Energie & Infrastruktur

Rechtsüberblick zur Strompreisbremse

Parallel zur Gas- und Wärmepreisbremse hat der deutsche Gesetzgeber im Rahmen der Energiepreismaßnahmen am 15. Dezember 2022 die Einführung einer Strompreisbremse beschlossen, um Bürger und Unternehmen auch diesbezüglich zu entlasten. Im Folgenden sollen wesentliche Fragestellungen beantwortet werden:

 

Welche rechtlichen Regelungen verbergen sich hinter der Strompreisbremse?

Während die Entlastung für Erdgas und Wärme zweistufig durch 1) eine Soforthilfe im Dezember über das Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz („EWSG“) und 2) durch das ab März bzw. Januar 2023 geltende Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz („EWPBG“) erfolgen soll, ist die Entlastung bei Strom einstufig. Sie erfolgt durch das ab Januar 2023 wirkende Strompreisbremsegesetz („StromPBG“). Die Entlastung gilt für das gesamte Jahr 2023, eine Verlängerungsmöglichkeit ist bis zum 30. April 2024 vorgesehen.

Für Unternehmen mit besonders hohem Stromverbrauch liegt den gesetzlichen Regelungen insbesondere hinsichtlich der Beihilfehöchstgrenzen der sogenannte „Befristete Krisenrahmen für staatliche Beihilfen zur Unterstützung der Wirtschaft infolge der Aggression Russlands gegen die Ukraine“ vom 28. Oktober 2022 zugrunde.

Die Entlastung erfolgt über ein Basispreiskontingent beim Stromverbrauch, wonach jede Stromentnahmestelle eine gewisse Strommenge zu einem vergünstigten Preis erhält. Entnahmestellen mit einem Verbrauch bis 30.000 kWh erhalten demnach in Höhe von 80% ihres historischen Bezuges ein auf 40 ct/kWh gedeckeltes Kontingent, solche mit einem Verbrauch über 30.000 kWh erhalten in Höhe von 70% ihres historischen Bezuges ein auf 13 ct/kWh gedeckeltes Kontingent. Die Auszahlung der Entlastungsbeträge für Januar und Februar 2023 soll dann im März 2023 erfolgen, um den Unternehmen ausreichend Zeit für die Implementierung der Strompreisbremse zu geben.

 

Wer ist anspruchsberechtigt?

Adressat der Entlastung sind alle Letztverbraucher, also natürliche und juristische Personen, die an einer Netzentnahmestelle zum Zwecke des eigenen oder fremden Verbrauchs hinter dieser Netzentnahmestelle mit Strom beliefert werden oder in gewissen Fällen den Strom ohne Lieferung entnehmen. Die konkrete Berechtigung ergibt sich aus dem jeweiligen Verbrauch. Unter Entnahmestellen bis 30.000 kWh fallen insbesondere Haushalte und Kleingewerbe, während insbesondere mittlere und große Unternehmen meistens einen höheren historischen Jahresverbrauch als 30.000 kWh aufweisen. Für letztere gilt damit die oben beschriebene Preisbremse in Höhe von 13 ct/kWh, für erstere die von 40 ct/kWh.

 

Wie wird die Preisbremse geltend gemacht?

Die Absenkung der Stromkosten in Höhe des jeweiligen Entlastungsbetrags wird dem Letztverbraucher von seinem jeweiligen Elektrizitätsversorgungsunternehmen gewährt. Wenn die Entnahme ohne Lieferung durch ein Elektrizitätsunternehmen erfolgt, muss der regelzonenverantwortliche Übertragungsnetzbetreiber den Entlastungsbetrag gewähren. Eine Antragstellung ist nicht erforderlich.

 

Wie bemisst sich die Höhe des Entlastungsbetrags?

Der monatliche Entlastungsbetrag berechnet sich aus dem Produkt von Differenzbetrag und Entlastungskontingent. Ersterer ergibt sich grundsätzlich individuell aus der Differenz des für die Belieferung der Entnahmestelle vertraglich vereinbarten gewichteten durchschnittlichen Arbeitspreises für den gesamten Monat und dem Referenzenergiepreis. Der Referenzenergiepreis ist die oben beschriebene Preisobergrenze, das heißt 40 ct/kWh bei Netzentnahmestellen, die bis zu 30 000 kWh Strom entnehmen und 13 ct/kWh bei solchen, die über 30 000 kWh Strom entnehmen.

Dieser Differenzbetrag wird wiederum für ein beschränktes Entlastungskontingent gewährt, womit die oben genannten Volumina von 80% bzw. 70% des historischen Jahresverbrauchs gemeint sind, je nachdem ob es sich um Netzentnahmestellen mit einem Referenzenergiepreis von 40 ct/kWh oder 13 ct/kWh handelt.

