Compliance & Investigations

Veröffentlichung der 5. EU-Geldwäscherichtlinie

Noch sind die Nachwirkungen des Inkrafttretens der 4. EU-Geldwäscherichtlinie und der deutschen Umsetzungsmaßnahmen im Geldwäschegesetz (GwG) nicht verklungen, schon wird im Amtsblatt der Union vom 19. Juni 2018 die 5. EU-Geldwäscherichtlinie mit diversen Änderungen am Wortlaut der 4. EU-Geldwäscherichtlinie veröffentlicht. Sie tritt am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft und gewährt den Mitgliedsstaaten eine Umsetzungsfrist bis zum 10. Januar 2020.

Berücksichtigung jüngster Terroranschläge

Wieder fehlt es an den Erwägungsgründen nicht an großen Worten:

Die „jüngsten Terroranschläge“ hätten neue Tendenzen bei der Art und Weise der Finanzierung terroristischer Gruppe und ihrer Vorgehensweise zutage treten lassen. Insbesondere moderne Technologie-Dienstleistungen und alternative Finanzsysteme profitierten von Ausnahmen, „die möglicherweise nicht länger gerechtfertigt sind“. Die Integrität des Finanzsystems der Union hänge von der Transparenz von Gesellschaften oder sonstigen juristischen Personen, Trusts und ähnlichen Rechtsvereinbarungen ab. Ziel der neuen Richtlinie sei es daher nicht nur, „Geldwäsche zu ermitteln und zu untersuchen, sondern auch ihr Vorkommen zu verhindern“. Durch mehr Transparenz könnte eine abschreckende Wirkung entfaltet werden.

Vorsätze, bei deren Umsetzung das Grundrecht auf Schutz personenbezogener Daten selbstverständlich „gebührend zu berücksichtigen“ sei und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingehalten und angewendet werden solle.

Ziele der neuen Richtlinie

Einer der Zielkorridore der neuen Richtlinie sind virtuelle Währungen, Dienstleistungsanbieter, die den Umtausch von virtuellen Währungen in Fiat-Geld – das sind Münzen und Geldscheine, die zu gesetzlichen Zahlungsmitteln erklärt wurden und elektronisches Geld eines Landes, das im ausgebenden Land als Tauschmittel akzeptiert wird – ausführen, sowie Anbieter von elektronischen Geldbörsen. Sie alle stehen zur verstärkten Überwachung an.

Die „Anonymität virtueller Währungen“ ermögliche laut der Richtlinie potentiellen Missbrauch für kriminelle Zwecke, doch diese sind – so wird gleich versichert – nicht zu verwechseln mit elektronischem Geld oder zugehörigen Diensten und Zahlungsvorgängen. Die neue Richtlinie soll alle potentiellen Verwendungszwecke von virtuellen Währungen abdecken, insbesondere die mögliche Verwendung als Tauschmittel, als Investition, als Wertaufbewahrungsprodukt oder zum Einsatz in Online-Kasinos.

Ferner sollen Geschäftsbeziehungen oder Transaktionen, an denen Drittländer mit hohem Risiko beteiligt sind, beschränkt werden, wenn im System zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung eines solchen Landes wesentliche Schwachstellen aufgedeckt werden. Der Kommission wird die Befugnis übertragen, delegierte Rechtsakte zu erlassen und die „Drittländer mit hohem Risiko“ zu ermitteln und zu bestimmen. Beim Umgang mit diesen Fällen von besonders hohem Risiko und den zugehörigen Geschäftsbeziehungen oder Transaktionen sollen die Mitgliedsstaaten zukünftig den Verpflichteten vorschreiben, verstärkte Sorgfaltspflichten zu erfüllen, um diese Risiken zu steuern und abzuschwächen.

Ein neu einzufügender Artikel (Art. 18a) regelt die verstärkten Sorgfaltsmaßnahmen, die gegenüber Kunden aus Drittländern mit hohem Risiko anzuwenden sind. Besonders aufwändig im Vergleich zum derzeit gültigen GwG dürfte der Punkt „verstärkte Überwachung der Geschäftsbeziehung durch häufigere und zeitlich besser geplante Kontrollen sowie durch Auswahl von Transaktionsmustern, die einer weiteren Prüfung bedürfen“ werden.

Die Umsetzung bleibt allerdings den Mitgliedsstaaten auf nationaler Ebene überlassen. Es bleibt daher abzuwarten, welche Maßnahmen im Rahmen der verstärkten Sorgfaltspflichten gegenüber Drittländern mit hohem Risiko vom deutschen Gesetzgeber in das GwG aufgenommen werden.

