Arbeitsrecht

Zulässige Streikmobilisierung auf einem Firmenparkplatz

Eine streikführende Gewerkschaft ist befugt, die zur Arbeitsniederlegung aufgerufenen Arbeitnehmer unmittelbar vor dem Betreten des Betriebs anzusprechen, um sie für die Teilnahme am Streik zu gewinnen. Eine solche Aktion kann – abhängig von den konkreten örtlichen Gegebenheiten – mangels anderer Mobilisierungsmöglichkeiten auch auf einem Firmenparkplatz zulässig sein.

BAG, Urteil vom 20. November 2018 – 1 AZR 189/17
Sachverhalt

Die Arbeitgeberin betreibt ein Versand- und Logistikzentrum und wurde im September 2015 an zwei Tagen bestreikt. Die streikführende Gewerkschaft baute an beiden Tagen auf dem zu dem gepachteten Betriebsgrundstück der Arbeitgeberin gehörenden Firmenparkplatz vor dem Haupteingang Stehtische und Tonnen auf und postierte dort ihre Vertreter sowie streikende Arbeitnehmer. Diese verteilten Flyer und forderten andere Arbeitnehmer zum Streik auf. Nur von diesem Firmenparkplatz aus ist der Haupteingang des Arbeitgebers zu erreichen. Zu physischen Zugangsbehinderungen kam es aber nicht. Die Arbeitgeberin klagte auf Unterlassung unter Berufung auf ihr Hausrecht. Das ArbG gab der Klage statt; das LAG wies sie ab.

Entscheidung BAG: Zulässige Streikmobilisierung

Die hiergegen gerichtete Revision der Arbeitgeberin blieb ohne Erfolg. Das BAG entschied, dass die vorzunehmende Abwägung widerstreitender Grundrechtspositionen im vorliegenden Fall zu Gunsten der Gewerkschaft ausfalle. Angesichts der örtlichen Verhältnisse könne die Gewerkschaft nur auf dem Firmenparkplatz vor dem Haupteingang mit den zum Streik aufgerufenen Arbeitnehmern kommunizieren. Die Arbeitgeberin müsse daher eine kurzzeitige, situative Beeinträchtigung ihres Besitzes hinnehmen.

Gleiss Lutz Kommentar

Der 1. Senat setzt sich mit dieser Entscheidung von seiner „Flashmob-Entscheidung“ (BAG, NZA 2009, 1347) ab, in der er noch betonte, dass das auf Eigentum und Besitz beruhende Hausrecht des Arbeitgebers der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten gewerkschaftlichen Betätigungsfreiheit nicht weichen muss. Allerdings liegt die Entscheidung bisher nur als Pressemitteilung vor (FD-ArbR 2018, 412185). Spannend ist also, ob der Senat hiermit nur eine Einzelfallentscheidung getroffen hat oder abstrakte Rechtssätze aufstellen wird, die auch für andere Konstellationen relevant sein könnten. In der Pressemitteilung wird sehr stark auf die örtlichen Begebenheiten abgestellt, was ein Indiz für eine Einzelfallentscheidung sein könnte. Jedenfalls dürfte es keinen Bruch mit der bisherigen Rechtsprechung geben, dass der Arbeitgeber seine eigenen Betriebsmittel nicht zum Streik zur Verfügung stellen muss (BAG, ArbR Aktuell 2014, 160 m. Anm. Bauer).

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