Arbeitsrecht

Aktuelle arbeitsrechtliche Gesetzgebung – Bürgergeld, Hinweisgeberschutzgesetz, Zeiterfassung, Tariftreueregelung, Kurzarbeitergeld

Der Weg für das Bürgergeld im Gesetzgebungsprozess ist wieder frei. Nachdem der Bundesrat zwischenzeitlich seine Zustimmung verweigert hat, konnte der einberufene Vermittlungsausschuss einen Kompromiss finden. Sowohl der Bundestag, als auch der Bundesrat haben diesem zugestimmt, weshalb dem Bürgergeld nun nichts mehr im Weg steht. Zudem hat der Bundestag das Hinweisgeberschutzgesetz beschlossen, dass im nächsten Schritt durch den Bundesrat muss. Daneben hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales aufgrund der nunmehr veröffentlichten Urteilsgründe des Arbeitszeiterfassungsurteils des BAG Neuerungen im Arbeitszeitgesetz angekündigt. Auch die Umsetzung der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Einführung einer Tariftreueregelung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge hat begonnen. Zudem werden die erleichterten Bedingungen beim Bezug von Kurzarbeitergeld verlängert.

 

I. Ausblick zum Bürgergeld

In jüngster Zeit wurde ausführlich über die Einführung des Bürgergeldes debattiert. Dieses soll die Grundsicherung für Arbeitsuchende neu regeln und das bisher geltende Hartz-IV-System ablösen (siehe dazu unseren Beitrag vom 19. September 2022). Der Bundestag hat den Regierungsentwurf für das Bürgergeld am 10. November 2022 verabschiedet. Die CDU/CSU, die im Bundesrat die Mehrheit stellt, hat die Regelungen kritisiert und forderte einige Änderungen. Der Bundesrat hat daher am 14. November 2022 seine Zustimmung verweigert. Noch am selben Tag hat die Bundesregierung den Vermittlungsausschuss angerufen. Dieser ist am 23. November 2022 zusammengekommen und hat einen Kompromiss gefunden, der einige Änderungen des Gesetzesentwurfs vorsieht. Damit steht der Einführung des Bürgergeldes nichts mehr im Weg.

Gänzlich entfallen soll die ursprünglich vorgesehene Vertrauenszeit, in der Sanktionen bei Pflichtverletzungen nur in Ausnahmefällen hätten möglich sein sollen. Zudem wird die Karenzzeit, in der die Wohn- und Heizkosten in tatsächlicher und nicht nur in angemessener Höhe gezahlt werden, von ursprünglich zwei auf nunmehr ein Jahr halbiert. Ebenso wurde das nicht zu berücksichtigende Schonvermögen reduziert. Sowohl der Bundesrat, als auch der Bundestag haben die Änderungen akzeptiert. Das Bürgergeld kann nun wie ursprünglich geplant zum 1. Januar 2023 in Kraft treten.

 

II. Ausblick zum Hinweisgeberschutzgesetz

Der Bundestag hat am 16. Dezember 2022 das Hinweisgeberschutzgesetz beschlossen (siehe dazu unseren Beitrag vom 16. Dezember 2022). Gegenüber dem Regierungsentwurf aus Juli 2022 enthält das beschlossene Gesetz noch Änderungen auf Empfehlung des Rechtsausschusses. Im Wesentlichen sind das die Pflicht zur Entgegenahme und Bearbeitung anonymer Meldungen sowie eine Verlängerung der Aufbewahrungsfrist auf drei Jahre nach Abschluss des Verfahrens. Besonders erfreulich für die Praxis ist, das erneut betont wird, dass das Hinweisgebersysteme auch weiterhin zentral im Konzern eingerichtet werden können. Im letzten Schritt wird sich der Bundesrat voraussichtlich in seiner Sitzung am 10. Februar 2023 mit dem Hinweisgeberschutzgesetz befassen.

 

III. Ausblick zur Arbeitszeiterfassung

Bereits am 13. September 2022 hat das BAG entschieden, dass Arbeitgeber das Urteil des EuGH zur Arbeitszeiterfassung vom 14. Mai 2019 (C-55/18) aufgrund einer unionsrechtskonformen Auslegung von § 3 Abs. 1 ArbSchG bereits jetzt zu beachten haben (siehe dazu unseren Beitrag vom 15. September 2022). Mittlerweile sind die Entscheidungsgründe des Urteils veröffentlicht (siehe dazu unseren Beitrag vom 7. Dezember 2022). Als Reaktion darauf hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales angekündigt, trotz der vom BAG angenommenen, bereits nach jetzigem Recht geltenden Handlungspflicht für Arbeitgeber, im ersten Quartal 2023 das Arbeitszeitgesetz an die Rechtsprechung des EuGH anzupassen. Nähere Hinweise zum Inhalt eines solchen Gesetzentwurfs hat es dabei aber noch nicht gegeben. Es ist zu erwarten, dass dadurch der rechtliche Rahmen für die Ausgestaltung des einzuführenden Arbeitszeiterfassungssystems konkretisiert werden soll. So sind beispielsweise Regelungen zu dessen Form oder einer genaueren Grenzziehung der von der Zeiterfassungspflicht umfassten Arbeitnehmer denkbar.

 

IV. Ausblick zur Tariftreueregelung

Schon der Koalitionsvertrag zwischen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP enthielt die Erklärung, dass die Einhaltung von Tarifverträgen zur Voraussetzung bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gemacht werden soll. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales treibt die Realisierung dieses Vorhabens nun voran. Am 7. Dezember 2022 hat es mit der Konsultation der Öffentlichkeit begonnen. Geplant ist ein Gesetz, nach dem der Bund öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen vergeben kann, die bei der Ausgestaltung ihrer Arbeitsbedingungen einen repräsentativen Tarifvertrag der jeweiligen Branche beachten. So wird die Tariftreue im nationalen Vergaberecht auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt. Eine Stellungnahme im Konsultationsverfahren ist noch bis zum 23. Dezember 2022 möglich.

 

V. Erleichterter Zugang zu Kurzarbeitergeld

Auf Initiative des Bundesarbeitsministers Hubertus Heil wird der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld und dessen Öffnung für Leiharbeitnehmer bis zum 30. Juni 2023 verlängert. Die entsprechende Rechtsverordnung wurde am 14. Dezember 2023 vom Bundestag beschlossen. Die bisherigen Erleichterungen wären zum Ende des Jahres 2022 ausgelaufen. Damit sollen die Auswirkungen der Energiekrise abgemildert werden. Somit reicht es für einen Bezug von Kurzarbeitergeld beispielsweise weiterhin aus, wenn 10 Prozent der Arbeitnehmer eines Unternehmens von einem Arbeitsausfall betroffen sind.

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