Healthcare und Life Sciences

Mehr Transparenz bei der Versorgung mit Implantaten: Gesetz zur Errichtung eines Implantateregisters gilt seit 1. Januar 2020

Zum 1. Januar 2020 ist das Implantateregister-Errichtungsgesetz (BGBl. I 2019, S. 2494 - EIRD) in Kraft getreten. Es sieht vor, dass zum Schutz von Patienten und der besseren Informationsgewinnung über die Qualität von im Markt befindlichen Implantaten ein verbindliches und detailliertes Register eingeführt wird. Dr. Enno Burk, Counsel im Berliner Büro und spezialisiert auf den Medizintechnikmarkt, fasst nachfolgend die Registerfunktionen und die zukünftig für Produktverantwortliche, Krankenhäuser und operativ tätige Ärztinnen und Ärzte geltenden Informationspflichten zusammen.

I. Errichtung eines verbindlichen bundesweiten Implantateregisters

Verantwortlich für die Errichtung und den Betrieb des Implantateregisters ist das Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI), bei dem eine neue Registerstelle geschaffen werden soll. Der Registerpflicht unterliegen:

  • Gelenkendoprothesen (für Hüfte, Knie, Schulter, Ellenbogen und Sprunggelenk)
  • Brustimplantate
  • Herzklappen und andere kardiale Implantate
  • Implantierbare Defibrillatoren und Herzschrittmacher
  • Neurostimulatoren
  • Cochlea-Implantate
  • Wirbelkörperersatzsysteme und Bandscheibenprothesen
  • Stents

Keine Registrierungspflicht besteht für spezialangefertigte Implantate und Implantate mit Sonderzulassungen.

II. Meldepflichten der Hersteller/Produktverantwortlichen zum Implantateregister

Die Produktverantwortlichen werden verpflichtet, vor erstmaligem Inverkehrbringen bzw. – bei bereits in Verkehr befindlichen Medizinprodukten – unverzüglich nach Inkrafttreten der Registrierungspflicht die Implantat-Identifikationsnummer, Produktdaten sowie den Firmennamen und die Kontaktdaten des Produktverantwortlichen in der Produktdatenbank des Implantateregisters einzugeben. Bei Änderungen sind die Angaben zu aktualisieren.

III. Meldepflichten von Krankenhäusern und operativ tätigen Arztpraxen

Detaillierter sind die Meldepflichten der für die Verwendung eines Implantats verantwortlichen Gesundheitseinrichtungen (Krankenhäuser, Einrichtungen für ambulantes Operieren, z. B. MVZ und spezialisierte Arztpraxen). Sie sind nach jeder Implantation oder Entfernung eines Implantats, jeder sicherheitsbezogenen oder funktionellen Änderung sowie der implantatbedingten Amputation einer Extremität zur Meldung folgender Angaben verpflichtet:

  • Technisch-organisatorische, klinische und zeitliche Daten zum Versorgungsprozess (etwa Daten zur Anamnese, implantatrelevante Befunde, Indikationen, Voroperationen, Größe, Gewicht und die Befunde der Patienten, das Aufnahmedatum, OP-Datum, Entlassungsdatum)
  • Daten, die eine Identifikation des Implantats und der Einrichtung ermöglichen

IV. Schutz von Patientendaten

  • Die patienten- und fallidentifizierenden Daten, zu denen u.a. Krankenversichertennummer und Geburtsdatum des Patienten zählen, werden gesondert an die beim Robert Koch-Institut zu schaffende Vertrauensstelle übermittelt. Die Vertrauensstelle pseudonymisiert diese Daten und kann in erforderlichen Fällen den Personenbezug – etwa bei Gesundheitsgefahren – wiederherstellen.
  • Der betroffene Patient ist über den Zweck des Implantateregisters und die Datenverarbeitung zu informieren. Er erhält eine schriftliche oder elektronische Kopie der personenbezogenen Daten, die die verantwortliche Gesundheitseinrichtung an Vertrauensstelle und Registerstelle übermittelt hat. Einer Einwilligung der Patienten in die Datenübermittlung bedarf es nicht.
  • Die Übermittlung der Daten an die Register- und Vertrauensstelle erfolgt über die Telematikinfrastruktur nach § 291a SGB V.

V. Zusätzliche Vergütung für den Meldeaufwand

  • Der Mehraufwand für die Abgabe der Meldungen wird im ambulanten Bereich über eine Anpassung von EBM-Ziffern auf Grundlage des neu eingefügten § 87 Abs. 2l SGB V sowie im stationären Bereich über einen neuen Zuschlag gemäß § 17b Abs. 1a Nr. 9 KHG ausgeglichen.
  • Produktverantwortliche erhalten keine Vergütung für ihre Registermeldungen.

VI. Registerstelle übermittelt Registerinformationen an Überwachungsbehörden, Fachgesellschaften und Produktverantwortliche

Die Registerstelle des Implantateregisters wird zum zentralen Verwalter der Registerdaten. Sie kann die Registerinformationen folgenden Institutionen und Personen zugänglich machen:

  • den meldenden Gesundheitseinrichtungen insbesondere zur Qualitätskontrolle,
  • Behörden (insbesondere BfArM) zu Überwachungszwecken,
  • Forschungseinrichtungen und den am Register beteiligten Fachgesellschaften,
  • dem G-BA,
  • den Produktverantwortlichen insbesondere für die Durchführung des Konformitätsbewertungsverfahrens,
  • der Kassenärztlichen Bundesvereinigung,
  • Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen für die Bewertung von Hinweisen auf implantatbezogene Gesundheitsschäden.

Ein Auskunftsanspruch für Patienten ist nicht vorgesehen.

VII. Beobachtung von Langzeiteffekten durch Auswertungsgruppen

  • Für jeden Implantattyp wird beim DIMDI eine Auswertungsgruppe geschaffen. Diese Auswertungsgruppen bewerten die statistischen Auswertungen der Registerdaten und fassen diese zu einem Auswertungsbericht zusammen.
  • In den Auswertungsgruppen sollen insbesondere das BfArM, IQWiG und die jeweiligen medizinischen Fachgesellschaften für den Implantattyp vertreten sein.
  • Durch systematische Langzeitbeobachtungen sollen so besser Aussagen zur Haltbarkeit und Qualität der Produkte und der medizinischen Versorgungsqualität der Kliniken getroffen werden.

VIII. Sanktion bei Meldeverstößen

  • Verstoßen die verantwortlichen Gesundheitseinrichtungen gegen die ihnen obliegenden Meldepflichten oder verwenden sie ein vom Hersteller nicht in der Produktdatenbank registriertes Produkt, kann dies zum Ausschluss der Vergütung für die erbrachte Operationsleistung insgesamt führen.
  • Eine Sanktion für die Produktverantwortlichen bei einem Verstoß gegen die sie treffenden Meldepflichten sieht das IRegG nicht vor.

IX. Ab wann sind Informationen im Implantateregister verbindlich zu erfassen?

Der Zeitpunkt des Beginns der Meldepflicht wird vom BMG in einer noch zu erlassenden Rechtsverordnung für einzelne Implantattypen festgelegt. Der Betrieb soll – soweit bekannt – am 01.07.2021 starten.

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