Für sogenannte anonyme Guthabenkarten, die sich angeblich „ohne weiteres“ zur Finanzierung von terroristischen Anschlägen oder zu deren logistischen Vorkehrungen nutzen lassen, soll die Schwelle, die zur Ergreifung von Sorgfaltsmaßnahmen verpflichtet, auf EUR 50,00 abgesenkt werden. Dieser Schwellen-Betrag sei geeignet, den Kunden in geeigneten Fällen zu identifizieren, gleichzeitig jedoch den Bedürfnissen der Verbraucher in Bezug auf die allgemeine Verwendung solcher Zahlungsinstrumente auf Guthabenbasis Rechnung zu tragen und sicher zu stellen, „dass die Nutzung derartiger Zahlungsinstrumente für die Förderung der sozialen und finanziellen Inklusion nicht verhindert wird“.

Anhand der Erwägungsgründe ist festzustellen, dass es die Richtlinie allen denkbaren Zwecken recht machen will, alle denkbaren Vorbehalte berücksichtigt und jegliche auch nur ansatzweise in Betracht kommende Ziele von Finanzpolitik und Finanzwirtschaft miteinander in Einklang bringen will.

Kernziel ist darüber hinaus, dass Gesellschaften und sonstige juristische Personen „angemessene, präzise und aktuelle Angaben über ihren wirtschaftlichen Eigentümer einholen und aufbewahren“.

Breiten Raum nehmen in den Erwägungsgründen Trusts und ähnliche „Rechtsvereinbarungen“ ein, bei denen Transparenz eine wichtige Voraussetzung für das Aufspüren von Straftätern sei, die ihre Identität ansonsten hinter einer Gesellschaftsstruktur verbergen könnten.

Durch verstärkte öffentliche Kontrolle und „Information der Zivilgesellschaft“ – genannt werden die Presse und zivilgesellschaftlichen Organisationen – werde ein Beitrag zur Verhinderung des Missbrauchs von juristischen Personen und Rechtsvereinbarungen einschließlich „Steuerumgehungen“ geleistet. Das alles – wohl gemerkt – „mit dem Ziel der Sicherstellung eines angemessenen und ausgewogenen Ansatzes und zur Wahrung des Rechts auf Achtung des Privatlebens und auf den Schutz personenbezogener Daten“. Daher sollen die Mitgliedsstaaten „berechtigtes Interesse“ als Kriterium für den Zugang zu Angaben über den wirtschaftlichen Eigentümer in ihren nationalen Rechtsvorschriften definieren.

Und wie soll das alles vonstattengehen?

Zunächst einmal wird der Kreis der Verpflichteten erweitert:
Abschlussprüfer, externe Buchprüfer und Steuerberater, die als wesentliche geschäftliche oder gewerbliche Tätigkeit „materielle Hilfe, Unterstützung oder Beratung im Hinblick auf Steuerangelegenheiten“ leisten, werden in den Kreis der Verpflichteten aufgenommen.

Für Immobilienmakler wird klargestellt, dass sie nicht nur beim Immobilienverkauf, sondern auch bei der Vermietung von Immobilien den Rahmen von Transaktionen, bei denen sich die monatliche Miete auf EUR 10.000,00 oder mehr beläuft, in den Kreis der Verpflichteten aufzunehmen sind. Aber auch Personen, die mit Kunstwerken handeln, als Vermittler tätig sind oder Kunstwerke für die Ausfuhr durch Freihäfen einlagern, sind bei einer Transaktionssumme von mehr als EUR 10.000,00 neu zu erfassen.

Zahlungsinstrumente, die wieder aufgeladen werden können, müssen auf Zahlungsvorgänge in Höhe von EUR 150,00/monatlich begrenzt werden, die nur im entsprechenden Mitgliedsstaat genutzt werden können. Der elektronisch speicherbare Betrag solcher Zahlungsinstrumente darf EUR 150,00 nicht überschreiten.

Neu in die Kundensorgfaltspflichten wird der Umfang der Feststellung der Identität und der Überprüfung definiert: Auf der Grundlage von Dokumenten, Daten oder Informationen, die von einer glaubwürdigen und unabhängigen Quelle stammen, einschließlich – soweit verfügbar – elektronischer Mittel für die Identitätsfeststellung, einschlägiger Vertrauensdienste gemäß der Verordnung über elektronische Identifizierung oder mittels anderer Fernidentifizierungsverfahren oder deren Einholung auf elektronischem Weg. – Klingt kompliziert und ist es auch: unter dem Vorwand, verschiedene neue elektronische Identifizierungsverfahren zu ermöglichen, wird den Verpflichteten ein erhöhter bürokratischer Aufwand auferlegt, denn wo noch Möglichkeiten der Verfeinerung der Abklärung zur Verfügung stehen, wird sich der verpflichtete zukünftig nicht mehr mit einfacheren, aber vielleicht unsicheren Mitteln – wie z.B. der Übersendung der Kopie eines Ausweises durch den zu Identifizierenden – zufriedengeben dürfen.

Die Einholung eines Registerauszuges zu Beginn einer neuen Geschäftsbeziehung mit einer Gesellschaft oder juristischen Person wird zum Regelfall der Sorgfaltspflichterfüllung erklärt.

