Energie & Infrastruktur

EU-Kommission verweigert beihilferechtliche Genehmigung für Vergünstigungen bei KWK-Eigenversorgung

ENERGY NEWS #02/2018

 

Die EU-Kommission hat die Privilegierung der Eigenversorgung durch neue KWK-Anlagen nicht genehmigt. Für sie fällt seit dem 1. Januar 2018 die volle EEG-Umlage an. Konkret betrifft dies alle KWK-Anlagen, die nach dem 1. August 2014 in Betrieb genommen wurden. Versorgte sich der Betreiber mit dem Strom aus diesen Anlagen selbst, musste er nur eine reduzierte EEG-Umlage zahlen. Allerdings stand diese Privilegierung unter dem Vorbehalt der beihilfenrechtlichen Genehmigung durch die EU-Kommission. Im Dezember 2017 hat die Kommission diese Genehmigung nun verweigert. Dem Vernehmen nach bemüht sich das Bundeswirtschaftsministerium dennoch weiter um den Erhalt dieser Privilegierung. Eine zügige Einigung und Neuregelung ist derzeit allerdings nicht absehbar. Betroffene Unternehmen müssen deshalb (zumindest vorübergehend) mit hohen Zusatzkosten rechnen.

Zusammenfassung

  • Zum 31. Dezember 2017 ist die beihilferechtliche Genehmigung für Privilegierungstatbestände im EEG ausgelaufen. Die EU-Kommission hat Vergünstigungen bei der EEG-Umlage im Rahmen der Eigenversorgung durch neue, hocheffiziente KWK-Anlagen nicht erneut genehmigt. Infolgedessen darf § 61b Nr. 2 EEG 2017, der eine Reduzierung der EEG-Umlage für hocheffiziente KWK-Anlagen mit Inbetriebnahme seit dem 1. August 2014 vorsieht, nicht mehr angewendet werden.
  • Für selbstverbrauchten Strom aus solchen Anlagen wird ab 2018 die volle EEG-Umlage fällig. Dies entspricht Mehrkosten von rund 4 Cent pro Kilowattstunde für betroffene Anlagenbetreiber.

EEG 2017 und EU-Beihilfenrecht

Seit Einführung des EEG 2014 wird grundsätzlich auch für die Eigenversorgung die EEG-Umlage fällig. Eingeschränkt wird dieser Grundsatz allerdings durch Ausnahmetatbestände für Bestandsanlagen sowie Ermäßigungen für EEG- und hocheffiziente KWKG-Anlagen. So wurde bisher gemäß § 61b Nr. 2 EEG 2017 für selbstverbrauchten Strom aus hocheffizienten KWK-Anlagen, die nach dem 1. August 2014 in Betrieb genommen wurden, nur ein ermäßigter Satz von 40 % der EEG-Umlage fällig. Diese Ermäßigungen wertet die EU-Kommission als staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 107 AEUV, die grundsätzlich genehmigt werden müssen. Dies hatte die EU-Kommission auch getan; allerdings waren die Genehmigungen für Ermäßigungen im Rahmen der Eigenversorgung bis zum 31. Dezember 2017 befristet. Während die Kommission die Genehmigung für die meisten anderen Privilegierungstatbestände mit Beschluss vom 19. Dezember 2017 erneuerte, hat sie die Ermäßigung nach § 61b Nr. 2 EEG 2017 für die genannten KWK-Anlagen explizit davon ausgenommen, da sie darin eine nicht gerechtfertigte Überförderung erblickte. Dies geht aus Pressemitteilungen der Kommission und des Bundeswirtschaftsministeriums hervor, auch wenn die Veröffentlichung der Entscheidung der Kommission noch aussteht. Die Entscheidung kam sowohl für Unternehmen und Branchenvertreter als auch für die Politik überraschend, hatte das Bundeswirtschaftsministerium doch bereits 2016 erklärt, sich mit der Kommission über die seit 2014 geltende Regelung verständigt zu haben.

Folgen der Kommissionsentscheidung

Infolge der Negativentscheidung der Kommission darf § 61b Nr. 2 EEG 2017 seit dem 1. Januar 2018 nicht mehr angewendet werden. Dies bedeutet, dass die Netzbetreiber nunmehr verpflichtet sind, auch für selbstverbrauchten Strom aus hocheffizienten KWK-Anlagen, die nach dem 1. August 2014 in Betrieb genommen wurden, die volle EEG-Umlage in Höhe von 6,792 Cent pro Kilowattstunde (in 2018) zu berechnen. Das entspricht einer absoluten Kostensteigerung von rund 4 Cent pro Kilowattstunde. Für Unternehmen mit einem hohen Eigenverbrauch aus entsprechenden KWK-Anlagen führt dies zu erheblichen Mehrkosten. Laut Interessensverbänden sind bis zu 10.000 Anlagen betroffen, die Zusatzkosten sollen im unteren dreistelligen Millionenbereich liegen. Betroffen sind nicht nur Großkonzerne, sondern etwa auch Mittelständler und kommunale Unternehmen, die ihre Stromversorgung auf moderne KWK-Anlagen umgestellt haben. Durch die Mehrkosten verlängert sich die Amortisationszeit für KWK-Anlagen erheblich, Investitionen in diesem Bereich werden unattraktiver. Nicht betroffen sind lediglich Betreiber von Anlagen mit einer Leistung von bis zu 10 kW.

