Arbeitsrecht
Das Wichtigste zum Corona-Virus aus arbeitsrechtlicher Sicht

Das Corona-Virus hat die täglichen Betriebsabläufe grundlegend verändert. Sowohl auf Arbeitnehmer- als auch auf Arbeitgeberseite herrscht weiterhin Verunsicherung. Hier in Kürze das Wichtigste alphabetisch geordnet:
Welche Besonderheiten gibt es für die Arbeit der Arbeitnehmervertretungen während der Corona-Krise?
Verlängert sich die Anspruchsdauer für Arbeitslosengeld während der Corona-Krise?
Welche besonderen Anforderungen gibt es hier aufgrund der Corona-Krise?
Müssen Arbeitnehmer zur Wahrnehmung eines Impftermins freigestellt werden?
Welche Besonderheiten gibt es für Elterngeldbezug während der Corona-Krise?
Kann der Arbeitgeber anordnen, dass Arbeitnehmer von zu Hause arbeiten?
Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Homeoffice?
3G-Regelung für Arbeitsstätten
VIII. Impfpflicht im Arbeitsverhältnis
Können Arbeitnehmer zur Impfung per Direktionsrecht verpflichtet werden?
Darf der Arbeitgeber nach dem Impfstatus des Arbeitnehmers fragen?
Können Arbeitgeber eine „Impfprämie“ in Aussicht stellen?
Kann die Entgeltfortzahlung bei fehlender Impfung verweigert werden?
Kann der Arbeitgeber Kurzarbeit anordnen?
Wann besteht Anspruch auf Kurzarbeitergeld?
Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?
Wie lange wird Kurzarbeitergeld gewährt?
Welche Hinzuverdienstmöglichkeiten bestehen?
Kann der Arbeitgeber trotz Kurzarbeit betriebsbedingte Kündigungen aussprechen?
Verpflichtung des Arbeitgebers zur Einführung einer Maskenpflicht
Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht
XII. Schul- und Kitaschließungen
Wie lange erhält ein Arbeitnehmer wegen Betreuung seines Kindes Kinderkrankengeld?
Wer kommt für Verdienstausfall auf?
XIII. Steuer- und Beitragsfreiheit von Sonderzahlungen und Sachleistungen
Sind Sonderzahlungen und Sachleistungen ganz oder teilweise steuer- und sozialversicherungsfrei?
XIV. Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen
Können Sozialversicherungsbeiträge gestundet werden?
Welche Besonderheiten gibt es für die Arbeit der Arbeitnehmervertretungen während der Corona-Krise?
Die Durchführung virtueller Betriebsratssitzungen und Beschlussfassungen ist unter den in §§ 30 ff. BetrVG genannten Voraussetzungen möglich. Seit dem 17. September 2022 können sowohl die Einigungsstelle (§ 129 Abs. 2 BetrVG) als auch Betriebsversammlungen (§ 129 Abs. 1 BetrVG) wieder im Wege virtueller Sitzungen durchgeführt werden, längstens jedoch bis zum 7. April 2023. Entsprechende Regelungen zu virtuellen Sitzungen gelten für die Sprecherausschüsse (§ 39 SprAuG), die Europäischen Betriebsräte (§ 41b EBRG), sowie SE- (§ 48 SEBG) und SCE-Betriebsräte (§ 50 SCEBG), wiederum längstens bis zum 7. April 2023.
Verlängert sich die Anspruchsdauer für Arbeitslosengeld während der Corona-Krise?
Aktuell bestehen keine Regelungen zur Verlängerung der Anspruchsdauer im Zusammenhang mit der Corona-Krise.
Welche besonderen Anforderungen gibt es hier aufgrund der Corona-Krise?