Einfacher ausgedrückt, bezahlen Haushalte und kleinere Unternehmen bei gleichbleibendem Stromverbrauch für 80% hiervon 40 ct/kWh und für 20% dessen den vertraglichen Strompreis, was sich faktisch in einer geringeren Abschlagszahlung niederschlägt. Unternehmen hingegen bezahlen für 70% ihres bisherigen Verbrauchs 13 ct/kWh und für 30% den vertraglichen Preis.

 

Welche Rahmenbedingungen müssen beachtet werden?

Der Entlastungsbetrag wird unter dem Vorbehalt der Rückforderung gewährt. Wenn sich zu einem späteren Zeitpunkt also herausstellen sollte, dass der Letztverbraucher nicht anspruchsberechtigt ist, kann der Entlastungsbetrag zurückgefordert werden.

Das StromPBG sieht eine Reihe von Einschränkungen vor. Eine Förderung scheidet aus beihilferechtlichen Gründen aus, wenn EU-Sanktionen gegen das Unternehmen oder den mit ihm verbundenen Personen, Organisationen oder Einrichtungen verhängt sind. Der Erhalt von Entlastungen von über 2 Mio. EUR ist an eine Arbeitsplatzerhaltungspflicht gekoppelt. Nach langem Ringen hat der Bundestag schließlich auch ein eingeschränktes Boni- und Dividendenverbot beschlossen, die erst ab tatsächlicher Inanspruchnahme einer Entlastungssumme in Höhe von 25 Mio. Euro greifen. Ab dieser Grenze dürfen variable Vergütungsbestandteile und Erhöhungen des Festgehalts an Organe bis zum Ablauf des 31. Dezember 2023 nur ausbezahlt werden, wenn diese vor dem 1. Dezember 2022 vereinbart und beschlossen wurden. Bei Inanspruchnahme einer Entlastungssumme über 50 Mio. Euro ist generell die Auszahlung variabler Vergütungsbestandteile und Erhöhungen des Festgehalts an Organe sowie die Ausschüttung von Dividenden bis zum Ablauf des 31. Dezember 2023 ausgeschlossen.

 

Welche Höchstgrenzen gelten?

Zu beachten ist schließlich, dass für die Entlastungssumme nach dem Strompreisbremsegesetz aus EU-beihilferechtlichen Gründen absolute und relative Höchstgrenzen gelten, die insgesamt nicht überschritten werden dürfen. Die höchstzulässige Entlastungssumme bezieht sich auf alle staatlichen Beihilfen für Mehrkosten aufgrund der außergewöhnlich stark gestiegenen Energiepreise, bezieht also u.a. auch die Entlastungsbeträge der Gas- und Wärmepreisbremse ein. Die Höchstgrenze liegt für reguläre Unternehmen bei 4 Mio. EUR (absolut) bzw. 50% der krisenbedingten Energiemehrkosten für reguläre Unternehmen. Letztverbraucher, deren besondere Betroffenheit von hohen Energiepreisen durch die noch zu bestimmende (Bundes-)Prüfbehörde (voraussichtlich BAFA) festgestellt wurde, können Förderungen bis zu 100 Mio. EUR bzw. 40% der krisenbedingten Energiemehrkosten erhalten. Wenn die Prüfbehörde zusätzlich die Energieintensivität feststellt, gelten weitere Besonderheiten. In bestimmten Fällen kann die Förderung bis zu 150 Mio. EUR bzw. 80% der krisenbedingten Energiemehrkosten betragen. Zur Einhaltung der Höchstgrenzen sind diverse bußgeldbewährte Mitwirkungs- und Mitteilungspflichten gegenüber dem Lieferanten und der Prüfbehörde zu beachten.

 

Wie wird die Strompreisbremse finanziert?

Die Kosten der Strompreisbremse sollen über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) sowie eine Abschöpfung von sogenannten Zufallsgewinnen bzw. übermäßigen Gewinnen an den Strommärkten finanziert werden. Die Abschöpfung von übermäßigen Gewinnen erfolgt ab dem 1. Dezember 2022 und ist bis zum 30. Juni 2023 befristet, wobei sie durch Rechtsverordnung bis maximal 30. April 2024 verlängert werden kann. Bei Überschreiten der Abschöpfungsschwelle von 1 MW (installierte Leistung) werden Anlagen abgeschöpft, die erneuerbare Energiequellen zur Stromerzeugung nutzen, außerdem Abfallverbrennungsanlagen, Kernkraftwerke, Braunkohlekraftwerke und Anlagen zur Verwertung von Raffinerie-Rückständen. Nicht abgeschöpft werden z.B. neben bestimmten Speichern auch Steinkohle- und Erdgaskraftwerke sowie Biomethan-Anlagen.

