Arbeitsrecht

Diskriminierungsfreie Stellenausschreibung

Weder aus der Bezugnahme auf einen erfolgten oder kurz bevorstehenden Studienabschluss in einer Stellenanzeige noch aus der Ausschreibung als Teilzeitstelle ergibt sich eine Altersdiskriminierung. Auch folgt allein aus der Anforderung sehr guter Deutsch- und guter Englischkenntnisse keine Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft. Ein Indiz für eine Diskriminierung wegen des Geschlechts liegt nicht bereits dann vor, wenn vorgetragen wird, sowohl generell im IT-Bereich als auch im IT-Bereich des Arbeitgebers seien überwiegend Männer tätig.

BAG, 23. November 2017 – 8 AZR 372/16

Die Beklagte schrieb eine Teilzeitstelle als Softwareentwickler/in aus. In der Stellenanzeige fand sich folgende Formulierung: „Für die Position sollten Sie ein Studium der Ingenieur-Wissenschaften oder technischen Informatik abgeschlossen haben oder kurz vor Ihrem Abschluss stehen“. Nach der Stellenausschreibung erwartete die Beklagte zudem sehr gute Deutsch- und gute Englischkenntnisse. Die im Jahr 1961 geborene Klägerin ist russischer Herkunft und weist ein Diplom als Systemtechnik-Ingenieurin vor, dessen Gleichwertigkeit mit einem deutschen FH-Abschluss in Informatik anerkannt ist. Sie bewarb sich erfolglos auf die Stelle. Sie macht gerichtlich geltend, sie sei wegen ihres Alters, ihrer ethnischen Herkunft und/oder ihres Geschlechts zumindest mittelbar diskriminiert worden. Die Bezugnahme auf das Studium und die Ausschreibung als Teilzeitstelle seien Indizien für eine Altersdiskriminierung. Die geforderten Deutschkenntnisse indizierten eine Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft, weil für die ausgeschriebene Stelle entsprechende Kenntnisse nicht erforderlich seien. Hinsichtlich einer Geschlechter-diskriminierung trägt die Klägerin vor, Frauen seien in IT-Berufen mit 18,5 % stark unterrepräsentiert. Es sei nicht anzunehmen, dass die Einstellungspolitik der Beklagten für ihren IT-Bereich eine Ausnahme bilde. Als Indiz für eine Diskriminierung sieht die Klägerin ferner an, dass die Beklagte ihr keine Auskünfte, insbesondere über die Qualifikation der eingestellten Person, erteilt habe. Die Klage auf Zahlung einer Entschädigung i. H. v. 5.000 EUR wurde erst- und zweitinstanzlich abgewiesen.

Das BAG hielt die Entscheidung des LAG zwar nicht in der Begründung (das LAG hatte seine Entscheidung auf die fehlende objektive Eignung der Klägerin gestützt), aber im Ergebnis für zutreffend. Es fehle an der erforderlichen Kausalität zwischen einem in § 1 AGG genannten Merkmal und der weniger günstigen Behandlung der Klägerin. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergäben sich keine hinreichenden Indizien i. S. d. § 22 AGG. Insbesondere sei die Stellenanzeige diskriminierungsfrei: Die Ausschreibung als Teilzeitstelle sage nur etwas über den aktuellen Personalbedarf aus, habe aber mit einer Diskriminierung nichts zu tun. Die Stellenausschreibung richte sich ferner an alle Personen mit einem abgeschlossenen Studium, unabhängig vom Alter. Dadurch, dass darüber hinaus auch kurz vor dem Abschluss stehende Personen angesprochen würden, sei das Altersspektrum lediglich erweitert worden. Die Anforderung sehr guter Sprachkenntnisse sei weder eine unmittelbare, noch – anders als u. U. die Anforderung „deutsche Muttersprache“ – eine mittelbare Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft. Das Vorbringen der Klägerin, sehr gute deutsche Sprachkenntnisse seien für die Stelle nicht erforderlich, genügte dem BAG für sich genommen nicht als Indiz für eine Diskriminierung. Auch aus der generellen Geschlechterverteilung in einer bestimmten Berufsgruppe könne auf keine Diskriminierung im konkreten Bewerbungsverfahren geschlossen werden. Schließlich genüge es nicht als Indiz für eine Diskriminierung, dass die Beklagte keine Auskünfte erteilt habe. Diese Tatsache könne zwar ausnahmsweise als Gesichtspunkt heranzuziehen sein, im vorliegenden Fall sei aber nicht ersichtlich, weswegen die Klägerin auf die Informationen angewiesen gewesen sei oder aus welchen Gründen gerade die verweigerte Auskunft als Indiz anzusehen sein sollte.

Gleiss Lutz Kommentar

Die Entscheidung bringt einige für Arbeitgeber beruhigende Klarstellungen. Ihr ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zuzustimmen. Das BAG widersteht hier der „Versuchung“, die Anforderungen an die vom Kläger nach § 22 AGG als Indizien vorzutragenden Tatsachen (zu) niedrig anzusetzen. Dennoch bleibt es dabei: Stellenausschreibungen sind mit Bedacht zu formulieren – anderenfalls drohen Schadensersatzklagen (abgelehnter) Bewerber gem. § 15 AGG. Dazu, ob bei der Formulierung von Stellenanzeigen nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2017 (1 BvR 2019/16) auch das sogenannte dritte Geschlecht berücksichtigt werden muss, hat sich die Rechtsprechung soweit ersichtlich noch nicht geäußert. Richtigerweise stellt es kein Indiz für eine Diskriminierung wegen des Geschlechts dar, wenn der Arbeitgeber in der Stellenausschreibung eine gebräuchliche Ausdrucksweise verwendet und dabei das dritte Geschlecht sprachlich nicht erfasst.

Die typischen Fehler im Bewerbungsverfahren haben Herr Rechtsanwalt Dr. Krieger und Frau Rechtsanwältin Dr. Rudnik in ihrem Beitrag „Vorsicht Falle – Typische Fehler im Bewerbungsverfahren“ aufgezeigt (ArbRAktuell 2017, S. 427ff.; 451ff.).

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