Steuerrecht

Finanzminister der Länder empfehlen Verschärfungen der grunderwerbsteuerlichen Regelungen für Share Deals

Am 21. Juni 2018 hat die Finanzministerkonferenz der Länder eine deutliche Verschärfung der grunderwerbsteuerlichen Regelungen für Anteilsübertragungen an grundbesitzenden Gesellschaften (sog. Share Deals) empfohlen und das Bundesfinanzministerium aufgefordert, einen Gesetzesentwurf zu erarbeiten, der diese Empfehlungen umsetzt.

1. Hintergrund

Bislang sind Übertragungen von Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften in bestimmten Fällen grunderwerbsteuerlich begünstigt. So ist es unter anderem möglich, 100% der Anteile an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft zu übertragen, ohne Grunderwerbsteuer auszulösen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Anteile durch zwei einander nicht nahestehende Käufer erworben werden und keiner der beiden Käufer 95% oder mehr der Anteile erwirbt. Beispielsweise kann ein Hauptinvestor unmittelbar oder mittelbar 94,9% der Anteile erwerben und ein Co-Investor 5,1% (sog. RETT-Blocker). Weiterhin kann durch einen gestreckten Erwerb von Anteilen an einer grundbesitzenden Personengesellschaft die Grunderwerbsteuer erheblich reduziert werden: Wenn der Erwerber in einem ersten Schritt lediglich 94,9% der Anteile an der grundbesitzenden Personengesellschaft erwirbt und nach Ablauf von fünf Jahren die restlichen 5,1%, fällt Grunderwerbsteuer lediglich auf den Erwerb von 5,1% an. Schließlich ist die Übertragung von Grundstücken zwischen Personengesellschaften und ihren Gesellschaftern teilweise grunderwerbsteuerfrei, wenn Haltefristen von jeweils fünf Jahren eingehalten werden.

2. Überblick über die Empfehlungen der Finanzministerkonferenz

Die Finanzministerkonferenz der Länder hat eine Reihe von Änderungen der grunderwerbsteuerlichen Regelungen empfohlen, die Gestaltungen bei Share Deals ganz erheblich einschränken sollen. Die Finanzministerkonferenz empfiehlt insbesondere die folgenden Änderungen:

  • Absenkung der bisherigen 95%-Grenze auf 90%,
     
  • Verlängerung der Haltefristen von bislang fünf Jahren auf grundsätzlich zehn Jahre,
     
  • Schaffung eines neuen Ergänzungstatbestands für den Wechsel im Anteilseignerbestand einer Kapitalgesellschaft, sowie
     
  • Einführung einer Verzinsung für die Grunderwerbsteuerforderung / Anhebung der Begrenzung des Verspätungszuschlags.

3. Die Empfehlungen im Einzelnen:

a. Absenkung der bisherigen 95%-Grenze auf 90%

Die Länderfinanzminister empfehlen, die bislang in § 1 Abs. 2a, § 1 Abs. 3 und § 1 Abs. 3a GrEStG vorgesehene 95%-Grenze auf 90% zu senken. Aufgrund dessen würden insbesondere folgende Vorgänge im Zusammenhang mit grundbesitzenden Gesellschaften der Grunderwerbsteuer unterliegen:

  • Die unmittelbare oder mittelbare Übertragung von mindestens 90% der Anteile an einer Personengesellschaft auf neue Gesellschafter (zu den Fristen siehe unter b.).
     
  • Der Abschluss eines Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf unmittelbare oder mittelbare Übertragung von Anteilen an einer Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft begründet, wenn die Übertragung zu einer Vereinigung von mindestens 90% der Anteile führt oder wenn mindestens 90% der Anteile auf den Erwerber übertragen werden.
     
  • Die unmittelbare oder mittelbare Übertragung von Anteilen an einer Personengesellschaft oder Kapitalgesellschaft, wenn sie zu einer Vereinigung von mindestens 90% der Anteile führt oder wenn mindestens 90% der Anteile auf den Erwerber übertragen werden.
     
  • Der Erwerb einer wirtschaftlichen Beteiligung von mindestens 90% der Anteile an einer Personengesellschaft oder an einer Kapitalgesellschaft.

b. Verlängerung der Haltefristen von bislang fünf Jahren auf grundsätzlich zehn Jahre