Besondere Vorkehrungen sind zukünftig auch erforderlich, wenn der ermittelte wirtschaftliche Eigentümer eines Unternehmens zugleich Angehöriger der Führungsebene des Unternehmens ist. Dann haben die Verpflichteten die erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zu ergreifen, um die Identität der natürlichen Person, die die Position als Angehörige der Führungsebene innehat, zu überprüfen und darüber Aufzeichnungen zu führen, die auch über etwaige, während des Überprüfungsvorganges aufgetretene Schwierigkeiten berichten. Mit anderen Worten: Die Inhaber familiengeführter Unternehmen, gleich welcher Rechtsform, die selbst operativ im Unternehmen tätig sind, müssen zukünftig vollumfänglich identifiziert und die ergriffenen Maßnahmen dokumentiert werden. Der deutsche Gesetzgeber wird es sich voraussichtlich nicht nehmen lassen, den Verstoß gegen diese wichtige Vorschrift explizit in den Katalog der Bußgeldtaten aufzunehmen.

Darüber hinaus sollen die Mitgliedsstaaten den Verpflichteten vorschreiben, ihre Sorgfaltspflichten zukünftig auch in Bezug auf die bestehende Kundschaft auf risikobasierter Grundlage zu erfüllen, d.h. insbesondere, wenn sich bei einem Kunden maßgebliche Umstände ändern oder wenn eine sonstige Verpflichtung zum Kundenkontakt vorliegt, sind die Identitätsangaben zu überprüfen und zu aktualisieren. Ob das zu einer formellen Regel über den Umgang mit Bestandskunden und ggf. deren Nach-Identifizierung im GwG ausgebaut wird, wird man abwarten müssen.

Bei der Änderung der verstärkten Sorgfaltspflichten liegt die Brisanz nicht in der Aufzählung der untersuchungspflichtigen Fälle, die so schon in § 15 Abs. 5 GwG enthalten ist, sondern in dem Zusatz: „Um zu bestimmen, ob diese Transaktionen oder Tätigkeiten verdächtigt sind, verbessern die Verpflichteten insbesondere den Umfang und die Art der Überwachung der Geschäftsbeziehung.“ Hier ist zu erwarten, dass die Verpflichteten aufgefordert werden, die ergriffenen Verbesserungsmaßnahmen zu dokumentieren und fortlaufend aufrecht zu erhalten, was über eine „verstärkte kontinuierliche Überwachung“ im Sinne des § 15 Abs. 5 Ziff. 2 GwG noch hinausgehen dürfte.

Fazit und Kommentar

40 Seiten Richtlinie mit Nachbesserungen von zweifelhaftem Effekt, aber mit großen Worten, guten Vorsätzen und hehren Zielen aufgeschäumt.

Wichtiger wäre es, der deutsche Gesetzgeber würde die bestehenden Ungereimtheiten im aktuellen Geldwäschegesetz bereinigen und dadurch zum Bürokratie-Abbau beitragen. Wichtigstes Beispiel: Die unsinnige Definition von Industrie-Holding Gesellschaften als „Finanzunternehmen“ und deren Einbindung in die Vorschriften des Geldwäschegesetzes, auch wenn in der entsprechenden Holding keinerlei operative Tätigkeiten für die unter ihr zusammengefasste Unternehmensgruppe ausgeübt werden.

Ebenso widersinnig die derzeit gängige Auslegung des BMF zu § 9 GwG - den Pflichten von Muttergesellschaften einer Gruppe - die selbst dann zur Erstellung einer Risikoanalyse gemäß §§ 4 Abs. 2, 5 GwG verpflichtet sein sollen, wenn sämtliche unter ihr tätigen Gruppenunternehmen von der Ausnahmeregelung des § 4 Abs. 4 GwG Gebrauch machen und dementsprechend von Identifizierungspflichten ihrer Kunden gemäß § 10 Abs. 6 GwG freigestellt sind.

Ansonsten wird in der Richtlinie viel Getöse um die Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten untereinander, um die Einrichtung von Registern, ähnlich dem deutschen Transparenzregister, und um Statistiken, die die Wirksamkeit der Systeme zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in den Mitgliedsländern belegen können, gemacht.

Angesichts des Desasters um die Verlagerung der Zuständigkeit der Financial Intelligence Unit aus dem Geschäftsbereich des Bundeskriminalamts zum Zoll, darf man auf die erste bundes-deutsche Statistik und die Aussagen über „das Personal, das den für die Aufsicht über die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zuständigen Behörden zugewiesen wurde“ (Art. 44 Abs. 2 lit.e) sowie „das den zentralen Meldestellen zugewiesene Personal“ gespannt sein.

Erst dieser Tage hat das BMF die deutsche Öffentlichkeit wissen lassen, dass jetzt bei der FIU alles gut werde, da die Behörde „in der Führung neu aufgestellt“ werde (FAZ vom 29.06.2018, S. 21). Trainerwechsel haben ja auch im Fußball bekanntlich schon so manchen Verein vor dem Abstieg in eine tiefere Liga bewahrt….

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