Ausblick

Zwar ist laut Bundeswirtschaftsministerium die 40-Prozent-Regelung immer noch Gegenstand von Verhandlungen mit der EU-Kommission. Ob und wann ein Kompromiss gefunden werden kann, ist bislang aber offen. Sobald eine Einigung erzielt sei, werde man eine entsprechende gesetzliche Regelung anstreben. Angesichts der langwierigen Regierungsbildung und der Tatsache, dass auch eine neue Regelung erst wieder der Kommission vorgelegt werden müsste, ist mit einer zeitnahen Lösung jedoch nicht zu rechnen.

Dem Entwurf des Koalitionsvertrags vom 7. Februar 2018 ist jedenfalls kein konkreter Hinweis auf eine angestrebte Änderung des Gesetzes zu entnehmen. Darin heißt es nur, dass die Kraft-Wärme-Kopplung weiterentwickelt und umfassend modernisiert werden soll, „so dass sie im Rahmen der Energiewende eine Zukunft hat.“ Kraft-Wärme-Kopplung soll CO2-ärmer ausgestaltet und flexibilisiert werden. Für Eigenversorger und Branchenunternehmen fehlt hier ein klares Signal.

Mit Blick auf eine Neuregelung stellt sich zudem die Frage, ob die Bundesregierung die EEG-Umlageprivilegierung rückwirkend, d.h. zum 1. Januar 2018, neu regeln wird. In einem ähnlichen Fall, in dem für eine energiesteuerrechtliche Entlastung die beihilferechtliche Genehmigung wegfiel, setzte der Gesetzgeber die Neuregelung rückwirkend in Kraft, so dass für Unternehmen nur vorübergehend Mehrkosten anfielen. Dem Vernehmen nach gibt es auf Bundesebene erste gesetzgeberische Initiativen und Aufforderungen an die Bundesregierung, die EEG-Privilegierung für hocheffiziente KWK-Anlagen soweit wie möglich aufrecht zu erhalten und letztlich eine vergleichbare Lösung für § 61b Nr. 2 EEG 2017 umzusetzen. Ob und in welchem Umfang die Umlageprivilegierung beibehalten wird, ist derzeit allerdings nicht absehbar. Unternehmen müssen zumindest damit rechnen, für einen Übergangszeitraum die volle EEG-Umlage auf selbstverbrauchten Strom aus hocheffizienten KWK-Anlagen zu entrichten. Im Hinblick darauf, dass bei verspäteten Zahlungen der EEG-Umlage gemäß § 60 Abs. 3 i.V.m. § 61 Abs. 3 EEG 2017 Zinsen in Höhe von fünf Prozent zu entrichten sind und der Umfang eine gesetzlichen Neuregelung nicht absehbar ist, ist zu empfehlen, Forderungen von Netzbetreibern über die volle EEG-Umlage unter dem Vorbehalt der Rückforderung aufgrund einer (dann hoffentlich beihilfekonformen) gesetzlichen Neuregelung zu begleichen. Für Anlagen, die unmittelbar ans Übertragungsnetz angeschlossen sind, besteht bei Zahlungsrückständen – nach Mahnung und Androhung – zudem gemäß § 60 Abs. 2 S. 3 EEG 2017 die Möglichkeit der Kündigung des Bilanzkreisvertrages durch den Übertragungsnetzbetreiber.

Gleiss Lutz Kommentar

Die ohnehin schon komplexe Materie der Eigenversorgung ist nun um einen unerwarteten Aspekt reicher. Teils erhebliche Mehrkosten müssen kurzfristig in Kalkulationen einbezogen werden, eine zügige Neuregelung ist nicht in Sicht. Selbst wenn Kommission und Regierung sich auf irgendeine Form der weiteren Privilegierung von KWK-Eigenversorgung einigen können, könnte die Ermäßigung deutlich geringer ausfallen als bisher. Je nach Ausgestaltung könnten bestimmte Formen der Versorgung oder bestimmte Unternehmen gänzlich aus der Förderung herausfallen.

In Hinblick auf eine zukünftige Neuregelung ist betroffenen Unternehmen dennoch zu raten, alle messtechnischen Vorgaben weiterhin einzuhalten. Des Weiteren sollten auch Meldefristen beachtet werden. Sollte es nämlich zu einer (rückwirkenden) Befreiung oder Ermäßigung kommen, wird diese sicherlich keine geringeren Anforderungen an Messung und Meldung stellen als die bisherige. Die wichtigsten Fristen in diesem Zusammenhang sind:

  • 28. Februar 2018: Meldung EEG-Eigenversorgung gegenüber Verteilnetzbetreiber
  • 31. März 2018: KWKG-Umlageprivilegierung
  • 31. Mai 2018: Meldung EEG-Eigenversorgung gegenüber Übertragungsnetzbetreiber

Zitiervorschlag: Ruttloff, Lippert, EU-Kommission verweigert beihilferechtliche Genehmigung für Vergünstigungen bei KWK-Eigenversorgung, Gleiss Lutz Energy News #2/2018 vom 23. Februar 2018

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