Nach dem bisherigen Recht gelten für die Übertragung von Anteilen an grundbesitzenden Personengesellschaften sowie die Übertragung von Grundstücken zwischen den Gesellschaftern einer Personengesellschaft und der Personengesellschaft nach §§ 5 und 6 GrEStG Haltefristen von fünf Jahren. Die Finanzministerkonferenz empfiehlt, diese Haltefristen auf grundsätzlich zehn Jahre zu verlängern; für bestimmte Fälle soll die Haltefrist auf 15 Jahre verlängert werden. Die Verlängerung der Haltefristen soll zusammen mit der Absenkung der 95%-Grenze auf 90% insbesondere die Gestaltung eines gestreckten Erwerbs von 100% der Anteile an einer grundbesitzenden Personengesellschaft unattraktiv machen: Künftig könnten in einem ersten Schritt lediglich 89,9% grunderwerbsteuerfrei erworben werden. Erst nach Ablauf von zehn Jahren könnten neue Gesellschafter die restlichen 10,1% erwerben, ohne Grunderwerbsteuer auszulösen. Sofern der Erwerber der 89,9% nach Ablauf von zehn Jahren die restlichen 10,1% erwerben würde, fiele Grunderwerbsteuer nur auf den Erwerb von 10,1% an.

c. Schaffung eines neuen Ergänzungstatbestands für den Wechsel im Anteilseignerbestand einer Kapitalgesellschaft

Bisher ist ein unmittelbarer oder mittelbarer Erwerb von 100% der Anteile an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft durch zwei einander nicht nahestehende Erwerber (z.B. 94,9% durch einen Hauptinvestor und 5,1% durch einen Co-Investor) möglich, ohne dass Grunderwerbsteuer anfällt. Künftig soll ein neuer Ergänzungstatbestand auch den Anteilseignerwechsel einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft erfassen (§ 1 Abs. 2b GrEStG-E): Danach soll auch eine Übertragung von mindestens 90% der Anteile an der grundbesitzenden Kapitalgesellschaft auf neue Gesellschafter innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren der Grunderwerbsteuer unterliegen.

Der neue Ergänzungstatbestand soll insbesondere den unmittelbaren grunderwerbsteuerfreien Erwerb von 100% der Anteile an einer Kapitalgesellschaft unter Beteiligung eines Co-Investors unmöglich machen.  Es könnten in einem ersten Schritt maximal 89,9% der Anteile erworben werden. Ein Altgesellschafter müsste mindestens 10,1% der Anteile zehn Jahre lang halten, bevor diese auf einen Co-Investor übertragen werden könnten, ohne Grunderwerbsteuer auszulösen.

Die Begünstigungen der §§ 5 und 6 GrEStG für die Übertragung von Grundstücken zwischen einer Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern sollen im Rahmen des neuen Ergänzungstatbestands allerdings nicht gelten.

d. Einführung einer Verzinsung für die Grunderwerbsteuerforderung / Anhebung der Begrenzung des Verspätungszuschlags

Die Grunderwerbsteuerforderung wird nach dem bislang geltenden Recht nicht verzinst (vgl. § 233a AO). Die Landesfinanzminister empfehlen nun, die Grunderwerbsteuerforderung wie sonstige Steuerforderungen mit 0,5% pro Monat / 6% pro Jahr zu verzinsen. Der Zinslauf soll dabei bereits drei Monate nach Ablauf der zweiwöchigen Anzeigefrist für die Erfüllung des betreffenden Grunderwerbsteuertatbestands beginnen.

Die Landesfinanzminister schlagen darüber hinaus vor zu prüfen, ob die bisherige Höchstgrenze von EUR 25.000 für Versäumniszuschläge (vgl. § 152 Abs. 10 AO) durch eine höhere Grenze ersetzt werden soll.

4. Fazit

Die Empfehlungen der Finanzministerkonferenz der Länder würden bei Umsetzung durch den Gesetzgeber die gängigen grunderwerbsteuerlichen Strukturen von Share Deals bezüglich grundbesitzenden Gesellschaften erheblich einschränken. Es wird erwartet, dass bereits eine Verlängerung der Haltefristen auf zehn Jahre erhebliche Marktauswirkungen hätte, da sie den Anlagezeitraum vieler Investoren überschreiten dürfte. Daneben würde der geplante Ergänzungstatbestand für den Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften eine ganz erhebliche Verschärfung gegenüber den bislang geltenden Regelungen darstellen, da ein Altgesellschafter über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren mit mindestens 10,1% beteiligt bleiben müsste, damit keine Grunderwerbsteuer ausgelöst wird.

Es ist derzeit noch offen, ob und in welchem Umfang der Gesetzgeber die Empfehlungen der Finanzministerkonferenz der Länder umsetzen wird. Allerdings ist angesichts der derzeitigen rechtspolitischen Debatte davon auszugehen, dass der Gesetzgeber einem Großteil der Empfehlungen folgt. Unklar ist weiterhin, ab welchem Zeitpunkt die Regelungen in Kraft treten und in welchem Umfang der Gesetzgeber Übergangsregelungen für Altfälle vorsehen würde. Daher sollten bereits vor einer Änderung der gesetzlichen Regelungen die Empfehlungen der Finanzministerkonferenz bei der Strukturierung von Share Deals unbedingt berücksichtigt werden. Hierfür stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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