Arbeitsrecht

Arbeitgeber dürfen Home-Office-Tätigkeit nicht ohne Weiteres einseitig anordnen

Mit seiner Entscheidung vom 14. November 2018 hat das LAG Berlin-Brandenburg zu der Frage Stellung genommen, ob Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer im Rahmen des Direktionsrechts wirksam anweisen können, die Arbeitstätigkeit im Home-Office fortzusetzen. Sofern der Arbeitsvertrag eine Tätigkeit in der Betriebsstätte des Arbeitgebers vorsieht, sei nach Ansicht des Gerichts die Anordnung, im Home-Office tätig zu werden, nicht vom arbeitsvertraglichen Weisungsrecht umfasst.

LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. November 2018 – 17 Sa 562/18

Sachverhalt der Entscheidung

Im Rahmen verschiedener Restrukturierungsmaßnahmen stellte die beklagte Arbeitgeberin die Geschäftstätigkeit an ihrer Betriebsstätte in Berlin ein. Der dazugehörige Interessenausgleich sah vor, dass betroffenen Arbeitnehmern eine gleichwertige Position in einem anderen Konzernunternehmen anzubieten ist. Die Arbeitgeberin machte dem Kläger ein entsprechendes Angebot zur Fortsetzung der Tätigkeit in Ulm, wobei sie ihn anwies, zunächst für ca. zwei Jahre die Tätigkeit im Home-Office zu verrichten. Der Kläger kam dieser Aufforderung nicht nach. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger fristlos wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung.

Entscheidung

Die Kündigung war nach Auffassung des LAG Berlin-Brandenburg unwirksam. Es fehle an einem wichtigen Grund für die fristlose Kündigung. Die Beklagte könne ihre Kündigung nicht darauf stützen, dass der Kläger nicht zu einer Tätigkeit im Home-Office bereit war. Die Beklagte habe dem Kläger nicht in Ausübung ihres Weisungsrechts (§ 106 Satz 1 GewO) eine Tätigkeit im Home-Office rechtswirksam zugewiesen. Der Arbeitsvertrag zwischen den Parteien sah als Arbeitsort die Betriebsstätte der Beklagten vor. Insofern überschreite eine Versetzung in ein Home-Office den vereinbarten Vertragsrahmen. Eine Tätigkeit im Home-Office sei nicht mit einer Tätigkeit in der Betriebsstätte vergleichbar. Der Arbeitnehmer verliere den unmittelbaren Kontakt zu seinen Kollegen. Die Möglichkeit des kommunikativen Austauschs mit den Kollegen würde sich verringern. Auch würden die Grenzen von Arbeit und Freizeit fließend und der Arbeitnehmer sei für den Betriebsrat und die im Betrieb vertretene Gewerkschaft schwerer zu erreichen. Etwaige Vorteile einer Tätigkeit im Home-Office seien nicht zu berücksichtigen.  

Fazit 

Gegenläufig zu der im Rahmen von Arbeit 4.0 geführten Debatte über einen Anspruch des Arbeitnehmers „auf Home-Office“ betraf der Sachverhalt den umgekehrten Fall – die Verweigerung einer Home-Office-Tätigkeit durch den Arbeitnehmer. Eine Versetzung des Arbeitnehmers an den heimischen Arbeitsplatz ist allerdings nicht per se ausgeschlossen. Bei entsprechender Gestaltung des Arbeitsvertrags wird auch die einseitige Weisung zu einer Home-Office-Tätigkeit möglich sein. Eindeutig wäre bspw. der Fall, wenn der Arbeitsvertrag einen entsprechenden Versetzungsvorbehalt oder als Arbeitsort ausdrücklich (auch) das Home-Office vorsieht. In diesen Fällen müsste dann die Ausübung der konkreten Versetzung billigem Ermessen entsprechen. Fraglich ist allerdings, ob bereits ein arbeitsvertraglich vereinbartes Recht des Arbeitnehmers, gelegentlich oder regelmäßig im Home-Office zu arbeiten „im Gegenzug“ ein Recht des Arbeitgebers zur Versetzung des Mitarbeiters in das Home-Office auslöst. Offen bleibt auch, wie die Entscheidung ausgefallen wäre, wenn der Arbeitsvertrag im vorliegenden Fall keinen konkreten Arbeitsort vorgesehen hätte.

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