Die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) ist mit Wirkung zum 2. Februar 2023 außer Kraft getreten. An ihre Stelle treten die Empfehlungen des BMAS zum betrieblichen Infektionsschutz. Zu ihnen gehören:
- Die Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5 Metern zwischen Personen,
- die Beibehaltung der bewährten Handhygieneregeln (Husten und Niesen in die Armbeuge, regelmäßiges und gründliches Händewaschen sowie das Zuhausebleiben bei Krankheitssymptomen),
- das Tragen von medizinischen Masken, wenn der Mindestabstand nicht gewahrt werden kann oder Erkältungssymptome bestehen,
- das regelmäßiges Lüften der Innenräume,
- sowie die Reduzierung betriebsbedingter Kontakte bei hohem Infektionsgeschehen.
Die aktuellen Empfehlungen des BMAS zum betrieblichen Infektionsschutz finden Sie hier.
Abweichungen vom ArbZG sind inzwischen nicht mehr zulässig. Die Covid-19-Arbeitszeitverordnung ließ für die Zeit vom 10. April 2020 bis zum 31. Juli 2020 Ausnahmen von den Regelungen des ArbZG zu. Sie ist die jedoch ausgelaufen.
Müssen Arbeitnehmer zur Wahrnehmung eines Impftermins freigestellt werden?
Mit Außerkrafttreten der der Corona-ArbSchV besteht kein rechtlicher Anspruch mehr auf Freistellung von der Arbeit zur Wahrnehmung eines Impftermins. Sofern Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer freiwillig zum Zwecke der Impfung von der Arbeit freistellen, dürfte ein Vergütungsanspruch gem. § 616 BGB für diese Zeiten nicht bestehen: Aufgrund der inzwischen guten Verfügbarkeit des Corona-Impfstoffes kann der Impftermin idR. auch außerhalb der Arbeitszeit vereinbart werden, er ist daher kein Hinderungsgrund iSv. § 616 BGB mehr.
Welche Besonderheiten gibt es für Elterngeldbezug während der Corona-Krise?
Auf Antrag bleiben Monate mit Corona-bedingt geringerem Einkommen, die im Zeitraum vom 1. März 2020 bis zum Ablauf des 23. September 2022 lagen, bei der Berechnung des Elterngeldes unberücksichtigt, § 2b Abs. 1 Satz 4 BEEG. Diese Regelung kommt werdenden Eltern zugute, die aufgrund der Corona-Pandemie Einkommensverluste erlitten haben, weil sie z. B. in Kurzarbeit sind.
Kann der Arbeitgeber anordnen, dass Arbeitnehmer von zu Hause arbeiten?
Hier ist zu unterscheiden:
- Die Pflicht zum Arbeiten im Homeoffice kann der Arbeitgeber nach Auffassung einiger Gerichte nicht einseitig anordnen. Dies gilt u. E. jedoch nicht, wenn, wie in Pandemiezeiten, die Arbeit am betrieblichen Arbeitsplatz nicht möglich ist. Allerdings wäre der Arbeitgeber für die Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen im Homeoffice des Arbeitnehmers verantwortlich.
- In der derzeitigen Situation bietet sich die Anordnung von mobiler Arbeit an. Hierzu überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die benötigten Arbeitsmittel (meist ein Laptop mit der zu verwendenden Software) und weist ihn vorübergehend an, seine Arbeit mobil zu verrichten. Dies ist auch unter Nutzung der eigenen Endgeräte der Arbeitnehmer denkbar (bring your own device).
Nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht zur Ausgestaltung der mobilen Arbeit bzw. des Homeoffice, nicht aber zur Einführung selbst.
Hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Homeoffice?
Eine gesetzliche Pflicht, den Arbeitnehmern eine Tätigkeit im Homeoffice anzubieten, besteht nicht.
3G-Regelung für Arbeitsstätten
Die Pflicht zum Tragen einer Maske und zur regelmäßigen Testung für Beschäftige in Krankenhäusern und vergleichbaren Einrichtungen zur medizinischen Versorgung sowie in Pflegeheimen und Pflegediensten gemäß § 28b Abs. 1 Nr. 3, 4 IfSG wurde mit Wirkung zum 1. März 2023 aufgehoben.