Die Überschusserlöse werden grundsätzlich anhand der Preise am Spotmarkt bzw. der energieträgerspezifischen Monatsmarktwerte für Windenergie- und Solaranlagen berechnet, wobei Ergebnisse aus Absicherungsgeschäften (am Terminmarkt) sowie anlagebezogenen Vermarktungen (insb. PPAs) berücksichtigt werden können. Die Überschusserlöse werden unter Zugrundelegung technologiespezifischer Erlösobergrenzen abgeschöpft, wobei Sicherheitszuschläge Anlagenbetreiber vor unbilliger Härte schützen sollen. Von den berechneten Abschöpfungsbeträgen werden 90 % der Gewinne abgeschöpft, 10 % verbleiben beim Erzeuger, um Anreize für effektives Verhalten am Markt zu erhalten. Letztlich werden also 90 % der Differenz zwischen der Erlösobergrenze und den Überschusserlösen abgeschöpft.

 

Welche rechtlichen Bedenken bestehen gegen das Strompreisbremsegesetz?

Aus rechtlicher Sicht birgt die Ausgestaltung des Strompreisbremsegesetz das Risiko, gegen EU-Recht und gegen das Grundgesetz zu verstoßen. Dies liegt insbesondere an dem Mechanismus zur Abschöpfung von Überschusserlösen. Hier lassen sich unterschiedliche Fallgestaltungen bilden, die unions- und verfassungsrechtliche Fragen aufwerfen. Denn der „Überschusserlös“ berechnet sich insbesondere für Neuverträge bei Bestandsanlagen ab dem 1. November 2022 aus einem fingierten Spotbenchmark-Erlös, der sich aus dem durchschnittlichen Spotbenchmarkpreis und einer Obergrenze errechnet. Das hat zur Folge, dass vor allem Betreibern von PPAs ein Erlös abgeschöpft wird, den sie tatsächlich nie erwirtschaftet haben und der umso höher ausfällt, je höher die Preise am Spotmarkt sind. Dabei ist zu bedenken, dass der Abschöpfungsmechanismus eigentlich den unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere aus der EU-Notfall-Verordnung (VO (EU) 2022/1854 gerecht werden muss. Diese Verordnung sieht eine Obergrenze für „Markterlöse“ vor und knüpft dabei an „realisierte Erträge“ an. Höchstrichterlich vom Bundesverfassungsgericht entschieden ist außerdem, dass staatliche Abgabenlasten keine konfiskatorische Wirkung entfalten dürfen, da anderenfalls das Grundrecht auf Eigentum nach Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz verletzt ist. Die Abschöpfung der Überschusserlöse könnte demnach für manche Konstellationen auch gegen das Grundgesetz verstoßen.

Neben den unions- und verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine solche Regelung ist zudem zu berücksichtigen, dass die Anlagenbetreiber in PPAs dann zunehmend einen Preismechanismus wählen müssen, der an den Spotmarktpreis anknüpft; damit verlieren vor allem grüne PPAs einen Verkaufspunkt, weil sie den Stromkunden keine langfristig stabilen Preise anbieten können. Aus rechtlicher Perspektive kommt hinzu, dass ein solcher Mechanismus den europäischen Strommarkt verzerren könnte und damit auch an den Vorgaben des Art. 8 Abs. 2 lit. d) der EU-Notfall-VO zu messen ist.

 

Wo finden sich zusätzliche offizielle Informationen?

Zur Funktionsweise und Finanzierung der Strompreisbremse finden sich auf der Internetseite des Bundeswirtschaftsministeriums weitere Informationen (u.a. FAQs), die hier eingesehen werden können.

 

Welche Änderungen am EEG sollen gemeinsam mit der Strompreisbremse in Kraft treten?

Zum Zwecke der Beschleunigung des Ausbaus von Ökostromanlagen wurde eine Duldungspflicht für Grundstückseigentümer konzipiert, die in Zukunft die Verlegung von Stromtrassen von Ökostromanlagen zu Netzverknüpfungspunkten dulden müssen. Entschädigt werden die entsprechenden Eigentümer dadurch, dass der Projektierer oder der Anlagenbetreiber einmalig 5 % des Verkehrswertes der in Anspruch genommenen Schutzstreifenfläche zu zahlen hat.

Bei bestimmten EEG-Anlagen wird die Einspeisevergütung im Schnitt um ca. 20 % erhöht. Diese Erhöhung bezieht sich auf die im EEG 2023 bereits erhöhten Werte, die demnach weiter angehoben werden, bevor sie überhaupt in Kraft getreten sind. Die Erhöhung betrifft sowohl die Anhebung der Maximalgebote für die an einer Ausschreibung teilnehmenden Anlagen als auch die gesetzlich festgelegten Werte sowie den Volleinspeiserbonus.

Letztlich wird für Ökostromanlagen ein Mechanismus eingeführt, mit dessen Hilfe die Bundesnetzagentur die auszuschreibende Menge im Fall drohender Unterzeichnung so begrenzen kann, dass in einer bevorstehenden Ausschreibungsrunde dennoch ausreichender Wettbewerb zu erwarten ist. Diese Regelung ist vor dem Hintergrund der europäischen Beihilferegelungen notwendig geworden, welche die beihilferechtliche Angemessenheit der durch die Ausschreibungen ermittelten Förderhöhen sicherstellen sollen.

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