflegepersonalkosten nicht, werden die übersteigenden Pflegekosten sogar vollständig von den Krankenkassen übernommen.

3.   Krankenhausabrechnungen: Verkürzte Zahlungsfristen und weniger Prüfverfahren

Auch die Verkürzung der Zahlungsfrist für die Krankenkassen auf fünf Tage nach Rechnungseingang soll die Liquidität der Krankenhäuser sicherstellen. Außerdem sollen die Krankenhäuser von aufwendigen Abrechnungsprüfungen und der Zusammenstellung notwendiger Dokumente für den Medizinischen Dienst weitgehend verschont werden. Aus diesem Grund wird die maximal zulässige Prüfquote von 12,5 % der quartalsweise eingehenden Abrechnungen auf 5 % gesenkt. Bereits in Auftrag gegebene Abrechnungsprüfungen, die die reduzierte Prüfquote übersteigen, sind durch die Krankenkassen zu stornieren.

Rehabilitationseinrichtungen

1.   Ausgleichzahlungen im Fall geringerer Bettenbelegung

Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen mit einem Versorgungsvertrag erhalten eine Ausgleichszahlung für Einnahmeausfälle seit dem 16. März 2020 aufgrund geringer Bettenbelegung (§ 111d SGB V n.F.). Die Höhe der Zahlung wird dadurch ermittelt, dass die Zahl der ab dem 16. März 2020 täglich stationär behandelten Patienten verglichen wird mit der pro Tag durchschnittlich stationär behandelten Patientenzahl aus dem Jahr 2019. Die ermittelte Differenz wird mit einem Pauschalbetrag je Fall ausgeglichen, nach derzeitigem Stand bis maximal 30. September 2020. Dieser beträgt 60 % der durchschnittlichen Vergütungssätze, die mit den Krankenkassen vereinbart wurden.

Die Berechnungen werden von der für die Krankenhausplanung zuständigen Landesbehörde oder einer von dieser Landesbehörde benannten Krankenkasse durchgeführt, die auch die zu leistenden Beträge auszahlen. Das Nachweisverfahren wird durch eine Vereinbarung zwischen dem GKV-Spitzenverband und den maßgeblichen Verbänden der Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen geregelt. Sollte die Einrichtung von einer anderen Stelle Entschädigungsleistungen erhalten, so sind die Ausgleichzahlungen nach § 111d SGB V n.F. jedoch zurückzuzahlen.

2.   Vorübergehende Zulassung als Krankenhaus

Zudem können Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen für vollstationäre Akutbehandlungen durch die Länder benannt werden und gelten insoweit bis zum 30. September 2020 als zugelassene Krankenhäuser im Sinne des SGB V (§ 22 KHEntgG n.F.). Sie werden dann mit Pauschalbeträgen vergütet.

Vertragsärztliche Leistungserbringer

Das Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz sieht auch eine Anpassung der Maßstäbe vor, nach denen die Honorarverteilung an die Vertragsärzte erfolgt, um Einnahmedefizite auszugleichen, die diese erleiden. Neben den hierdurch entstehenden Kosten übernehmen die Krankenkassen auch diejenigen Kosten, die den Kassenärztlichen Vereinigungen durch die Erbringung sog. außerordentlicher Maßnahmen entstehen. Der Gesetzgeber bezeichnet die hierdurch entstehenden Mehrausgaben als noch nicht quantifizierbar.

1.   Ausgleichzahlungen bei Einnahmenrückgang im Ermessen der Kassenärztlichen Vereinigung

Ist das Gesamthonorar des vertragsärztlichen Leistungserbringers um mehr als 10 % gegenüber dem Vorjahresquartal gemindert (dies entspricht durchschnittlich 5.600 EUR im Quartal) und ist Grund hierfür ein Fallzahlrückgang in Folge einer Pandemie, Epidemie, Endemie, Naturkatastrophe oder ein anderes Großschadenereignisses, so kann die zuständige Kassenärztliche Vereinigung eine Ausgleichszahlung an den Vertragsarzt leisten. Die Ausgleichszahlungen beschränken sich allerdings auf extrabudgetäre Leistungen. Angerechnet werden zudem andere Entschädigungsansprüche, z. B. nach dem Infektionsschutzgesetz. Werden Ausgleichzahlungen geleistet, so sind sie von den Krankenkassen zu erstatten.

2.   Pflicht zur Absicherung der vertragsärztlichen Existenz

Ist die Fortführung der Arztpraxis aufgrund des Fallzahlrückgangs gefährdet, so ist die für den Vertragsarzt zuständige Kassenärztliche Vereinigung (im Benehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen) verpflichtet, die Fortführung der vertragsärztlichen Tätigkeit durch geeignete – im Gesetz nicht näher definierte –  Regelungen im Verteilungsmaßstab sicherzustellen.

3.   Finanzierung sog. außerordentlicher Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der vertragsärztlichen Versorgung

Die Krankenkassen haben den Kassenärztlichen Vereinigungen die zusätzlichen Kosten sog. außerordentlicher Maßnahmen zu erstatten. Dies sind Maßnahmen, die erforderlich sind, um die vertragsärztliche Versorgung während des Bestehens der epidemischen Lage nach § 5 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes sicherzustellen – beispielsweise die Errichtung spezieller Zentren, um Patientinnen und Patienten mit Atemwegserkrankungen vom übrigen Patientenklientel zu trennen, von Diensten zur Erbringung von vermehrten Besuchsleistungen oder der Ausbau der Terminservicestellen aufgrund der erhöhten Inanspruchnahme der Servicenummer 116117.

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