Auch darüber hinaus besteht keine allgemeine 3G-Pflicht mehr für Arbeitsstätten.
Einer freiwilligen Beibehaltung der 3G-Regelung im Betrieb dürfte rechtlich entgegenstehen, dass die Erhebung des Immunisierungsstatus der Arbeitnehmer ohne gesetzliche Ermächtigungsgrundlage als datenschutzrechtlich unzulässig angesehen wird (vgl. hierzu unter IX.)
VIII. Impfpflicht im Arbeitsverhältnis?
Können Arbeitnehmer zur Impfung per Direktionsrecht oder vertraglich verpflichtet werden?
Eine Impfpflicht kraft Rechtsverordnung (§ 20 Abs. 6, Abs. 7 IfSG) besteht nicht. Einer Anordnung durch Direktionsrecht, Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung stehen nach überwiegender Auffassung die Grundrechte der Arbeitnehmer, insbesondere das Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG) sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 GG iVm. Art. 2 Abs. 1 GG) entgegen.
Darf der Arbeitgeber nach dem Impfstatus des Arbeitnehmers fragen?
§ 23a S. 1 IfSG erlaubt die Erhebung des Impfstatus nur für die in § 23 Abs. 3 IfSG genannten Bereiche des Gesundheitswesens, also bei Arbeitnehmern, die z.B. in Krankhäusern, Arztpraxen oder Tageskliniken arbeiten. Eine entsprechende Erlaubnis findet sich in § 35 Abs. 2 IfSG für die in § 35 Abs. 1 IfSG genannten Bereiche, also für Arbeitnehmer, die in voll- oder teilstationären Pflegeeinrichtungen oder bei Pflegediensten tätig sind.
Für alle übrigen Arbeitsverhältnisse fehlt es an einer speziellen gesetzlichen Grundlage zur Erhebung des Impfstatus. Ungeklärt ist auch, ob die Erhebung des Impfstatus datenschutzrechtlich zulässig ist. Solange keine allgemeine Impfpflicht besteht, wird die Auskunft über den Impfstatus als nicht im Sinne des § 26 Abs. 1 BDSG zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich angesehen, der Impfstatus ist zudem nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO besonders geschützt und es bestehen auch keine (gesetzlichen) Rechte oder Pflichten im Sinne des Art. 9 Abs. 2 DSGVO bzw. des § 26 Abs. 3 BDSG, die den Arbeitgeber berechtigen und verpflichten, den Impfstatus seiner Arbeitnehmer zu verarbeiten. Das BAG (Urt. v. 1.6.2022 - 5 AZR 28/22) hat allerdings – jedenfalls für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten im Zusammenhang mit einer betrieblichen Testpflicht – entschieden, dass Rechte und Pflichten im Sinne des § 26 Abs. 3 S. 1 BDSG auch aus dem Arbeitsvertrag selbst erwachsen können, ohne dass es einer gesetzlichen normierten Regelung bedarf. Das deutet darauf hin, dass jede weisungsrechtlich zulässige Maßnahme (etwa die Anordnung einer betrieblichen Testpflicht) zugleich auch datenschutzrechtlich zulässig ist.
Auch kann ein Mitbestimmungsrecht nach § 94 Abs. 1 BetrVG bestehen.
Können Arbeitgeber eine „Impfprämie“ in Aussicht stellen?
Die Impfbereitschaft der Mitarbeiter kann erhöht werden, indem für geimpfte Mitarbeiter eine Impfprämie ausgelobt wird. Sie könnte indes gegen das Maßregelungsverbot nach § 612a BGB verstoßen, dann stünde sie auch ungeimpften Arbeitnehmern zu. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10, 11 BetrVG hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung individueller Prämien.
Kann die Entgeltfortzahlung bei fehlender Impfung verweigert werden?
