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Im Interview: Dr. Micha-Manuel Bues, Co-Founder & CCO BRYTER
Der gebürtige Hamburger Dr. Micha-Manuel Bues studierte Jura in Passau und Bonn. 2013 stieg er als Associate bei Gleiss Lutz ein und war im Team von Petra Linsmeier und Ingo Brinker tätig, bevor er Geschäftsführer bei Leverton wurde. Im April 2018 gründete er das Legal Tech-Unternehmen BRYTER. BRYTER erhielt in den letzten drei Jahren mehr als 90 Millionen US-Dollar in verschiedenen Investitionsrunden und ist eine der am schnellsten wachsenden No-code-Plattformen weltweit.
Nach vier Jahren bei Gleiss Lutz im Kartellrecht haben Sie eine Tätigkeit im Bereich Legal Tech begonnen. Wie das?
Schon während des Studiums habe ich mich viel mit Technologie beschäftigt. Digitalisierung und „Legal Tech“ war vor 2015/2016 in der Rechtsbranche allerdings ein Fremdwort – anders war die Situation in den USA oder England. Um diese Entwicklungen aufzugreifen, habe ich in meiner Freizeit angefangen, den „Legal Tech Blog“ zu schreiben. Rückblickend betrachtet, war der Blog wohl die Initialzündung für mich zu sagen, ich steige direkt in die Branche ein.
Sie wurden Geschäftsführer bei einem Legal AI Anbieter, haben aber 2018 mit zwei Mitgründern BRYTER ins Leben gerufen...
Bei Leverton habe ich das Geschäft deutschlandweit und auch international mit aufgebaut. Leverton befasst sich vor allem mit Machine Learning gestützter Datenextraktion, also vor allem mit der Frage, wie bestimmte Informationen aus Verträgen automatisch ausgelesen werden können. Ein sehr spannender Bereich. Ein eigenes Unternehmen zu gründen, war dann irgendwann der logische Folgeschritt, nachdem ich mich mit meinen zwei Mitgründern intensiv mit dem Thema (regelbasierter) Automation und No-code-Entwicklung beschäftigt hatte. Wir sind fest davon überzeugt, dass in Zukunft diese Bereiche eine herausragende Rolle in der Rechtsbranche spielen werden. Deshalb stellen wir mit BRYTER eine Entwicklungsplattform zur Verfügung, mit der man Rechts- und Complianceabteilungen sowie Kanzleien ohne Programmierkenntnisse automatisieren kann.
Warum, denken Sie, hat Sie das Thema Legal Tech gepackt?
Ich finde es höchst spannend zu sehen, wie sich die Digitalisierung grundlegend auf eine Branche auswirkt, die in den vergangenen 150 Jahren mehr oder weniger gleich gearbeitet hat, und jetzt ihre Geschäftsmodelle und Arbeitsweisen neu denken muss. Das aktiv zu begleiten und in gewisser Weise Vordenker und Vorreiter zu sein, macht unheimlich viel Spaß, ist aber auch herausfordernd. Es ist bereichernd zu sehen, wie unsere Kunden weltweit mit digitalen Anwendungen – gebaut auf der BRYTER Plattform – täglich Erfolge feiern und neue Horizonte eröffnen.
Was können Sie von den Erfahrungen, die Sie bei Gleiss Lutz gemacht haben, in Ihre jetzige Tätigkeit einbringen?
Bei Gleiss Lutz habe ich Vieles gelernt: Hohe Qualität kommt von harter Arbeit. Ich habe verstanden, wie Kanzleien „funktionieren“. Ich habe viel über meine Stärken und Schwächen gelernt.
Wird die Technik den Anwalt über kurz oder lang überholen, vielleicht sogar ersetzen?
Nein, sicherlich nicht. Es gibt zwar Bereiche, wie zum Beispiel die Auswertung großer Datenmengen, in denen technische Lösungen besser und vor allem schneller sind als Anwälte. Es geht aber gar nicht um „Mensch oder Maschine". Diese Frage verstellt den Blick auf das Wesentliche. Es geht bei der Digitalisierung der Rechtsbranche um die Frage, wie Kanzleien, Rechtsabteilungen und Anwälte durch neue digitale Produkte, Angebote und Automatisierungen ihre Dienstleistungen verbessern und ihre Mandanten und (internen) Kunden digital „abholen“ können. Technik wird in diesem Sinne immer nur eine Ergänzung zur anwaltlichen Kerntätigkeit sein.
Wenn Sie an Ihre Zeit als Anwalt bei Gleiss Lutz zurückdenken, was ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Meine Zeit bei Gleiss Lutz war eine prägende und spannende Zeit, in der ich die Möglichkeit hatte, auf einem sehr hohen rechtlichen Niveau zu arbeiten. In erster Linie haben mich die Kolleginnen und Kollegen beeindruckt, mit ihren Persönlichkeiten, mit ihrer Kompetenz, ihren Lebenswegen und Einstellungen. Dieses Umfeld bei Gleiss Lutz hat mich angespornt, meinen derzeitigen Karriereweg zu beschreiten.
Könnten Sie sich vorstellen, in den Anwaltsberuf zurückzukehren?
Das will ich nicht ausschließen. Im Herzen bleibt man ja immer irgendwie Anwalt und auch meine derzeitige Tätigkeit ist durchaus „anwaltlich“: Ich arbeite ja weiter daran, Lösungen für rechtliche Probleme zu finden – aber eben mit digitalen Medien und nicht durch das Aufschlagen von Kommentaren.