Entgeltfortzahlung kann gemäß § 3 Abs. 1 EFZG bei einem „Verschulden“ des Arbeitnehmers „gegen sich selbst“ ausgeschlossen sein. Ob die Verweigerung einer verfügbaren Corona-Impfung ein solches Verschulden begründet, ist nicht geklärt. Dagegen spricht zwar, dass die Impfung nicht gesetzlich verpflichtend ist. Andererseits sieht § 56 Abs. 1 Satz 4 IfSG aber vor, dass kein Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfälle wegen einer Quarantäneanordnung besteht, wenn mit Inanspruchnahme einer empfohlenen Schutzimpfung die Quarantäneanordnung hätte vermieden werden können. Das spricht dafür, dass die Nichtinanspruchnahme einer empfohlenen und verfügbaren Schutzimpfung ein Verschulden gegen sich selbst begründet und damit Ansprüche auf Entgeltfortzahlung ausschließen kann.
Kann der Arbeitgeber Kurzarbeit anordnen?
Der Arbeitgeber kann Kurzarbeit anordnen, wenn es dafür eine Grundlage im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder in einem Tarifvertrag gibt. Die Einführung von Kurzarbeit unterliegt zudem der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG.
Wann besteht Anspruch auf Kurzarbeitergeld?
Für den Bezug von Kurzarbeitergeld muss der Arbeitgeber Kurzarbeit bei der Bundesagentur für Arbeit anzeigen und beantragen. Hinweise zum bisherigen vereinfachten Antragsverfahren finden sich hier. Kurzarbeitergeld wird gewährt, wenn die Voraussetzungen der §§ 95 bis 99 SGB III vorliegen, d. h.
- ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt,
- die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind,
- die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind und
- der Arbeitsausfall angezeigt worden ist.
Erheblicher Arbeitsausfall:
Der Arbeitsausfall muss auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruhen, vorübergehend und nicht vermeidbar sein und im jeweiligen Monat eine Erheblichkeitsschwelle überschreiten.
Nach dem aktuellen Merkblatt „Kurzarbeitergeld (KUG): Corona-Virus: Informationen für Unternehmen“ der Bundesagentur für Arbeit können Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld erhalten, wenn aufgrund des Corona-Virus Aufträge ausbleiben oder storniert werden oder Material fehlt oder wenn aufgrund staatlicher Schutzmaßnahmen Arbeit entfällt.
Die Mindestanforderungen an die Erheblichkeit des Arbeitsausfalls benennt § 96 I Nr. 4 SGB III: Grundsätzlich muss ein Drittel der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sein. Bis zum 30. Juni 2022 galt gemäß § 421c Abs. 4 SGB III a.F. ein niedrigerer Schwellenwert; ein Betrieb konnte Kurzarbeit anmelden, wenn mindestens 10 % der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. Mit der zum 1. Januar 2023 in Kraft getretenen Kurzarbeitergeldzugangsverordnung (KugZuV) ist dieser niedrige Schwellenwert bis zum Ablauf des 30. Juni 2023 verlängert worden.
Daher ist bis zum Ablauf des 30. Juni 2023 zum Nachweis der Unvermeidbarkeit des Arbeitsausfalls in § 96 IV SGB III der Aufbau negativer Arbeitszeitsalden ("Minusstunden") vor Zahlung des Kurzarbeitergeldes auch weiterhin nicht mehr erforderlich (§ 1 Abs. 3 KugZuV).
Betriebliche Voraussetzungen:
Die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt jeder Betrieb, in dem mindestens ein Arbeitnehmer beschäftigt ist.
Persönliche Voraussetzungen:
Persönlich erfüllt ein Arbeitnehmer die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld nach § 98 I SGB III, wenn er in einem ungekündigten, versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis steht. Vom Kurzarbeitergeld ausgenommen sind demnach geringfügig Beschäftigte, wenn sie nicht versicherungspflichtig sind. Seit dem 1. Juli 2022 werden Einkünfte aus geringfügiger Beschäftigung auf das Kurzarbeitergeld angerechnet.
Gemäß der zum 31. März 2022 aufgehobenen Kurzarbeitergeldverlängerungsverordnung hat die Agentur für Arbeit die für Arbeitgeber anfallenden Beiträge zur Sozialversicherung für ausgefallene Arbeitsstunden bis zum Ablauf des 31. Dezember 2021 auf Antrag in voller Höhe in pauschalierter Form erstattet, für den Zeitraum von 1. Januar 2022 bis zum 31. März 2022 hat die Agentur für Arbeit nur noch 50 % der Beiträge zur Sozialversicherung erstattet. Seit dem 1. April 2022 ist eine Erstattung von 50 % der Beiträge zur Sozialversicherung nur noch im Rahmen des § 106a SGB III möglich, wenn die Kurzarbeit vor dem 31. Juli 2023 aufgenommen und mit Qualifizierungsmaßnahmen verbunden wird.
Wie hoch ist das Kurzarbeitergeld?
Die Bundesagentur für Arbeit zahlt aktuell – wie vor der Pandemie – bei Kurzarbeit 60 % des letzten Nettolohns bzw. 67 % für Arbeitnehmer mit Kindern.
Wie lange wird Kurzarbeitergeld gewährt?
Kurzarbeitergeld wird inzwischen – wie vor der Pandemie – nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB III grundsätzlich für den Arbeitsausfall für eine Dauer von längstens zwölf Monaten von der Agentur für Arbeit geleistet.
Welche Hinzuverdienstmöglichkeiten bestehen?
Gemäß § 421c Abs. 1 SGB III a.F. blieben bis zum 30. Juni 2022 Entgelte aus einer während der Kurzarbeit aufgenommenen geringfügigen Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV anrechnungsfrei. Nunmehr werden diese gem. § 106 Abs. 3 SGB III dem Ist-Entgelt, also demjenigen Bruttoentgelt, das der Arbeitnehmer im Anspruchszeitraum tatsächlich erzielt, hinzugerechnet.
Kann der Arbeitgeber trotz Kurzarbeit betriebsbedingte Kündigungen aussprechen?
Kurzarbeit und betriebsbedingte Kündigungen schließen sich nicht aus. Während Kurzarbeit auf den Ausgleich eines vorübergehenden Arbeitsausfalls gerichtet ist, sollen betriebsbedingte Kündigungen einen dauerhaften Arbeitsausfall kompensieren. Das BAG legt bei betriebsbedingten Kündigungen nach Einführung von Kurzarbeit allerdings einen besonders strengen Maßstab an: Der Arbeitgeber muss neue Umstände darlegen, die den nunmehr dauerhaften Arbeitsausfall begründen.
Wird bezogen auf Arbeitnehmer in Kurzarbeit ein Personalabbau beschlossen, entfallen i.d.R. die Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld mit dem Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan bzw. sofern kein Betriebsrat besteht, mit dem Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen.
Verpflichtung des Arbeitgebers zur Einführung einer Maskenpflicht
Die Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske für Beschäftigte in Pflegeeinrichtungen, Krankenhäusern und vergleichbaren Einrichtungen gemäß § 28b Abs. 1 Nr. 3, 4 IfSG ist mit Wirkung zum 1. März 2023 aufgehoben worden.
Im Übrigen gilt die Empfehlung des BMAS: Masken sollten getragen werden, wenn der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann oder Erkältungssymptome bestehen. Ordnet der Arbeitgeber das Tragen von Masken an, dürfen die daraus entstehenden Kosten nach § 3 Abs. 3 ArbSchG nicht den Beschäftigten auferlegt werden und sind daher vom Arbeitgeber zu tragen.
Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht
Wenn Mitarbeiter – im Falle einer beim Arbeitgeber bestehenden Maskenpflicht – sich mittels ärztlichen Attests von der Maskenpflicht befreien lassen, sind Arbeitgeber gehalten, das Attest genau zu prüfen. Die überwiegende Rechtsprechung deutet darauf hin, dass nur ein Attest, das konkrete und nachvollziehbare Angaben enthält, warum eine Maske nicht getragen werden kann, von der Maskenpflicht auch im Verhältnis zum Arbeitgeber befreit (Arbeitsgericht Siegburg, Urt. v. 16.12.2020 - 4 Ga 18/20; OVG Münster, Beschl. v. 24.09.2020 – 13 B 1368/20; OLG Dresden, Beschl. v. 06.01.2021 – 6 W 939/20; a.A. zur Vorlage eines Attests außerhalb des Arbeitsverhältnisses: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 04.01.2021 – 11 S 132/20).
Ein Anspruch auf Beschäftigung ohne Maske im Betrieb besteht regelmäßig nicht (ArbG Siegburg, Urt. v. 18.08.2021 – 4 Ca 2301/20; LAG Köln, Urt. v. 12.04.2021 – 2 SaGa 1/21). Ebenso wenig besteht ein Anspruch auf Versetzung auf einen Arbeitsplatz (z. B. ein Einzelbüro), an dem keine Maske getragen werden muss (LAG Hamburg, Urt. v. 13.10.2021 – 7 Sa 23/21).
Weist der Arbeitnehmer keine Arbeitsunfähigkeit nach, sondern legt nur ein „Maskenbefreiungsattest“ vor, gerät der Arbeitgeber nach Ansicht des LAG Hamburg grundsätzlich nicht Annahmeverzug, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer unverändert anweist, auf seinem bisherigen Arbeitsplatz, auf dem das Tragen einer Maske angeordnet ist, tätig zu werden. In diesem Fall hat der Arbeitnehmer grundsätzlich keinen Anspruch auf Annahmeverzugslohn. Stellt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer aber schuldhaft keinen „leidensgerechten Arbeitsplatz“ zur Verfügung, kann dies nach Ansicht des LAG Hamburg einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber begründen (LAG Hamburg, Urt. v. 13.10.2021 – 7 Sa 23/21). Das BAG hat sich zu dieser Frage noch nicht abschließend positioniert; zur Vermeidung eines solchen etwaigen Schadensersatzanspruches empfiehlt es sich aber momentan, zu prüfen, ob es im Betrieb entsprechende leidensgerechte Arbeitsplätze gibt, auf denen der Arbeitnehmer unter Berücksichtigung seiner Kenntnisse und Fähigkeiten beschäftigt werden kann. In Betracht kommt etwa die Zuweisung eines Einzelbüros oder die Anordnung von mobiler Arbeit, sofern die Tätigkeit des Arbeitnehmers auch im Wege mobiler Arbeit verrichtet werden kann.
Auch weitergehende arbeitsrechtliche Maßnahmen (z. B. Abmahnung, Kündigung) sind nicht ausgeschlossen: Das Arbeitsgericht Köln erachtete die außerordentliche Kündigung eines Servicetechnikers für wirksam, der sich beharrlich weigerte, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, da das vom Arbeitnehmer vorgelegte Attest nicht hinreichend aussagekräftig gewesen sei (ArbG Köln, Urt. v. 17.06.2021 – 12 Ca 450/21).
Aktuell bestehen in keinem Bundesland mehr Quarantäne-Pflichten im Zusammenhang mit einer Infizierung mit dem Corona-Virus.
XII. Schul- und Kitaschließungen
Ist das eigene Kind erkrankt, kann ein Arbeitnehmer vorübergehend bei Fortzahlung seines Gehalts gem. § 616 BGB bzw. unter Bezug von Kinderkrankengeld gemäß § 45 SGB V zur Betreuung des Kindes zu Hause bleiben. Ist das Kind gesund, fehlt es aber an einer geeigneten Tagesbetreuung, besteht ebenfalls ein Anspruch auf Fortzahlung des Gehalts gem. § 616 BGB, die zeitlichen Grenzen dieser vorübergehend bezahlten Freistellung sind jedoch schnell erreicht. Die Regelung des § 616 BGB kann auch arbeitsvertraglich ausgeschlossen sein.
Wie lange erhält ein Arbeitnehmer wegen Betreuung seines Kindes Kinderkrankengeld?
Endet der Zeitraum des § 616 BGB, sind dessen Voraussetzungen nicht erfüllt oder ist die Regelung vertraglich abbedungen, erhalten erwerbstätige Arbeitnehmer von kranken oder betreuungsbedürftigen Kindern gem. § 45 Abs. 1 SGB V Kinderkrankengeld. Nach § 45 Abs. 2a SGB V besteht der Anspruch auf Kinderkrankengeld abweichend von § 45 Abs. 2 SGB V seit dem 18. Januar 2021 pro Elternteil je Kind für längstens 30 Arbeitstage und für Alleinerziehende längstens für 60 Arbeitstage, wobei eine jährliche Maximalbegrenzung auf 65 Arbeitstage, für Alleinerziehende auf 130 Arbeitstage gilt. Der Anspruch auf Kinderkrankengeld besteht gem. § 45 Abs. 2a S. 3 SGB V befristet bis zum Ablauf des 7. April 2023 auch dann, wenn Einrichtungen zur Betreuung von Kindern oder Schulen wegen des Infektionsschutzes pandemiebedingt geschlossen sind, der Zugang zum Kinderbetreuungsangebot eingeschränkt bzw. die Präsenzpflicht im Unterricht ausgesetzt ist oder eine behördliche Empfehlung vorliegt, die Einrichtungen nicht zu besuchen.
Wer kommt für den Verdienstausfall auf?
Abgerechnet werden die Leistungen über die Krankenkassen. Eltern können Kinderkrankengeld in Höhe von 90 % ihres Nettoverdienstes nach § 45 Abs. 1 SGB V bei ihrer jeweiligen Krankenkasse beantragen.
XIII. Steuer- und Beitragsfreiheit von Sonderzahlungen und Sachleistungen
Sind Sonderzahlungen und Sachleistungen ganz oder teilweise steuer- und sozialversicherungsfrei?
Gem. § 3 Nr. 11a EStG waren zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 1. März 2020 bis zum 31. März 2022 auf Grund der Corona-Krise an seine Arbeitnehmer in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Beihilfen und Unterstützungen bis zu einem Betrag von 1.500 Euro steuerfrei und damit auch sozialversicherungsfrei.
Darüber hinaus konnten gem. § 3 Nr. 11b EStG Arbeitnehmern, die in Einrichtungen im Sinne des § 23 Abs. 3 S. 1 Nrn. 1 bis 4, 8, 11 oder 12 IfSG oder § 36 Abs. 1 Nr. 2 oder Nr. 7 IfSG (bspw. in Krankenhäusern, Arztpraxen u.ä.) tätig sind, zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 18. November 2021 bis zum 31. Dezember 2022 zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise Leistungen bis zu einem Betrag von 4 500 Euro steuerfrei gewährt werden.
Gemäß § 3 Nr. 11b S. 5 EStG können aktuell nunmehr (längstens bis zum 31. Mai 2023) nur noch Sonderleistungen steuerfrei gewährt werden, die gemäß § 150c SGB IX an Beschäftigte von voll- und teilstationären Pflegeeinrichtungen gezahlt werden, die nach § 35 Abs. 1 S. 6 IfSG als verantwortliche Personen zur Einhaltung der mit SARS-CoV-2 im Zusammenhang stehenden gesetzlichen Regelungen zum Infektionsschutz benannt sind.
XIV. Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen
Können Sozialversicherungsbeiträge gestundet werden?
Die Möglichkeit der Stundung bestand längstens bis zum Fälligkeitstag (27. Mai 2022) für die Beiträge des Monats Mai 2022.
Aktuell werden weltweit keine Gebiete mehr als Virusvariantengebiete eingestuft. Urlausrechtliche Besonderheiten im Zusammenhang mit der Corona Pandemie bestehen daher nicht mehr.
